Deer Lake 02 - Engel der Schuld
tun, alles für sie sein würde. Und er konnte sich nicht vorstellen, daß daran etwas falsch sein könnte.
»Ich verstehe es nicht«, murmelte sie und klammerte sich an ihn. »Wir hatten ein gutes Leben. Warum mußte es so schiefgehen?«
Er konnte die Antwort, die ihm einfiel, nicht mit ihr teilen: Damit du mich lieben kannst. Er wußte nicht, ob es Gottes Wille war oder nur sein eigener.
Er wußte, was der Monsignore ihm sagen würde – daß dies eine Prüfung seines Glaubens und seiner Verpflichtung an die Kirche sei. Die Vorstellung, daß Gott Menschen benutzte wie Bauern in einem Schachspiel, löste in ihm nur einen Wunsch aus: Rebellion.
»Tut mir leid, Hannah«, murmelte er. »Ich würde alles dafür geben, das für dich zu ändern.«
»Ich möchte einfach weggehen. Die Kinder nehmen und irgendwohin gehen, wo es neu und sauber ist, und von vorn anfangen.«
»Ich weiß.«
»Würdest du mit mir gehen? Ich könnte einen Freund gebrauchen, wenn ich angekommen bin«, sagte Hannah und versuchte, es als Scherz hinzustellen.
Aber als sie zu ihm hochsah, war da nicht Humor in seinen blauen Augen, sondern Wahrheit. Eine Wahrheit, die keiner Worte bedurfte. Eine Wahrheit, die zu ihrem geschundenen Herzen sprach. Eine Wahrheit, die er mit einem Kuß besiegelte. Ein Kuß, so zart, so süß. Voll von Versprechungen, die sie mit beiden Händen packen und als Schild gegen eine ungewisse Zukunft nutzen wollte.
Statt dessen legte sie den Kopf zurück auf seine Schulter, und sie blieben lange so stehen, und jeder fragte sich, wie es weitergehen sollte.
»Also, wie soll es jetzt weitergehen?« fragte Cameron.
Sie hatten sich in ihrem Stabsquartier im Justizzentrum versammelt, wo sich die graphische Darstellung all dessen, was in den letzten drei Wochen passiert war, über eine ganze Wand erstreckte.
»Wir müssen uns Kirkwood genauer ansehen«, sagte Wilhelm. »Wir müssen sehen, ob wir ihn zur falschen Zeit an den falschen Ort bringen können. Seine Telefonaufzeichnungen konfiszieren. Überprüfen . . .«
»Was ist mit dem Verdächtigen, den wir haben?« fragte Mitch irritiert. »Garrett Wright ist unser Mann.«
»Aber das Band . . .«
»Beweist einen Scheißdreck.«
»Wie können Sie das sagen? Der Junge hat angerufen . . .«
»Und Paul war anderweitig beschäftigt.«
»Aber seine Geliebte kann die Zeit nicht bezeugen . . .«
»Und warum hätte er das Band behalten sollen?« fragte Cameron.
»Schuldgefühle«, sagte Mitch schlicht.
»Ja«, warf Steiger ein, etwas undeutlich wegen des Zahnstochers, auf dem er kaute. »Wenn das Kittchen droht.«
»Seid nicht albern«, fuhr Mitch sie an. »Wenn Paul tatsächlich Schuld an Joshs Entführung hätte, hätte er zuerst das Band vernichtet. Wenn er den Jungen entführt hätte, wäre er nie zu Ruth Coopers Haus gegangen und hätte gesagt, er suche seinen eigenen verdammten Hund.«
»Außer, er ist irre.«
Wilhelm benahm sich wie eine Welpe mit einem neuen Spielzeugknochen. »Und da ist die Sache mit dem Lieferwagen. Und die Reaktion des Jungen. Und . . .«
»Und ich habe einen Mann, der morgen vor Gericht steht«, sagte Ellen in scharfem Ton. »Wir haben ein Verfahren gegen Garrett Wright aufgebaut. Mitch hat Garrett Wright verhaftet. Unsere ehemalige Zeugin hat Garrett Wright identifiziert. Agent O'Malley hat Garrett Wright identifiziert. Was zum Teufel tut ihr, um mir zu helfen, Garrett Wright den Prozeß zu machen?«
Wilhelm schmollte und schaute in seinen Kaffee. »Wright hätte den Holloman-Jungen nicht entführen können.«
»Wir verhandeln nicht über den Fall Holloman«, erinnerte Ellen. »Ich bin überzeugt, Sie würden all die Verbrechen gern in ein handliches Päckchen mit einem einzigen Täter schnüren und weiterziehen, aber so funktioniert das nicht. Wir haben uns auf dieses Spiel konzentriert, das Wright und sein Komplize spielen. Ist Ihnen vielleicht mal der Gedanke gekommen, Agent Wil helm, daß die wollen, daß Sie kopflos hinter Paul Kirkwood
herrennen?«
»Wir müssen allen Spuren nachgehen, Miss North«, sagte er.
»Ich habe Mister Stovich gebeten, Durchsuchungsbefehle für Paul Kirkwoods Haus und sein Büro auszustellen und für ein Lager, das er im Süden der Stadt gemietet hat. Wir werden die Durchsuchungen heute abend machen, wenn wir die Papiere rechtzeitig kriegen. Angesichts dessen, was auf dem Band ist, würde ich sagen, was Paul Kirkwood angeht, haben wir lange genug beide Augen zugedrückt.«
Ellen konnte nichts dagegen
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