Deer Lake 02 - Engel der Schuld
von einem halben Dutzend Justizbehörden, in deren Zuständigkeit die Colleges fielen, Faxe vom NCIC. Und nirgendwo hatte sie etwas gefunden.
» Wir k ö nnen nicht verlieren « , fl ü sterte er. » Ihr k ö nnt uns nicht besiegen. Wir sind sehr gut in diesem Spiel. «
Ein unwillkürlicher Schauder durchlief sie. Die Willenskraft, die eskostete, diese Angst zurückzudrängen, erschöpfte sie total.
Konzentration. Sie mußte sich konzentrieren, das hielt sie aufrecht. Sie kramte die Liste der Anrufer hervor, ging die Namen durch und markierte unbeholfen jene, die sie morgen früh zurückrufen würde. Leute, die sie bei Polizeikonferenzen und bei der Ausbildung in Quantico kennengelernt hatte. Nicht zum ersten Mal, seit all das angefangen hatte, fragte sie, was für eine Art Leben sie wohl führen würde, wenn sie vor Jahren den FBI-Außenposten in Memphis akzeptiert hätte. Memphis war weit von Garrett Wright entfernt. Aber es war auch weit von Mitch und Jessie entfernt, und die beiden würde sie für nichts auf der Welt mehr aufgeben. Nicht einmal für ein Leben in einer Klimazone, in der das Wort Windchillfaktor unbekannt war.
Die Erkundigung beim NCIC nach nicht aufgeklärten Kindesentführungen und Entführungen mit Mord in jenen Gegenden, in denen Priest unterrichtet hatte, hatte nichts gebracht. Nichts, was in das makabre Spiel paßte, das hier gespielt wurde. Erst nachdem sie die schlechte Nachricht aus dem Gericht erhalten hatten, war ihr der Gedanke gekommen, daß sie alle vielleicht auf die falsche Seite der Spielstandsanzeige geblickt hatten. Wie es aussah, wollte Wright gar nicht, daß dieser Fall zu den Akten gelegt wurde. Offenbar hatte er die Absicht, Paul Kirkwood die Schuld anzuhängen. Hatte er so etwas womöglich schon öfter getan?
Vielleicht brauchten sie gar keine Informationen über nicht aufgekl ä rte Verbrechen. Vielleicht sollten sie die abgeschlossenen Fälle untersuchen. Unglücklicherweise war keine der Polizeibehörden begeistert davon, ihnen Informationen über Fälle zu geben, die ihrer Meinung nach ganz ordnungsgemäß abgeschlossen worden waren. Megan wußte, daß es tagelange Hartnäckigkeit erfordern würde, irgend etwas zu bekommen.
In die Zeitungsredaktionen mußte man gehen. Zu den Hütern der Zeitungsarchive, zu den Mitarbeitern der öffentlichen Bibliotheken, die die Tagespresse auswerteten. Sie hatte sofort mit den Anrufen begonnen und darum gebeten, daß man eventuelle Funde sofort an Jays Nummer faxte. Sie hatte gebettelt und gefleht, gebeten und gelogen und gehofft, daß zumindest die Geschichte von Josh und Dustin Holloman völlig Fremde in anderen Staaten dazu bewegen würde, eine Arbeit zu machen, zu der sie eigentlich nicht verpflichtet waren.
Später am Tag trafen einige Faxe ein. Auf keinem fand sich etwas Brauchbares. Jay hatte dieselbe Bitte in ein paar Computer-Netzwerke eingespeist und hoffte, daß sein berühmter Name die Hilfsbereitschaft fremder Menschen herausfordern würde. Bis jetzt war noch nichts dabei herausgekommen.
Doch das Gefühl von Machtlosigkeit und Nutzlosigkeit war von Megan gewichen. Garrett Wright hatte ihr soviel genommen, aber die wichtigsten Dinge, die sie zu einem guten Cop machten, hatte er ihr lassen müssen. Ihren Verstand. Ihr Herz. Ihre Entschlossenheit. Sie konnte den Job immer noch machen. Sie mußte es nur anders angehen.
»Heiliger Strohsack«, murmelte Brooks und starrte fassungslos auf den Bildschirm. »Jeder in diesem ganzen verdammten Land hat eine Geschichte zu erzählen. Hier ist eine Frau in Arkansas, die behauptet, ihr Pudel wäre von Außerirdischen entführt worden.«
»Für mich hört sich das nach einem neuen Buch an«, sagte Megan, stemmte sich bedächtig aus ihrem Stuhl hoch und bewegte vorsichtig ihre schmerzenden Glieder. »Hast du noch andere Irre angelockt?«
Er ließ die Antworten durchrollen, überging Staaten außerhalb ihres Suchgebietes, Geschichten von Sadomasochisten und von Heimsuchungen aus anderen Dimensionen. Megan sah ihm über die Schulter zu, erstaunt und enttäuscht zugleich.
»Du bist der reinste Magnet für Verrückte, Brooks. Ist das der Preis des Ruhms?«
»Ich bezahle ihn ja gern«, sagte er, »solange ich für meine Mühe entlohnt werde.«
Er seufzte und rieb sich die Augen. »Ich brauche eine Pause. Ich muß für eine Weile hier raus.«
»Klar, geh nur«, sagte Megan. »Ich halte die Stellung.«
»Bist du sicher, daß du keine Atempause brauchst?« fragte er und streifte
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