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Deer Lake 02 - Engel der Schuld

Deer Lake 02 - Engel der Schuld

Titel: Deer Lake 02 - Engel der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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Mörder. Überall waren Planen ausgelegt, voller Staub, fein wie Mehl, übersät mit alten Gipsbrocken und leeren Wasserdosen.
    »Komm schon, Ellen«, sagte er und ging in die Hocke. »Sei ein gutes Luder, und laß dich von mir umbringen.«
    Er bemerkte ihre rechte Hand erst, als sie sich fünf Zentimeter vor seinem Gesicht öffnete, ihm Gipsstaub in die Augen und in die klaffende Wunde auf seiner Wange schleuderte.
    Ellen stand auf und riß die Axt aus der Halterung. Sie fuhr herum, gerade als Slater sich auf sie stürzte, ihre Knöchel packte und ihr einen Schlag gegen die Schenkel verpaßte. Mit dem Elektroschocker.
    Der Stromschlag fuhr durch ihren Rock und stürmte durch ihre Nervenbahnen. Er traf sofort das Gehirn und hinterließ benommene Verwirrung. Im Bruchteil einer Sekunde hatte sie die Kontrolle über Arme und Beine verloren. Sie fiel wie ein Stein, die Axt segelte zwei Meter weg.
    Sie lag mit offenen Augen auf der Plane, als Slater sich über sie beugte.
    »Einige steigen durch Sünde auf, und einige fallen durch Tugend«, murmelte er, und sein zerfetztes Gesicht war nur Zentimeter von ihrem entfernt. »Einige sterben durch Tugend.«
    Der Dispatcher, ein rundliches, nordisch aussehendes Mädchen mit ausgefransten blonden Haaren und einer unvorteilhaften Uniform, führte Jay den Gang zwischen dem Büro des Sheriffs und dem Gerichtsgebäude entlang, klimperte mit ihren Wimpern und ließ ihn wissen, daß ihrer Meinung nach er die Hauptrolle in Justifiable Homicide hätte spielen sollen und nicht Tom Cruise.
    Er lächelte sie etwas halbherzig an. »Danke, Mindy. Aber ich fühle mich als Autor wohler. Mit dem Film hatte ich eigentlich gar nichts zu tun.«
    Tatsächlich war die Story praktisch nicht mehr erkennbar, nachdem Hollywood damit fertig war. Jay hatte dieses lästige kleine Detail mit einem Schulterzucken auf dem Weg zur Bank abgetan. Es spielte keine Rolle. Es war nur Unterhaltungsliteratur. Er wurde jedenfalls gut bezahlt.
    Irgendwo in seinem verschütteten Gewissen regte sich etwas. Die Menschen, über die er schrieb, waren echt, keine Fiktion. Sie hatten ein Leben, das weiterging, wenn er sich längst mit einem anderen Verbrechen beschäftigte. Es waren Leute wie Hannah Garrison und Megan und Ellen.
    »Na ja, Sie sollten es sich überlegen«, plapperte Mindy weiter, während sie die Tür zum Gerichtsgebäude aufschloß. »Sie sehen viel besser aus. Er hat kein richtiges Kinn, wissen Sie. Niedlich ist er schon. O ja. Aber Sie hätten viel weiter oben als er auf der People -Liste stehen sollen. Ich weiß nicht, wer die aufstellt. Er ist auch Scientologe. Haben Sie das gewußt? Das ist mir richtig unheimlich. Wie ein Kult oder so was.« Ihre kleinen Augen wurden mit einem Mal ganz rund. »Oooh! Sie sind doch kein Scientologe, oder?«
    »Nein, Ma'am. Ich gehöre einer Schlangenreligion an«, sagte er, ohne eine Miene zu verziehen, und hielt die Hände hoch, als hätte er in jeder ein sich windendes Bündel von Nattern. »Nichts Spirituelles, man muß nur Schlangen anfassen.«
    Arme Mindy. Das Mädchen wich zurück, versuchte, sich eine angewiderte Grimasse zu verkneifen, um nicht gegen die in Minnesota üblichen guten Manieren zu verstoßen. Jay dankte ihr höflich, als sie auf dem Absatz kehrtmachte und sich entfernte.
    Auf dem Weg durch den Halbschatten zur Treppe versuchte er sich vorzustellen, wie Ellen reagieren würde, wenn er ihr mitteilte, daß er bei O'Malleys Jagd auf Spuren in Wrights Vergangenheit half. Er hoffte auf Stolz, aber der Zyniker in ihm verwarf diesen Gedanken. Er war ein erwachsener Mann, und er sagte sich, daß er sein Bedürfnis auf Anerkennung durch »respektable« Leute wie seine Familie, wie Ellen, vor langer Zeit ausgemerzt hatte.
    Er stieg die Treppe zum ersten Stock hoch und schüttelte ein wenig den Kopf, als er sah, daß die Tür zum Büro des Bezirksstaatsanwalts offenstand und Licht sich in den dunklen Korridor ergoß. Er hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, bei Ellen zu Hause vorbeizufahren, obwohl es so spät war. Sie war nicht der Typ, der nach Hause ging, um seine Wunden zu lecken. Sie würde sofort wieder an die Arbeit gehen und noch heftiger suchen als zuvor.
    Er erwartete, sie im Konferenzraum zu finden, mit der Brille auf der Nase über einen Stapel von Aussagen gebeugt. Aber der Raum war leer. Jay lief es eiskalt den Rücken hinunter, als er die am Boden verstreuten Papiere sah. Papiere, auf denen grelle, dicke Blutstropfen leuchteten.
    Ellen lag

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