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Deer Lake 02 - Engel der Schuld

Deer Lake 02 - Engel der Schuld

Titel: Deer Lake 02 - Engel der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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sehen, wie seine ganze Welt entzweibrach, genauso wie es ihm der Nehmer gezeigt hatte. Trotzdem klammerte er sich noch von außen an die Wände seiner Kammer, klammerte sich an das, was von seiner Welt übrig war.
    Wenn er sich nur lange genug verstecken könnte . . . Wenn er sich noch kleiner machen könnte im Gehäuse seines Körpers. Wenn er in seine Kammer zurückkönnte . . .
    Seine Hände rutschten ab. Er schnappte nach Luft, als der Nehmer ihn in das blutige Meer hinunterzog.
    Dann, genauso schnell, war er frei. Er durchbrach die Oberfläche, schoß nach oben. Ins Licht. In die Luft. Er konnte wieder atmen. Er flog. Und hinter ihm zog sich das Blut zu einer immer kleiner werdenden Pfütze zusammen, und dann war es weg.
    Joshs Augen öffneten sich mit einem Ruck. Bis auf das Nachtlicht und die Ziffern auf seiner Uhr war der Raum dunkel. Er fühlte sich, als hätte er lange, lange geschlafen. Tage statt Stunden. Seine Mom schlief im Schlafsack auf dem Boden. Sie sah so müde und sorgenvoll aus. Ihre Brauen waren gerunzelt.
    Meinetwegen.
    Wegen des Nehmers.
    Da war so vieles, was sie nie verstehen würde. So vieles, von dem er wünschte, sie könnten es beide vergessen und einfach von vorn anfangen, so, als hätten sie bisher gar nicht gelebt.
    Vielleicht könnten sie das tun, wenn er es sich fest genug wünschte, wenn er brav genug wäre . . . Wenn er nur den Mut aufbringen würde.

37
    Das Farmhaus stand auf einem abgelegenen bewaldeten Grundstück gleich hinter der südlichen Bezirksgrenze im ländlichen Tyler County. Die nächsten Nachbarn waren Amish-Farmer, die vom Kommen und Gehen um sich herum für gewöhnlich keine Notiz nahmen. Ellen dachte sich, daß sie heute wohl Notiz nehmen würden. Autos der Sheriffbüros von Tyler und Park County, der Polizei von Deer Lake und des BCA füllten den Hof, während Übertragungswagen und Reporterfahrzeuge die Zufahrtsstraßen blockierten. Uniformierte Beamte hielten die Presse in Schach, während Detectives und Forensiker ihrer Arbeit nachgingen.
    Im Maschinenschuppen parkte ein rostender weißer Ford-Lieferwagen. Alter und Zustand waren identisch mit dem Wagen, den Paul Kirkwood einmal besessen und an Olie Swain verkauft hatte. Identisch mit dem Wagen, den ein Zeuge etwa um die Zeit von Joshs Entführung am Eisstadion gesehen hatte. In einer kleinen Werkzeugkiste hinter dem Vordersitz fand man eine Rolle Isolierband, zusammengefaltete Lappen – wahrscheinlich für Äther – und Spritzen zur Verabreichung von Beruhigungsmitteln. Das Werkzeug eines Entführers.
    Ellen entfernte sich frierend vom Schuppen und sah sich auf dem ordentlichen Hof mit den kleinen Gebäuden und dem Saum von Nadelbäumen um, deren Zweige mit frischem Schnee beladen waren, der über Nacht gefallen war. Jemand hatte sich große Mühe gegeben, um alles ganz gewöhnlich aussehen zu lassen. Die Einfahrt war geräumt. Neben dem Vogelhäuschen im Hof standen ein paar Rehe aus Beton. Vorhänge hingen an den Fenstern. Am Dachfirst hingen noch die Weihnachtslichter.
    Alles Teil des Spiels.
    Slater lag unter Bewachung im Krankenhaus, wo man ihn wegen der Nachwirkungen des Elektroschocks beobachtete. Er redete nicht, aber sein Name hatte den Schlüssel geliefert, den sie so gesucht hatten. Ellen, etwas benommen von den Schmerz-mitteln, die Dr. Lomax ihr verabreicht hatte, bevor er ihr Handgelenk richtete, hatte Cameron mitten in der Nacht vom Krankenhaus aus angerufen, und er hatte sich sofort darangemacht, Informationen über Adam Slater zusammenzutragen. In kürzester Zeit hatten sie eine Telefonnummer und wenig später die Adresse.
    Ein grauer Streifen Morgenlicht zeigte sich am östlichen Horizont. Ellen hatte kaum geschlafen. Sie war in ihrem Krankenbett immer wieder aufgewacht. Alpträume von dem Grauen, das sie durchlebt hatte, hatten sie in kurzen Abständen aus dem Schlaf gerissen. Das Gefühl von Slaters Händen, die ihren Hals immer fester umspannten.
    Sie war nach Deer Lake gezogen, um der Gewalt und dem Zynismus der Stadt zu entgehen, und dann war sie ausgerechnet in Deer Lake angegriffen worden, war zur Gewalt gezwungen worden, um ihr Leben und das Leben von Jay zu retten. Ein Punkt für Wrights Team. Nur ein kleines Kräuseln auf dem Teich. Eine Randerscheinung in ihrem Spiel, zu dem enttäusch tes Vertrauen, eine zerbrochene Ehe, verlorene Unschuld, verlorenes Leben gehörten.
    Sie dankte Gott, daß Jay nicht zu den Verlusten zählte. Er hatte zwar soviel Blut verloren, daß er eine

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