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Delia und der Sohn des Häuptlings

Delia und der Sohn des Häuptlings

Titel: Delia und der Sohn des Häuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Louise Fischer
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An das Vertrauen, das der Häuptling uns geschenkt hat!“
    „Kleine Schwester sagt es“, bestätigte er.
    „Wir trinken nicht“, erklärte Delia in englisch, diesmal mit Nachdruck.
    Aber der Einäugige, der sie für eine Indianerin hielt, schwenkte den gefüllten Becher vor ihrer Nase. Delia hatte Angst, dass Akitu schwach werden könnte — sie hatte ja eben noch miterlebt, wie Sinoko und Perbuo, zwei ausgewachsene Männer und tapfere Krieger, der Verlockung des Alkohols erlegen waren. Sie hob die Hand und schlug dem Händler den Becher aus der Hand.
    Er fiel auf den Boden, es bildete sich eine kleine Pfütze mit Schnaps. Sinoko ließ sich auf alle viere nieder und versuchte das berauschende Nass aufzulecken. Die weißen Männer wieherten vor Lachen. Delia empfand Akitus Scham wie einen eigenen Schmerz.
    „Können wir jetzt verhandeln?“ fragte sie den Einäugigen.
    Der grinste. „Du kommst zu spät, Kleine. Es ist alles vorbei. Da, dies Fläschchen Branntwein gehört euch. Die Felle bleiben bei mir.“
    „Das kommt nicht in Frage! Wir brauchen Tabak, Munition, Gewehre …“
    „Weißt du nicht, dass es verboten ist, Indianern Waffen zu verkaufen?“ gab der Einäugige unverschämt zurück.
    „Aber betrunken machen dürft ihr sie?“ rief Delia ihm ins Gesicht.
    „Bist du von der Schutztruppe? Na also. Du bist nichts als eine dreckige Rothaut. Nimm deinen Bruder, nimm deine besoffenen Kumpane … Verschwindet alle zusammen!“
    Delia war jetzt so zornig, dass es ihr fast den Atem verschlug. „Gut, wir gehen“, sagte sie. „Aber wir nehmen unsere Felle wieder mit, und wenn wir eine Woche reiten müssen, bis wir einen ehrlichen Händler finden. Behaltet euren elenden Schnaps!“
    Sie gab Akitu ein Zeichen, und sie versuchten gemeinsam, die Felle wieder an sich zu reißen. Aber die Bündel waren schwer, es gelang ihnen nicht so schnell.
    Einer der weißen Männer stand auf. Es war ein hünenhafter Mann mit einem dichten blonden Bart. Sein blondes Haar fiel ihm bis auf die Schultern. Er war ganz in Leder gekleidet, aber sein Anzug war nicht nach Indianerart mit Farben und bunten Fransen verziert, sondern einfach und zweckmäßig.
    „Gebt den Kindern die Felle zurück, Smith“, sagte er. „Das, was ihr da treibt, ist Betrug!“
    „Ah, bah“, erwiderte der Einäugige verächtlich. „Es sind ja bloß Rothäute, seht sie nur an — nicht besser als Tiere!“
    Sinoko und Perbuo hielten ihm wieder ihre Becher hin, und er füllte sie verächtlich.
    „Wir sind Menschen“, rief Delia wild. „Vielleicht bessere Menschen als Ihr, Mister Smith! Ihr seid ja nur ein ganz gewöhnlicher Gauner!“
    Der Einäugige lachte. „Sieh mal an, die kleine Rothaut wird frech!“
    „Gebt den Kindern die Felle“, sagte der blonde Hüne noch einmal. „Oder besser, gebt ihnen das, was sie brauchen. Ich denke, Ihr verdient genug Geld, auch ohne dass Ihr zu gemeinen Tricks greifen müsst.“
    Aber der Einäugige war nicht bereit, nachzugeben. „Haltet Euch raus, Bill“, sagte er. „Dies hier ist mein Geschäft!“
    „Wenn Ihr keinen Anstand kennt“, drohte der Hüne, „so werde ich Euch Anstand beibringen!“ Er wollte sein Gewehr anlegen.
    Aber der Einäugige war schneller. Er hatte die Flinte schon an der Schulter. „Setzt Euch, Bill“, brüllte er, „oder ich schieß Euch eine Kugel in den Kopf! Und ihr, rote Bande, zieht ab — ohne Felle, ohne Waffen und auch ohne Schnaps! Beklagt euch nicht, ihr habt’s nicht besser gewollt!“
    Genau in diesem Augenblick sauste eine graue Kugel durch die offene Tür herein, dem Einäugigen geradewegs zwischen die Beine. Der verlor den Halt, plumpste zu Boden. Der blonde Hüne riss sein Gewehr an die Wange, Delia stürzte vor, nahm die Flinte des Händlers auf, die ihm aus der Hand gefallen war, und legte auf ihn an. Akitu spannte den Bogen.
    Hinter der Theke hervor kam der Mops, geduckt, mit hängendem Schwänzchen. Offenbar war er sich nicht sicher, ob er etwas Gutes oder etwas Schlimmes angestellt hatte.
    Trotz aller Aufregung wäre Delia fast vor Lachen geplatzt — es war aber auch zu komisch, dass ausgerechnet der kleine Mops den gemeinen und skrupellosen Händler überwältigt hatte! Der Einäugige war mit dem Rücken gegen die Hinterwand gekracht. Jetzt saß er hilflos am Boden, die Beine weit ausgestreckt, und glotzte mit seinem einen Auge verblüfft in den Raum.
    „Wollt ihr die Felle zurück?“ fragte der blonde Hüne.
    „Nein“, sagte Delia rasch. „Ich

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