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Delia und der Sohn des Häuptlings

Delia und der Sohn des Häuptlings

Titel: Delia und der Sohn des Häuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Louise Fischer
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sie.
    Akitu hob abwehrend die Hand. „Nein, das sind Reiter — indianische Reiter. Grausame Schlange und Roter Geier werden in einer halben Stunde hier sein.“ Er hob den Kopf. „Wenn wir jetzt sofort aufbrechen, werden sie uns nicht mehr erreichen.“
    Aber Delia blieb bei ihrem Entschluss. „Nein, Akitu, wir wollen warten!“
    Sie wuschen sich an dem schmalen, fast ausgetrockneten Bächlein, führten die Pferde, eins nach dem anderen, zum Trinken. Zu essen gab es nichts mehr, denn sie wagten nicht, gerade jetzt in den Wald zu gehen und nach Beeren oder Pilzen zu suchen oder ein Wild zu schießen, wie sie es unter gewöhnlichen Umständen wohl getan hätten. Selbst der Professor schien die Situation zu begreifen, denn er beklagte sich in keiner Weise über das ausgefallene Frühstück.
    Als Grausame Schlange und Roter Geier tatsächlich hinter den sanften Hügeln auftauchten, standen Delia und Akitu bei ihren Pferden, unbewaffnet, aber Pfeil und Bogen immerhin in Reichweite.
    Sinoko und Perbuo zügelten ihre Pferde so heftig, dass sie sich aufbäumten. Ihre Gesichter hatten die gesunde braunrote Farbe verloren, wirkten grau und verfallen im unbarmherzigen Licht dieses frühen Morgens. Offensichtlich litten sie noch unter den Nachwirkungen des Alkohols.
    Delia und Akitu hoben grüßend die Hand.
    „Willkommen!“ rief Delia auf Indianisch. „Junger Adler und Tapferes Eichhörnchen haben auf die Freunde gewartet!“
    Perbuo und Sinoko kamen näher geritten, misstrauisch, mit schmal zusammengekniffenen Augen.
    „Reitet voraus“, ordnete Akitu an. „Nehmt die Packpferde an die Leine! Tapferes Eichhörnchen und Junger Adler folgen.“
    Es war Sinoko und Perbuo anzusehen, wie verwirrt sie waren. Sie hatten nicht damit gerechnet, die beiden noch einzuholen, obwohl sie wie die Teufel geritten waren.
    Delia begriff, was in ihnen vorging. „Zusammen sind wir losgezogen“, sagte sie feierlich, „und zusammen wollen wir vor den großen Häuptling treten und ihm zeigen, was wir ihm bringen!“ Mit einer großen Handbewegung deutete sie auf die Lasten, die sie den Packpferden wieder aufgelegt hatten. „Gewehre, Messer, Tabak und Munition …“
    Delias Friedensangebot war deutlich. Aber das schlechte Gewissen bedrückte die beiden roten Krieger zu sehr. Endlich begriffen sie, dass ihnen keine andere Wahl blieb, als Akitu zu gehorchen. Ihre Gewehre, die Lassos und die Jagdmesser waren ihnen auf der Handelsstation abgenommen worden.
    So selbstbewusst und hochfahrend sie auf dem Ausritt gewesen waren, so kleinlaut und kleinmütig gaben sie sich jetzt auf dem Heimritt. Sie sprachen kein Wort. Stumpf und dumpf brüteten sie vor sich hin.
    Akitu war es jetzt, der die Anordnungen gab. Vom Weideplatz aus konnten die Pferde nicht weiter, das Unterholz wurde sehr dicht. Sie hätten zu leicht ihre Fesseln verletzt.
    Zum Glück war gerade eine Gruppe junger Männer vom Dorf gekommen, um die Indianer, die die Pferde bewachten, abzulösen. Akitu verteilte die Lasten auf Perbuo, Sinoko und die Männer, die sich ohnehin auf den Heimweg begeben wollten. Delia band dem Professor eine Rolle Tabak auf dem Rücken fest. Der Mops trug seine Last mit hocherhobenem Schwänzchen, als wäre er sich der Ehre durchaus bewusst.
    Delia und Akitu selbst trugen die Munition für die Waffen — vorsichtshalber, denn auch Delia traute Perbuo und Sinoko nicht ganz über den Weg. Mit den ungeladenen Gewehren konnten sie jedoch kaum Schaden anrichten.
    Als sich einige Stunden später der kleine Zug dem Dorf näherte, schlugen die Hunde an. Die Kinder rannten ihnen entgegen, dann auch die Frauen und Mädchen, schließlich die Männer. Inona vergaß ihre Würde als Häuptlingstochter, sie strahlte vor Freude, als sie ihren Bruder und die weiße Schwester Delia wohlbehalten zurückkommen sah. Im Triumph wurden alle, auch der Mops, zum Häuptlingszelt geführt.
    Akitus Vater prüfte zuerst die Waren, die sie eingehandelt hatten, die Waffen und die Munition, bevor er einen Bericht verlangte. Es war ihm anzusehen, wie sehr zufrieden er mit dem Ergebnis dieses Tausches war. Aber es war Delia, nicht Akitu, die er fragte, wie es ihnen ergangen war.
    „Es war ein schwerer Handel mit den weißen Männern“, sagte Delia und wählte ihre Worte sehr vorsichtig. „Der weiße Händler hat versucht, die roten Krieger betrunken zu machen. Die roten Krieger vertragen kein Feuerwasser.“
    Das Gesicht des Häuptlings verdüsterte sich, scharf blickte er Sinoko und

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