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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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den meine Brüder jetzt haben, und denke an den, welchen sie dann haben werden, wenn sie hier sind und Ihr ihnen nicht den Frieden bietet!«
    Er machte eine Armbewegung der unendlichsten Geringschätzung.
    »Fürchte nichts, Giaur! Wir sind Bebbeh und keine Bejat. Wir werden Euch ganz denselben Vorsprung wieder lassen.«
    Unter andern Verhältnissen hätte ich diesem Manne für seinen ›Giaur‹ sicherlich ganz anders geantwortet; jetzt aber hielt ich es für das Klügste, diese Beleidigung gar nicht gehört zu haben. Darum erwiederte ich nur:
    »Ich traue Dir! Werden Deine vier Männer bewaffnet kommen?«
    »Wie Du es willst.«
    »Sie mögen ihre Waffen behalten, und auch wir beide wollen die unserigen wieder nehmen.«
    Er nickte stumm und kehrte zurück. Ich steckte Dolche und Revolver wieder in den Gürtel und stieg zu Pferde. Dann winkte ich den Gefährten. Die Atmosphäre war so rein und klar, daß sie selbst auf eine solche Entfernung hin meine Armbewegung erkennen konnten. Sie folgten dem Winke und kamen herbei. Bald hielten wir in einer Reihe neben einander und fünf Bebbeh uns gegenüber.
    »Welcher ist der andere Franke?« frug der Anführer.
    Ich deutete auf Lindsay und antwortete: »Dieser!«
    Über die ernsten Züge der Kurden glitt eine Art von Lächeln, und der Sprecher meinte:
    »Ich glaube, daß er ein Franke und ein Christ ist, denn er hat die Nase eines Khansir, die man Rüssel nennt.«
    Das war denn doch mehr, als ich ihm erlauben durfte.
    »Diese Art von Nasen habe ich in Alep und Diarbekr bei vielen Gläubigen gesehen,« antwortete ich.
    Er fuhr empor: »Schweige, Giaur!«
    Ich ließ mein Pferd einen Schritt vortreten.
    »Höre, Mann, Du sagtest vorhin, daß Du lesen könnest. Hast Du vielleicht auch den Kuran gelesen?«
    »Was geht es Dich an!«
    »Ich frage allerdings nicht viel nach dem Buche des Propheten, denn ich bin ein Christ; Du aber bist ein Moslem und solltest thun, was Muhammed befiehlt! Hat er nicht gesagt: ›Wer einen Feind ehrt, den lieben die Tapferen; wer aber einen Feind schändet, den lieben die Feiglinge!‹ Du hast Deine Lehre von dem Propheten erhalten und denkst, Du hättest die richtige; wir haben die unserige von Isa Ben Marryam erhalten und glauben, daß sie die richtige sei; wir haben also beide das Recht, uns Giaurs zu nennen. Du hast es gethan, ich aber nicht; denn es ist nicht fein und schön, einen Menschen ärgern zu wollen. Wer seinen Mitmenschen in den Staub tritt, der beschmutzt sich selbst. Merke Dir das, Bebbeh!«
    Er blieb vor Erstaunen über meine vermeintliche Kühnheit eine ganze Weile wortlos; dann aber riß er zornig den Dolch aus dem Gürtel.
    »Mensch, willst Du, Du, Du mir Lehren geben? Du, ein Christ, den Allah und der Prophet verdammen mögen! Soll ich Dich zerreißen, wie man einen Lappen zerreißt? Ich war bereit, Euch ziehen zu lassen; nun aber gebiete ich Euch: Macht Euch von hinnen, Ihr Unreinen! Euren Abstand sollt Ihr wieder erhalten; dann aber möge Euch der Scheïtan in die Dschehenna führen!«
    Ich sah, daß dies seinen vier Männern aus dem Herzen gesprochen war; aber ich sah auch, daß die Blicke der beiden Haddedihn und Halef’s mit zorniger Erwartung auf mir hafteten. Auch der Engländer beobachtete mich scharf, um sein Thun ganz nach dem meinigen zu richten. Da er von der Unterhaltung nichts verstand, so mußte ich ihn aufmerksam machen:
    »Sir, wenn ich schieße, so schießt auch, aber nur auf die Pferde!«
    »Yes! Schön! Prachtvoll!« antwortete er.
    Nun erklärte ich dem Bebbeh in ruhigem Tone:
    »Gut, wir werden reiten; vorher aber muß ich Dir Eins erst sagen: Glaube nicht, daß wir um Frieden gebeten haben, weil wir uns vor Euch fürchten! Wir lieben nur deßhalb den Frieden, weil wir nicht das Blut von Menschen vergießen wollen. Du hast es anders gewollt; so siehe nun, was die Folgen sind!«
    »Ihr? Euch nicht fürchten?« höhnte er. »Hast Du nicht hier Dich vor uns in den Staub gesetzt und um Barmherzigkeit gebeten, Giaur?«
    »Sage dieses Wort nicht noch einmal, Bebbeh, sonst kommt es über Dich wie der Blitz über den Baum! Ich wollte den Frieden haben, um Euretwillen, und ich will Euch beweisen, daß wir Euch verachten. Wir wollen nicht einen Vorsprung von Euch geschenkt haben, sondern der Kampf mag sofort beginnen. Kommt heran!«
    »So sei es!« rief er und griff nach seinem Dolch. In demselben Augenblick aber schoß mein Pferd mit einem langen Satze an dem seinigen vorüber; ich ergriff ihn beim Arm und riß ihn

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