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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ich eine Berührung fühlte und in Folge dessen die Augen öffnete. Die alte Halwa stand vor mir und winkte. Ich erhob mich, um ihr zu folgen. Alle Andern schliefen, außer einem der Perser, welcher die Wache hatte und draußen vor dem Buschwerke saß, so daß er uns gar nicht bemerken konnte. Die Alte führte mich zur Seite des Hauses, wo ein dichter Hollunder seine reichen Dolden ausbreitete. Hier fand ich Hassan Ardschir-Mirza.
    »Hast Du etwas Wichtiges zu besprechen?« frug ich ihn.
    »Für uns ist es wichtig, denn es betrifft unsere Reise. Ich habe mir überlegt, was ich thun soll, und es würde mir lieb sein, wenn meine Gedanken Deinen Beifall fänden. Verzeihe, daß ich Dich im Schlafe stören ließ.«
    »Laß mich hören, was Du beschlossen hast!«
    »Du bist bereits in Bagdad gewesen. Hast Du auch Freunde oder Bekannte dort?«
    »Einige flüchtige Bekanntschaften, doch zweifle ich nicht, daß diese Männer mir freundlich gesinnt sind.«
    »So kannst Du also dort sicher wohnen?«
    »Ich wüßte nicht, was ich dort zu befürchten hätte. Auch stehe ich unter dem Schutze des Großherrn und kann mich sogar unter denjenigen einer europäischen Macht stellen.«
    »So werde ich eine Bitte aussprechen. Ich habe Dir bereits gesagt, daß meine Leute mich in Ghadhim erwarten. Mir ahnt, daß ich dort nicht sicher wäre, und daher sollst Du hingehen und meine Angelegenheit besorgen.«
    »Gerne. Welche Aufträge willst Du mir anvertrauen?«
    »Die Kameele, welche Du dort finden wirst, haben mein Besitzthum getragen, das ich zu retten vermochte. Dies ist mir auf meiner Weiterreise hinderlich und beschwerlich; ich werde Alles verkaufen. Willst Du mir erlauben, diesen Verkauf in Deine Hand zu legen?«
    »Ja, wenn Du mir dieses große Vertrauen schenken willst.«
    »Ich schenke es Dir. Ich werde Dir einen unserer jetzigen Begleiter mitgeben, der Dich mit einem Briefe bei Mirza SelimAgha legitimiren soll. Du verkaufst Alles; die Last sammt den Thieren, und kannst dann die Leute bezahlen und entlassen.«
    »Wird Mirza Selim Agha nicht zornig werden, daß Du dieses Geschäft nicht ihm anvertraust? Er hat Dir treu gedient; er hat Deine Güter bis nach Bagdad geleitet; er hat sich also ein Recht auf Dein Vertrauen erworben.«
    »Widersprich mir nicht, Emir, denn ich weiß, was ich thue. Er ist der einzige, den ich nicht entlasse; damit soll er zufrieden sein. Ich glaube, daß Du meinen Auftrag besser ausführen kannst als er, und ich ertheile ihn Dir auch noch um eines andern Grundes willen. Wirst Du in Bagdad sogleich eine Wohnung finden können?«
    »Ich werde sofort die Wahl unter vielen haben.«
    »Ich werde Dir nicht nur die Güter, sondern auch mein ›Haus‹ anvertrauen, Emir. Willst Du?«
    »Hassan Ardschir-Mirza, Du versetzest mich in Erstaunen und Verlegenheit! Bedenke, daß ich ein Mann und daß ich ein Christ bin!«
    »Ich frage nicht danach, ob Du ein Christ oder ein Moslem bist; denn als Du mich aus der Hand der Bebbeh errettetest, hast Du diese Frage auch nicht gethan. Ich muß darnach trachten, meinen Verfolgern zu entgehen. Sie dürfen nicht wissen, wo Hassan Ardschir-Mirza sich befindet; darum vertraue ich Dir meine Habe an, und darum übergebe ich Dir auch mein ›Haus‹, um es während meiner Abwesenheit unter Deinen Schutz zu nehmen. Ich weiß, daß Du die Ehre meines Weibes und meiner Schwester Benda achten wirst.«
    »Ich werde diese Beiden weder zu sehen noch zu sprechen verlangen. Aber von welcher Abwesenheit redest Du, Mirza?«
    »Während Ihr in Bagdad seid, werde ich mit Mirza Selim Agha nach Kerbela gehen, um die Gebeine meines Vaters zu begraben.«
    »Du vergissest, daß auch ich nach Kerbela will!«
    »Emir, gib diesen Entschluß auf; er ist zu gefährlich! Ja, Du warst in Mekka, ohne das Leben zu verlieren; aber bedenke, welcher Unterschied zwischen Mekka und Kerbela ist. Dort sind fromme, ruhige Moslemim, in Kerbela aber findest Du Fanatiker, welche durch die Aufführung von Hosseïn’s Trauerspiel bis zum Wahnsinne erregt und in eine tolle Wuth gebracht werden, welcher regelmäßig selbst ächte Gläubige zum Opfer fallen. Ahnte nur ein Einziger, daß Du kein Schiit, ja daß Du nicht einmal ein Moslem wärst, so würdest Du den grausamsten Tod erleiden. Folge mir und laß ab von Deinem Vorsatze!«
    »Wohlan! Ich werde mich erst in Bagdad entschließen, was ich thue. Aber ob ich gehe oder ob ich bleibe, so kannst Du doch überzeugt sein, Hassan Ardschir-Mirza, daß Dein ›Haus‹ sich in

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