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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Zunächst warf Hulam die Frage auf, welcher Art wohl die Leute gewesen sein mochten, die in dem Hause, in welchem der Derwisch den Tod gefunden hatte, verkehrt hatten. Er glaubte, daß sie mit den Nassrs in Konstantinopel in Verbindung gestanden hätten. Dies war allerdings nicht unwahrscheinlich; doch hielt ich sie zugleich für solche Leute, von denen der Bewohner der Halbinsel sagt, daß sie ›in die Berge gegangen seien‹.
    Jetzt hatte ich erst Zeit, den Zettel vorzunehmen, den ich bis jetzt noch nicht entziffert hatte.
    »Kannst Du die Zeilen lesen, Effendi?« fragte Isla.
    Ich gab mir alle Mühe, mußte jedoch mit ›Nein‹ antworten. Der Zettel ging aus einer Hand in die andere, vergeblich. Niemand vermochte ihn zu lesen. Die einzelnen Buchstaben waren ziemlich deutlich geschrieben; aber sie bildeten Wörter, welche mir und den Anderen vollständig fremd und unverständlich waren.
    Ich buchstabirte die kürzesten dieser Wörter zusammen – sie hatten keinen Sinn. Da zeigte sich mein guter Halef als der Klügste von uns Allen.
    »Effendi,« sagte er; »von wem wird der Zettel sein?«
    »Wohl jedenfalls von Hamd el Amasat.«
    »Nun, dieser Mann hat alle Ursache, das, was er schreibt, geheim zu halten. Denkst Du nicht, daß die Schrift eine geheime ist?«
    »Hm! Du kannst Recht haben. Hamd el Amasat mußte den Umstand mitberechnen, daß der Zettel möglicher Weise in falsche Hände gelangen konnte. Die Schrift ist nicht geheim; aber wie es scheint, ist die Zusammenstellung der Buchstaben eine ungewöhnliche. ›Sa ila ni‹; das verstehe ich nicht. ›Al‹, das ist ein Wort; ›nach‹ aber ist kein orientalisches – – ah, wenn man es umdreht, wird ›Chan‹ daraus!«
    »Vielleicht ist Alles verkehrt geschrieben!« sagte Hulam. »Du hast ›ila‹ gelesen. Umgedreht würde es ›Ali‹ lauten.«
    »Richtig!« antwortete ich. »Das ist ein Name und zugleich ein serbisches Wort, welches ›aber‹ bedeutet. ›Ni‹ heißt umgekehrt ›in‹; das ist rumänisch und bedeutet ›sehr‹.«
    »Lies einmal alle drei Zeilen von links nach rechts, anstatt von rechts nach links!« sagte Isla.
    Ich that es; aber es erforderte dennoch große Mühe, ehe es mir gelang, die Buchstaben anders zu gruppieren, so daß zusammenhängende Worte entstanden. Das Resultat bestand in dem Satze:
    »In pripeh beste la karanorman chan ali sa panajir menelikde.«
    Das war jedenfalls ein mit Absicht gebrauchtes Gemisch von Rumänisch, Serbisch und Türkisch und lautete:
    »Sehr schnell Nachricht in Karanorman-Chan; aber nach dem Jahrmarkt in Menelik.«
    »Das ist richtig; das muß richtig sein!« rief Hulam aus. »In einigen Tagen ist Markt in Menelik.«
    »Und Karanorman-Chan?« fragte ich. »Wer kennt diesen Ort? Wo mag er liegen?«
    Niemand kannte ihn. Das Wort bedeutet zu Deutsch ›Finsterwaldhaus‹ oder ›Schwarzwaldhaus‹. Der Ort war also jedenfalls klein und lag im Walde, im tiefen Forste. Aber in welcher Gegend?
    Es wurden zehnerlei Vorschläge gemacht, um eine Art und Weise zu entdecken, sich über die Lage dieses geheimnißvollen Ortes zu unterrichten; aber keiner schien zum Ziele zu führen.
    »Strengen wir uns jetzt nicht zu sehr an,« sagte ich. »Die Hauptsache ist, daß die Nachricht erst nach dem Jahrmarkt von Menelik nach Karanorman-Chan gebracht werden soll. Das Wort ›sa‹ bedeutet ›nach‹ und ›hinter‹; ich schließe daraus, daß der Empfänger des Briefes erst den Jahrmarkt besuchen soll, bevor er nach Karanorman-Chan geht. Und nach Menelik geht ja wohl der Weg, welchen die drei Reiter gestern Abend eingeschlagen haben. Nicht?«
    »Ja,« antwortete Hulam, »Du hast Recht, Effendi. Dieser Barud el Amasat ist nach Menelik. Dort wird man ihn sicher treffen. «
    »So wollen wir keine Zeit verlieren und möglichst schnell aufbrechen. Zugleich aber wird es nöthig sein, einen Boten nach Iskenderiëh zu Henri Galingré zu senden, um ihn zu warnen.«
    »Das werde ich besorgen. Aber ehe Ihr aufbrecht, nehmt Ihr ein Mahl bei mir ein, und ferner muß ich die Erlaubniß haben, für Euch zu sorgen!«
    Es läßt sich in kurzen Worten sagen, daß wir in zwei Stunden reisefertig im Hofe hielten. Wir waren vier Personen: Osco, Omar, Halef und ich. Die Anderen mußten zurückbleiben.
    »Effendi,« fragte Isla, »für wie lange Zeit wirst Du Abschied nehmen?«
    »Ich weiß es nicht. Erreichen wir die Gesuchten bald, so kehre ich zurück, um Barud el Amasat nach Edreneh zu bringen. Entgehen sie uns längere Zeit, so ist

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