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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Hauptbeschäftigung bildete die Weberei. Der Verdienst war kärglich, ja oft überkärglich zu nennen. Zu gewissen Zeiten gab es wochen-, zuweilen sogar monatelang wenig oder gar keine Arbeit. Da sah man Frauen in den Wald gehen und Körbe voll Reisig heimschleppen, um im Winter Feuerung zu haben. Des Nachts konnte man auf einsamen Pfaden Männern begegnen, welche Baumstämme nach Hause trugen, die noch während der Nacht zu Feuerholz zersägt und zerhackt werden mußten, damit wenn die Haussuchung kam, nichts gefunden werden könne. Es galt für die armen Weber, fleißig zu sein, um den Hunger abzuwehren. Am Sonnabend war Zahltag. Da trug ein jeder sein »Stück zu Markte«. Für jeden Fehler, der sich zeigte, gab es einen bestimmten Lohnabzug. Da brachte gar mancher weniger heim, als er erwartet hatte. Dann wurde ausgeruht. Der Sonnabend Abend war der Heiterkeit und – – – dem Schnaps gewidmet. Man fand sich beim Nachbar ein. Da ging die Bulle rundum. Bulle ist Abkürzung von Bouteille. In einigen Familien sang man dazu, aber was für Lieder oft! In andern regierte die Karte. Da wurde »gelumpt«, »geschafkopft« oder gar »getippt«. Das letztere ist ein verbotenes Glücksspiel, dem mancher den Verdienst der ganzen Woche opferte. Man trank dazu aus einem einzigen Glas. Dieses ging von Hand zu Hand, von Mund zu Mund. Auch während der Sonntagsausgänge und überhaupt bei jedem Gang in das Freie war man mit Branntwein versehen. Da saß man im Grünen und trank. Schnaps war überall dabei; man mochte ihn nicht entbehren. Man betrachtete ihn als den einzigen Sorgenbrecher und nahm seine schlimmen Wirkungen hin, als ob sich das so ganz von selbst verstände.
    Freilich gab es auch sogenannte bessere Familien, über die der Alkohol keine Macht besaß, aber die waren in ganz geringer Zahl. Patriziergeschlechter gab es in beiden Städtchen nicht. In Hohenstein wohnten einige Familien, die man höher schätzte als andere, in Ernsttal aber nicht. Die Pfarrer und die Aerzte waren die einzigen akademisch gebildeten Personen, hierzu kam vielleicht ein Rechtsanwalt, dessen Liquidationen absolut nicht das Geschick besaßen, sich in klingende Einnahmen zu verwandeln. So war die ganze Lebensführung überhaupt eine ungemein niedrige und der allgemeine Umgangston auf eine Note gestimmt, die man jetzt kaum mehr für möglich hält. Im persönlichen Verkehr waren Spitznamen oft gebräuchlicher als die wirklichen, richtigen Namen. Als einziges Beispiel, welches ich da anführe, diene der Name Wolf. Es gab einen Weißkopfwolf, einen Rothkopfwolf, einen Daniellobwolf, einen Schlagwolf und noch eine Menge andersgenannter Wölfe. Die Häuser waren klein, die Gassen eng. Ein jeder konnte in die Fenster des andern sehen und alles beobachten, was geschah. So wurde es fast zur Unmöglichkeit, Geheimnisse vor einander zu haben. Und da kein Mensch ohne Fehler ist, so hatte ein jeder seinen Nachbar im Sacke. Man wußte alles, aber man schwieg. Nur zuweilen, wenn man es für nötig hielt, ließ man ein Wörtchen fallen, und das war genug. Man kam dadurch zur immerwährenden aber stillen Hechelei, zur niedrigen Ironie, zu einem scheinbar gutmütigen Sarkasmus, welcher aber nichts Reelles an sich hatte. Das war ungesund und griff immer weiter um sich, ohne daß man es beachtete. Das äzte; das wirkte wie Gift. So hatte sich aus den sonnabendlichen Kartenspielen ein lichtscheues Unternehmen gebildet, welches den Zweck verfolgte, verbotenes, ja sogar falsches, betrügerisches Kartenspiel zu pflegen. Die Betreffenden kamen zusammen, um sich in der Zubereitung und im Gebrauch von falschen Karten zu üben. Sie etablierten sich in einer vor der Stadt gelegenen Wirtschaft. Sie schickten Zubringer aus, um Opfer einzusaugen. Da saß man nächtelang und spielte um hohe Einsätze. Mancher kam da mit vollen Taschen und ging mit leeren fort. Dieses Treiben war im Städtchen wohlbekannt. Man erzählte sich von jedem neuem Coup, der gemacht worden war. Man sprach von den erbeuteten Summen, und man freute sich darüber, anstatt daß man diese Betrügereien verwarf. Man verkehrte mit den Falschspielern wie mit ehrlichen Leuten. Man leistete ihnen Vorschub. Ja, man achtete, man rühmte ihre Pfiffigkeit, und man verriet nicht das geringste von allem, was man von ihnen wußte. Daß hierdurch eigentlich das ganze Städtchen an dem Betruge gegen die herbeigeschleppten Opfer beteiligt wurde und daß Jedermann, der von diesen Gaunereien wußte, sich, streng genommen,

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