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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Tagebuche, das sich in einem Mantelsacke, der mir bei der Beuteverteilung zugefallen war, vorgefunden hatte. Es war von dem ersten Einrücken der Franzosen in Katalonien bis zum 14. Januar 1811 mit großer Genauigkeit geführt und enthielt, von kleinen Krokis begleitet, eine Schilderung fast aller Gefechte, in denen auch wir engagiert gewesen waren. Eugen blätterte halbe Stunden lang in dem Buche und lobte die Unparteilichkeit der Darstellung. Ich glaubte nach allem an nichts weniger als Gefahr und mußte dem Doktor recht geben, der trotz heftiger Schmerzen, über die der Verwundete von Zeit zu Zeit klagte, immer nur von zwei leichten Blessuren sprach. Es waren Degenstiche in die linke Seite. Auffallend erschien mir nur seine Weichheit; er war in einer gefühlvollen Stimmung, sprach viel von Hause, von unserem alten Vater und trug mir Grüße auf, da er auf einige Wochen noch am Schreiben gehindert sein werde.
    So verging der Abend. Ich hatte vor, trotz aller Ermüdung bei ihm zu wachen. Es kam aber anders. Bald nach Mitternacht wurde Alarm geblasen, und ich begab mich zu meinem in Front des Dorfes biwakierenden Regiment, das gleich darauf Befehl erhielt, gegen ein der Küste zu gelegenes Städtchen, das den Namen Valls führte, zu rekognoszieren. Meinen Verwundeten ließ ich übrigens in guter Obhut zurück; ich hatte beim Schweizerregiment Wimpfen um einige Mannschaften zu seinem Schutz gebeten, und es traf sich, daß der Unteroffizier, der diese Mannschaften kommandierte, früher, als mein Bruder noch in Halberstadt garnisonierte, mit ihm in ein und derselben Kompanie des Regiments Herzog von Braunschweig gestanden hatte. Beide freuten sich sehr, sich wiederzusehen.
    Unser Ritt gegen Valls verlief ohne Bedeutung, kostete aber Zeit und Mühe, und erst in den Nachmittagsstunden des andern Tages kehrten die Truppen, die die Rekognoszierung ausgeführt hatten, nach Plaa zurück. Mehrere Offiziere, denen ich begegnete, sagten mir: es ginge besser mit Eugen. Ich fand ihn auch wirklich ruhiger, ohne Schmerzen, aber sehr matt. Nichtsdestoweniger ließ er sich die kleinen Vorgänge des Tages von mir erzählen, hörte aufmerksam zu und verlangte mehr zu wissen, wenn ich aus Rücksicht auf seinen Zustand schwieg. Plötzlich aber unterbrach er mich und sagte: »Entsinnst du dich noch des Abends auf der Seereise von Cadix nach Tarragona, wo wir mit unsern deutschen Kameraden der Heimat gedachten und wo dann die Frage laut wurde: ›Wer wird die Heimat wiedersehen?‹ Ich weiß jetzt einen, der sie nicht wiedersehen wird.« Ich bog mich über ihn und bat ihn, sich nicht durch solche trübe Gedanken aufzuregen; er hörte mich aber nicht und fuhr dann fort: »Es wird sich heute noch manches ereignen: ich sehe schwarz in die Zukunft. Nimm dich, wenn es zum Gefechte kommt, in acht. Unsere Pferde sind matt zum Umfallen. Vergiß auch nicht, daß man nicht bei jeder Gelegenheit sich rückhaltlos drangeben soll. Man opfert sich sonst leicht ohne Zweck.« Dies waren seine letzten Worte. Ich hatte ihn eben aufgerichtet, um ihm einen Löffel Arzenei zu geben; als ich ihn wieder auf das Kopfkissen zurücklegen wollte, schien es mir, als ob er sehr blaß würde. Ich faßte seine Hand, sie war kalt; er drückte die meinige krampfhaft, rang nach Luft und war tot.
    Dies war am 16. nachmittags. General Sarsfield, als er von dem Hinscheiden hörte, ließ mir sein Beileid ausdrücken und fügte die Bemerkung hinzu: es würde gut sein, den Toten so bald wie möglich in die hochgelegene Klosterkirche von Plaa hinaufzuschaffen; jede Stunde könne ein neues Gefecht bringen, dessen Ausgang unsicher sei.
    Ich ließ mir dies gesagt sein. Aus alten Dielen, ›vier Bretter und zwei Brettchen‹, wurde schleunigst ein Sarg hergestellt und Eugen in der Uniform seines Regiments in die Totentruhe hineingelegt. So schafften ihn einige meiner Dragoner in die Klosterkirche hinauf und stellten ihn dicht an die Altarstufen.
    Völlig erschöpft von den Anstrengungen und Aufregungen der vergangenen Tage hatte ich mich, als die Nacht anbrach, auf eine Schütte Stroh niedergelegt. Ich war so recht von Herzen traurig; die Bilder meiner Kindheit und ersten Jugend zogen an mir vorüber; nun war ich allein, ganz allein, und der Bruder, den ich so sehr geliebt hatte, tot.
    Im Begriff, einzuschlafen, wurde ich durch einen Ordonnanzoffizier geweckt. Er kam vom General und war abgeschickt, um ein Papier zu holen, das Sarsfield beinahe unmittelbar vor Beginn des Treffens

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