Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)
Gärtnerbursche, nu, mein Gott, der find’t sich zuletzt überall.«
»Ja, Frau Kommerzienrätin, das is schon richtig. Aber mitunter find’t er sich immer, und mitunter find’t er sich bloß manchmal. Heiraten! Nu ja, hübsch muß es ja sind, sonst täten es nich so viele. Aber besser is besser. Un ich denke, lieber bewahrt als beklagt.«
In diesem Augenblicke wurde von der Hauptallee her ein Einspänner sichtbar und hielt, indem er eine Biegung machte, vor der Bank, auf der Rubehn und Melanie Platz genommen hatten. Es war ein auf niedrigen Rädern gehendes Fuhrwerk, das den Geschäftsverkehr des kleinen Privattreibhauses mit der Stadt vermittelte.
Kagelmann tat ein paar Fragen an den vorn auf dem Deichselbrette sitzenden Kutscher, und nachdem er noch einen andern Arbeiter herbeigerufen hatte, fingen alle drei an, die Palmenkübel abzuladen, die, trotzdem sie nur von mäßiger Größe waren, den Rand des Wagenkastens weit überragten und mit ihren dunklen Kronen, schon von fernher, den Eindruck prächtig wehender Federbüsche gemacht hatten.
Alle drei waren ein paar Minuten lang emsig bei der Arbeit, als aber schließlich alles abgeladen war, wandte sich Kagelmann wieder an seine gnädige Frau und sagte, während er die zwei größten und schönsten Palmen mit seinen Händen patschelte: »Ja, Frau Rätin, das sind nu so meine Stammhalter, so meine zwei Säulen vons Geschäft. Un immer unterwegs, wie ‘n Landbriefträger. Man bloß noch unterwegser. Denn der hat doch’n Sonntag oder Kirchenzeit. Aber meine Palmen nich. Un ich freue mir immer or’ntlich, wenn mal ‘n Stillstand is und ich allens mal wieder so zu sehen kriege. So wie heute. Denn mitunter seh’ ich meine Palmen die ganze Woche nich.«
»Aber warum nicht?«
»Jott, Frau Rätin, Palme paßt immer. Un is kein Unterschied, ob Trauung oder Begräbnis. Und manche taufen auch schon mit Palme. Und wenn ich sage Palme, na, so kann ich auch sagen Lorbeer oder Lebensbaum oder was wir Thuja nennen. Aber Palme, versteht sich, is immer das Feinste. Un is bloß man ein Metier, das is jrade so, janz akkurat ebenso bei Leben und Sterben. Und is ooch immer dasselbe.«
»Ah, ich versteh’«, sagte Melanie. »Der Tischler.«
»Nein, Frau Rätin, der Tischler nich. Er is woll auch immer mit dabei, das is schon richtig, aber ‘s is doch nich immer dasselbe. Denn ein Sarg is keine Wiege nich, und eine Wiege is kein Sarg nich. Und was een richtiges Himmelbett is, nu davon will ich jar nich erst reden…«
»Aber Kagelmann, wenn es nicht der Tischler ist, wer denn?«
»Der Domchor, Frau Rätin. Der is auch immer mit dabei un is immer dasselbe. Jrade so wie bei mir. Un er hat auch so seine zwei Stammhalter, seine zwei Säulen vons Geschäft: ›‘s is bestimmt in Gottes Rat‹ oder ›Wie sie so sanft ruhn‹. Un es paßt immer un macht keinen Unterschied, ob einer abreist oder ob einer begraben wird. Un grün is grün, un is jrade so wie Lebensbaum und Palme.«
»Und doch, Kagelmann, wenn Sie nun mal heiraten und selber Hochzeit machen (aber nicht hier in Ihrem Efeuhause, das ist zu klein), dann sollen Sie doch beides haben: Gesang und Palme. Und was für Palmen! Das versprech’ ich Ihnen. Denn ohne Palmen und Gesang ist es nicht feierlich genug. Und aufs Feierliche kommt es an. Und dann gehen wir in das große Treibhaus, bis dicht an die Kuppel, und machen einen wundervollen Altar unter der allerschönsten Palme. Und da sollen Sie getraut werden. Und oben in der Kuppel wollen wir stehn und ein schönes Lied singen, einen Choral, ich und Fräulein Anastasia, und Herr Rubehn hier und Herr Elimar Schulze, den Sie ja auch kennen. Und dabei soll Ihnen zumute sein, als ob Sie schon im Himmel wären und hörten die Engel singen.«
»Glaub’ ich, Frau Rätin. Glaub’ ich.«
»Und zu vorläufigem Dank für all diese kommenden Herrlichkeiten sollen Sie, liebster Kagelmann, uns jetzt in das Palmenhaus führen. Denn ich weiß nicht Bescheid und kenne die Namen nicht, und der fremde Herr hier, der ein paarmal um die Welt herumgefahren ist und die Palmen sozusagen an der Quelle studiert hat, will einmal sehen, was wir haben und nicht haben.« Eigentlich kam alles dieses dem Alten so wenig gelegen wie möglich, weil er seine Kübel und Blumentöpfe noch vor Dunkelwerden in das kleine Treibhaus hineinschaffen wollte. Er bezwang sich aber, schob seine Mütze, wie zum Zeichen der Zustimmung, wieder nach hinten und sagte: »Frau Rätin haben bloß zu befehlen.«
Und
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