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Den Finger am Abzug

Den Finger am Abzug

Titel: Den Finger am Abzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark E. Carter
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ob ebendiese Seele immer am Kö rper gebunden ist oder es ist freisteht, den Menschen zu verlassen. Beispielsweise dann, wenn dieser es nicht wert ist, sie zu besitzen. Für mich ist die Seele ein Symbol einer redlichen Lebensweise. So etwas wie ein Gutschein für einen Daueraufenthalt im Himmel, nachdem man dieses Leben hinter sich brachte. Was ist, wenn ich mein Guthabenkonto aufgebraucht habe? Ich möchte kein schlechter Mensch sein. Ich frage mich, ob allein die Tatsache, dass ich Menschen getötet habe, genügt, als ein solcher von Gott – oder wer auch immer über diese Welt wacht – gesehen zu werden? Ich führe nur Befehle aus. Ich bin nicht der Architekt dieses Krieges, ich bin nur sein Handwerker.
     
    Dimi, unser Kommandant ist ein sadistisches Schwein. Er hat Führungsqualitäten und diese Einheit steht hinter ihm, ohne Frage. Das ändert jedoch nichts daran, dass dieser Mensch krank ist. Jemand, der aus purer Lust tötet und dem einer dabei abgeht, wenn er die Angst in den Augen seines Opfers sieht. Ich stelle es mir schrecklich vor, als Gefangener einem solchen Sadisten ausgeliefert zu sein. Ich glaube, dass er unfähig ist, auch nur ansatzweise etwas von den Gefühlen und Empfindungen anderer Menschen zu fühlen. Dimi ist ein schlechter Mensch, mit Sicherheit.
    Wü rde man erkennen, wenn eine Person seine Seele verloren hat? Kann man so etwas sehen oder spüren? An manchen Tagen hoffe ich, eine Antwort auf meine Fragen zu finden, aber wer sollte in der Lage sein, sie zu beantworten?
     
    Wir marschierten am gleichen Tag weiter und nun liege ich auf meinem Feldbett und betrachte die Sterne. Ich blieb unverletzt, jedoch hatte ich heute mal wieder dem Tod den Mittelfinger gezeigt. Genauso gut hätte ich mit aufgeplatztem Schädel im Dreck liegen können, während sich mein Gehirn mit dem Staub vermischt.
    Warum habe ich so viel Glü ck? Natürlich hilft die Ausbildung aber es muss mehr geben, denn so einfach ist es nicht. Das Leben kann nicht so simpel sein. Ich frage mich, welche Gesetze des Universums die Intensität von Glück regeln.
    Aus einer gewissen Distanz einen anderen Menschen zu tö ten, ist leichter als man sich vielleicht vorstellen kann. Man betätigt den Abzug und der Gegner fällt um. Im Grunde ein relativ sauberer Akt von Unmenschlichkeit. Ganz anders ist die Situation, jemand aus nächster Nähe das Leben zu nehmen. Mit einem Messer oder einer Handfeuerwaffe. Wenn man sein Gegenüber atmen hört, sein Flehen womöglich, dann gehört eine gehörige Portion Kaltblütigkeit dazu. Oder Angst, selbst umgebracht zu werden. Die Ermordung der drei Zivilisten heute Nachmittag hat mir wohl mehr zugesetzt, als ich mir eingestehen kann.
    Ich will dieses Tö ten nicht mehr. Ich möchte aussteigen, möchte zurück, zurück nach Hause.
     
    Kupres liegt nur noch einen Tagesmarsch entfernt, also ungefähr vierzig Kilometer. Die Stadt wird von den Serben gehalten und die kroatische Armee plant, mit massiver Luftunterstützung gegen den Feind vorzugehen. Unsere Aufgabe ist es, eine strategisch bedeutsame Brücke etwa fünf Kilometer vor der Stadt zu sichern. Über diese Linie soll der Nachschub gelangen, während die Bodentruppen der Kroaten die Stadt befreien. Doch dafür müssen erst die Voraussetzungen geschaffen werden und unsere Einheit ist ein Teil dieser Vorbereitungen. Ich hoffe, dass die Luftwaffe weiß was sie tut, denn wenn uns die Serben von der Luft aus angreifen, dann sind wir schnell am Arsch.
     
    Die letzten Tage kamen wir auf unserem Weg nach Kupres durch Dörfer, deren Bewohner uns freundlich empfingen. Sie waren froh uns zu sehen, denn die Serben hatten schreckliche Gräueltaten an der Zivilbevölkerung begangen. Man berichtete uns von Soldaten, die schwangeren Frauen in den Bauch stachen. Von im Dorf verbliebenen Männern, die von den Serben zusammengetrieben und dann erschossen wurden, von Plünderungen und von Vergewaltigungen. In einem Fall erzählten uns die Dorfbewohner, dass man Kinder, Mädchen und auch Jungen, mitgenommen hatte. Allein beim Gedanken an deren Schicksal schnürt es mir den Magen zu. In einem anderen Dorf führte man uns zu einer Böschung am Ortsrand. Dort ließ eine Gruppe von Soldaten die Männer des Dorfes antreten und dann ging ein der Soldaten von einem zum anderen, so erzählte uns eine weinende Frau, und einer nach dem anderen wurde erschossen. Als sie uns die Stelle zeigte und wir nach unten sahen, prallten wir zurück: Von der Stelle, wo wir standen,

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