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Denn Gruen Ist Der Tod

Titel: Denn Gruen Ist Der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nigel McCrery
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Meinung sind. Können Sie uns das bitte erläutern?«
    Er lehnte sich zurück und wartete auf Sams Antwort. Sie öffnete ihre Mappe und begann mit ihrer Aussage. Dafür brauchte sie ihre Notizen nicht wirklich, denn das hier war einer der Fälle, die man nicht so leicht vergaß. In ihrer fünfzehnjährigen Laufbahn als Gerichtsmedizinerin war Andrew Stringers Tod wohl einer der bizarrsten und schwierigsten Fälle, mit denen sie je zu tun gehabt hatte.
     
    Am Tatort angekommen, hatte sie sofort die Unruhe unter den Ermittlungsbeamten bemerkt. Sie war sehr früh dort erschienen, was ungewöhnlich für sie war. Wie lange sie brauchte, um zum Fundort einer Leiche zu gelangen, war maßgeblich davon abhängig, wann man sie anrief, wo sie zu diesem Zeitpunkt war, was sie gerade tat, wo sie ihre Autoschlüssel hingelegt hatte und vor allem, wo genau in der Grafschaft die Leiche sich befand. Allein die Fahrt dorthin konnte über eine Stunde dauern. Diesmal hatte sie Glück gehabt, die Leiche war hinter einem der alten Colleges gefunden worden. Der Ort war leicht zu erreichen, besonders in den frühen Morgenstunden. Obwohl sie pünktlich war, schienen alle anderen noch vor ihr gekommen zu sein und es herrschte das übliche organisierte Chaos, das sie an jedem Tatort vorfand, den sie aufsuchte. Polizeibeamte in Uniform und in Zivil rannten hin und her, während die weiß gekleideten Beamten der Spurensicherung diverse Fundstücke in Plastiktüten verpackten und davontrugen. Manche von ihnen konnten mit der Tat in Zusammenhang stehen, andere schienen eher belanglos. Der Fundort der Leiche wurde von starken Scheinwerfern erleuchtet, was der ganzen Szene einen fast surrealen Anstrich verlieh. Sam stellte ihren Wagen auf dem Seitenstreifen vor dem St. Steven's College ab und drückte ihre Schlüssel einem überraschten Polizisten am Haupttor in die Hand, bevor sie hundert Meter auf der »Studentenmeile« in Richtung Alte Brücke ging, um zu den rückwärtigen Gebäuden des Colleges zu gelangen. Als sie die Brücke überquerte, bemerkte sie zwei Kriminalbeamte, die mit zwei an ihren Melonenhüten leicht als Türsteher erkennbaren Männern redeten. Sie sahen blass und verstört aus und Sam vermutete, dass sie es wohl gewesen waren, die die Leiche entdeckt hatten. Am anderen Ende der Brücke angekommen, bog sie links ab und näherte sich auf dem Kiespfad, der zwischen dem Flüsschen Cam und der Cromwell-Bibliothek lag, mit knirschenden Schritten dem Schauplatz des Mordes.
    Zuerst hatte sie es für einen makabren Scherz gehalten, aber die Gesichter von Farmer und Adams verrieten, dass dem nicht so war. Das Opfer saß kerzengerade auf einer Holzbank, Körper und Gesicht waren leicht zur Seite geneigt. Blut tropfte von der Bank und bildete zu Füßen des Opfers eine klebrige Lache. Sie ging um die Bank herum und sah in das Gesicht des Mannes. Es war weiß wie Alabaster, die halb offenen Augen starrten ins Leere. Der Mund war wie zu einem lautlosen Schrei weit aufgerissen. Ein großes Messer mit Metallgriff ragte ein paar Zentimeter unter seiner Achselhöhle aus der linken Brust und stellte seinen Arm so unnatürlich auf, dass es aussah, als hätte jemand einen Kleiderbügel in sein T-Shirt gesteckt. Sam hielt einen Augenblick lang die Luft an. Es schien ziemlich sicher, dass der Mann ermordet worden war, doch es gab etwas an diesem Bild, das sie irritierte.
     
    »Wenn Sie so weit wären, Doktor Ryan?«
    Die ungeduldige Stimme des Richters ließ Sam aus ihren Gedanken aufschrecken und sie fing an, ihren Bericht vorzutragen.
    »Wenn der Mann schon sechs bis acht Stunden tot gewesen wäre, hätte sein Körper viel steifer und kälter sein müssen. Tatsächlich aber war er noch warm und sogar kaum abgekühlt, als ich am Fundort eintraf. Daraus schließe ich, dass das Opfer noch nicht so lange tot war.«
    Allan unterbrach sie: »Und wie lang ungefähr ist für Sie ›noch nicht so lange‹?«
    »Das kann man unmöglich mit absoluter Genauigkeit sagen, aber ich schätze, dass er weniger als zwei Stunden tot war. Ich habe auch die Beine des Verstorbenen untersucht und fand keine Anzeichen einer Hypostasis.« Sam registrierte mit einem Blick auf die Pressetribüne, dass mehrere Reporter sie erwartungsvoll ansahen, und erklärte: »Das Absinken des Bluts im toten Körper aufgrund der Schwerkraft.«
    Die Journalisten fingen wieder an zu schreiben. Allan hatte Sams Blick bemerkt und war verärgert über diesen – wie es für ihn aussah – Flirt

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