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Depeche Mode

Depeche Mode

Titel: Depeche Mode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serhij Zhadan
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daß alle Bomben in zwei Gruppen aufgeteilt werden können – in solche, die du wirfst, und in solche, die auf dich geworfen werden. Wähle also die Position, die dir angenehmer ist im entscheidenden Stadium des Kampfes des Proletariats für seine, fuck, Befreiung!
     
    9.00
    Wow, denke ich, was für ein Buch. Ich lege die Broschüre zur Seite, nehme die andere und stoße gleich auf den Ausdruck »Rahm Jesu Christi«, oh, denke ich, ein Kochbuch, dann schaue ich besser hin – in Wirklichkeit steht da »Ruhm Jesu Christi«, auch interessant, denke ich, obwohl ein Kochbuch noch interessanter gewesen wäre, stellt euch bloß die Fernsehsendung vor, heute kocht der Genosse Jesus Christus für uns, Sendezeit – zehn Minuten. Voll ausreichend, denke ich.
     
    – Wo hast du solche Bücher her?
    – Das mit den Bomben hab ich bei Tschapaj mitgenommen. Er hatte einen ganzen Packen davon. Und das über Jesus hat mir Kakao gegeben.
    – Und woher hat Kakao solche Bücher?
    – Der treibt sich doch mit Mormonen rum, – sagt Wasja. Oder halt, nicht mit Mormonen, sondern, wie heißen sie gleich – Baptisten.
    – Was ist der Unterschied?
    – Mormonen können mehrere Frauen haben.
    – Kakao bestimmt nicht, – sage ich. – Voll der Depp.
    – Ja, – stimmt Wasja zu, – voll ist er.
     
    – Weißt du, – sagt er dann, nach kurzem Schweigen, – ich habe schon ein paar von diesen Gottesruhm-Büchern gelesen, die Kakao angeschleppt hat. Im Prinzip cool, diese Gottesrühmer. Aber es nervt mich, daß immer, wenn sie die Bibel zitieren, auf der Seite oben steht »Nach Lukas«, »Nach Johannes«, »Nach Matthäus«, kapierst du? Als ob man auf dem Busbahnhof steht und jemand ruft – nach Alcatraz! Nach Sachalin! Nach Pankow! Kapiert?
     
    Beeindruckt schaue ich Wasja an. »Nach Alcatraz« … Was hat der Typ bloß im Kopf?
     
    9.30
    Man sah den Regen schon, als er sich oben sammelte, klar, daß das alles gleich hier unten landen wird, bei uns, wir brauchen gar nicht lange zu warten, und wirklich – es fängt zu regnen an, schnell springen wir aus dem Zug und rennen in Richtung Bahnhof, neben der Tür unter einem Vordach eine Menge desorientierter morgendlicher Passagiere, die versuchen, aus ihrem Wuslowa wegzukommen, der Regen wird dichter und dichter, fällt auf uns, auf den Bahnhof, auf den Zug, mit dem wir gekommen sind, auf ein paar Männer in orangeroten Westen, die über den Bahnsteig gehen und diesen ganzen Regen gar nicht bemerken, diese ganze Menge, und plötzlich denke ich, daß der Regen eigentlich gar nicht kalt ist, normaler Regen, normaler Sommerregen, regnet vor sich hin, wo sollte er auch sonst abregnen, warum sich ärgern, und ich stelle mich unter, neben dem Bahnhofsgebäude ein paar Bäume, Wasja und Dog mir nach, wir stehen unter Nadelbäumen und schauen durch die Zweige in die Wolken, die über den unendlichen Geleisen aufbrechen und sich zusammenziehen, von Nord nach Süd kriechen, von Ost nach West, dabei nasse Kesselwaggons zurücklassen und kalte Ströme in den Regenrinnen, und als es vorüber ist, nach einer halben Stunde ungefähr,
     
    10.00
    als der Regen aufhört und ein normaler Sommermorgen beginnt, Sonntag übrigens, kommt ein Invalide aus dem Bahnhof, vielleicht auch bloß ein Alkoholiker, keine Ahnung – offensichtlich einfach ein betrunkener Invalide, in der einen Hand einen kleinen Hocker und in der anderen einen Kasten, den Hocker stellt er einfach auf den Bahnsteig, setzt sich, stellt den Kasten hin, dann klappt er ihn auf und – super, Mann – es ist ein Grammophon, ein echtes altes Grammophon, also ganz wie im Fernsehen, der Invalide holt eine Platte raus, dreht irgendwo, und die Maschine fängt plötzlich an zu spielen, wer hätte das gedacht, zufrieden betrachtet er die Armeeabgänger und die Männer in den orangeroten Westen, aber keiner schnallt, was das für ein Invalide ist und was für ein Grammophon hier auf dem Bahnsteig, da bemerkt uns der Invalide, und ihm geht auf – wenn er hier in diesem Bestiarium von jemandem verstanden wird, dann höchstens von diesen drei müden, nassen, verzweifelten Typen – also uns, er lächelt – los, Jungs, kommt her, laßt uns paradiesischen Melodien für Invaliden und Geistesschwache lauschen, einmalige Gelegenheit, kommt kommt, keine Angst. Wir gehen zu ihm, er lächelt uns weiter an, vielleicht aber auch überhaupt nicht uns, egal, wir jedenfalls sind happy, setzen uns zu ihm und hören seinen rauhen, zerkratzten und kaputten Retro,

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