Der 48-Stunden-Mann (German Edition)
bin schon jetzt das Klischee einer aufdringlichen Schwiegermutter. Ihr habt beide eure Berufe. Aber ich fände es einfach schön, euch in der Nähe zu haben, und Familie wäre hier reichlich vorhanden.“
„Hannah könnte immer bei ihren Brüdern arbeiten“, erwiderte Nick. „Aber ich wüsste nicht, was ich tun sollte.“
Für Hannah war es, als hätte ihr jemand ein Messer in den Leib gerammt. Die Lügen nahmen kein Ende. Natürlich könnte sie umziehen, wenn ein Job für sie frei würde. Aber Nick würde nicht mitkommen. Ihre Ehe war eine Täuschung. Schlimmer noch, er war in kriminelle Aktivitäten verstrickt.
„Du könntest dich als Tagesvater versuchen“, schlug Louise vor. „So wie in dieser Familie die Babys geboren werden, hättest du ein Leben lang alle Hände voll zu tun.“
„Vielleicht. Es gibt aber etwas, das ich schon immer gern tun wollte.“
„Was?“
Er zögerte. Hannah trat noch näher an den Türspalt heran. Nun sah sie Nicks Rücken und einen Teil seines Profils. Louise stand am Spülbecken und war außer Sichtweite.
„Du wirst lachen“, sagte er.
„Werde ich nicht. Das schwöre ich dir.“
„Ich habe mir schon immer so ein kleines Hotel garni gewünscht. Weißt du, eines dieser alten restaurierten Häuser. Ungefähr so wie das hier. Sehr gehobener Stil, sehr komfortabel.“
„Das halte ich für eine wunderbare Idee. Solche Häuser gibt es hier haufenweise. Ich sag dir was, du kümmerst dich um das Hotel, und ich sorge für die Küche. Wir ziehen gemeinsam ein Geschäft auf.“
„Klingt nach einer tollen Idee.“
„Und Hannah kann für Travis arbeiten. Also bitte. Alles bestens geregelt.“
Hannah biss sich auf die Lippe. Was für ein wunderbarer Traum. Wenn er doch nur wahr werden könnte.
„Louise, es gibt etwas, das ich dir über Hannah erzählen muss“, sagte Nick plötzlich sehr ernst.
Hinter der Tür hielt Hannah die Luft an und fragte sich, was er sagen wollte.
„Was ist los? Du klingst so ernst.“
„Das bin ich auch. Hannah ist eine wundervolle Frau. Ich denke, dass du so viel bereits von ihr weißt, aber es gibt noch mehr. Nach außen hin kann sie ganz schön stachlig sein. Wenn sie Angst hat oder sich bedroht fühlt, zieht sie sich zurück und wirkt dann sehr kühl. Gerade wenn sie eine Umarmung dringend brauchen könnte, läuft sie davon.“
„Um nicht das Risiko einzugehen, abgelehnt zu werden“, sagte Louise leise.
„Genau. Es hat damit zu tun, wie sie aufgewachsen ist.
Hannah hat in ihrem Leben nicht allzu viel Liebe erfahren, und sie weiß nicht recht, ob sie daran glauben soll. Das gilt natürlich nur für sie selbst. Bei anderen glaubt sie daran.“
Hannah blinzelte mehrmals, bevor sie merkte, dass sie mit den Tränen kämpfte.
„Sie arbeitet ehrenamtlich im Bezirkskrankenhaus“, fuhr Nick fort. „Zweimal in der Woche geht sie dorthin und hätschelt Babys. Verwaiste Babys. Oder solche, die drogensüchtig zur Welt gekommen sind oder Aids haben. Sie liebt alle, um die sich sonst niemand kümmert.“
Nun strömten ihr die Tränen über die Wangen, aber Hannah war viel zu verblüfft, um sie wegzuwischen. Woher wusste er das?
„Es gibt niemanden, der ein weicheres Herz hat als deine Tochter. Aber sie hat zwischen sich und der Welt eine Mauer errichtet. Die wirst du einreißen müssen. Was auch immer geschieht und egal, wie lange es dauert, du darfst sie nicht aufgeben.“
Hannah hörte das dumpfe Geräusch von Geschirr, das auf dem Boden der Spüle landete. „Verdammt, Nick, jetzt hast du mich zum Weinen gebracht und meine Wimperntusche verläuft.“ Louise schniefte. „Ich weiß, dass sie eine wundervolle Frau ist.“
„Ja, das ist sie. Lass nicht zu, dass sie dich abweist.“
„Warum sagst du mir das alles? Es klingt fast, als würdest du nicht damit rechnen, hier zu sein, wenn es passiert.“
„Ich werde hier sein. Ich wollte nur, dass du die Wahrheit über sie erfährst.“
Hannah trat einen Schritt zurück und beschloss zu verschwinden, bevor die beiden sie beim Lauschen ertappten.
„Ein Glück, dass sie dich hat“, hörte sie Louise noch sagen.
Da drehte Hannah sich auf dem Flur um und verzog sichin die kleine Gästetoilette, die unter der Treppe versteckt war. Ihre Mutter hatte recht. Dass Nick in ihr Leben getreten war, war geradezu ein unsagbares Glück für Hannah.
Sie starrte auf ihr Spiegelbild über dem Becken, während ihr die Tränen über die Wangen rannen. Wie hatte er all das erfahren? Wer hatte ihm
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