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Der Atem der Apokalypse (German Edition)

Der Atem der Apokalypse (German Edition)

Titel: Der Atem der Apokalypse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Pinborough
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Gesicht verhärmt sein und der Hinterkopf fehlen, als hätte man ihm das Gehirn weggeschossen?
    Cass seufzte. Er hatte keine andere Wahl und hob den Blick.
    Unter dem blonden Haarschopf sahen ihn klare blaue Augen an. Christians Geist war vollständig. Cass stand auf und vergaß in diesem Augenblick, in dem die Zeit stehen blieb, seine Müdigkeit. Als sein kleiner Bruder ihn anlächelte, sang sein Herz. Einen Moment lang standen sie sich gegenüber und Cass grinste wie ein Idiot. Dann drehte Christian sich um, stillen Schrittes ging er zum Bett. Cass stellte sich wie sein Spiegelbild auf die andere Seite, bis die Jones-Brüder schweigend auf den Jungen blickten. Er hatte die blasse Haut und die blauen Augen des einen und das dichte dunkle Haar des anderen. Christian beugte sich vor und küsste mit toten Lippen Lukes Wange. Er nahm den Jungen mit einem langen wehmütigen Blick in sich auf und wandte sich Cass zu.
    Dann lächelte er wieder, locker und fröhlich. Cass entdeckte all die Nettigkeit und Güte an seinem Bruder, die er zu seinen Lebzeiten so hartnäckig ignoriert hatte. Er
liebte
Christian, seinen kleinen Bruder, und würde jetzt seinen Sohn in seinem Namen mitlieben, als wäre er sein eigener. Er erwiderte das Lächeln mit hellen brennenden Tränen in den Augen. Auf der anderen Seite des Bettes hob Christian den Arm und zeigte breit lächelnd auf etwas, das Cass nicht direkt deuten konnte. Doch dann sah er das Gold in den toten Augen seines Bruders und gab auf. Er hatte die Wahrheit sein Leben lang geleugnet. Er war vor ihr weggelaufen, was ihm nur Probleme und Kummer eingebracht hatte. Es war an der Zeit, Ja zu sagen zu dem, wer –
was
 – er war.
    »Ich sehe das
Leuchten
auch, Christian«, flüsterte er. »Ich
spüre
es. Ich werde dafür sorgen, dass Luke es auch fühlt.«
    Christian senkte den Arm und nickte, bevor er, ohne sich noch einmal umzusehen, aus dem Zimmer ging. Kurz vor der Tür löste er sich in Nichts auf.
    Cass sah ihm nach. »Auf Wiedersehen, kleiner Bruder«, murmelte er. »Schlaf gut.«
    Als das Kind im Bett etwas Unverständliches sagte, drehte er sich schnell um. Sein Herz klopfte laut.
    »Luke?«
    Mit flatternden Lidern schlug der Junge die Augen auf. Er sah sich benommen um, ehe sein Blick auf Cass fiel. Er sah erschrocken und verwirrt aus. Unschuldig. Und er erkannte Cass nicht.
    »Alles ist gut«, sagte Cass. »Ich bin dein Onkel Cass. Es ist vorbei.«
    Luke hob die Hand und betrachtete sie. »Bin ich wieder normal?«, fragte er mit bebender Stimme. »Ich war so
alt
. Ich war gefangen.« Er sah wieder Cass an. »Bist du wirklich mein Onkel?« Er konnte kaum die Augen offen halten.
    »Ja, das bin ich«, antwortete Cass und strich dem Jungen über die Haare. »Schlaf weiter, Luke. Ab jetzt wird alles gut, du wirst schon sehen.« Zum ersten Mal seit er sich überhaupt erinnern konnte, war Cass rundherum zufrieden. Das war ein schönes Gefühl.
    »Es ist, als wären wir neugeboren. Wiederbelebt sozusagen.«
    Als Cass sich umdrehte, bemerkte er Mr Bright am Fußende. Er lächelte.
    »Die Zirkel haben gute Arbeit geleistet.« Er legte den Kopf schief und sah Luke an. »Als sie bei mir waren, so wie sie vorher bei Mr Dublin waren, habe ich gespürt, dass sie neue Hoffnung schöpfen. Wir wissen jetzt alle, dass es kein Zurück mehr gibt. Das hat uns einen neuen Frieden beschert, würde ich sagen.«
    Cass sah Mr Bright an. Im Laufe des Tages hatten sich gewisse Dinge verschoben, und Cass war selbst verwirrt – müde und verwirrt. Er konnte seine Gefühle gar nicht mehr richtig einordnen. Wo lag die Zukunft – wenn er denn eine hatte? Würden Fletcher und Ramsey nach den Ereignissen in Harwell nach ihm fahnden? Hatte Fletcher verraten, dass er in die Sache verwickelt war? Vielleicht bestand seine Zukunft nur aus einer langen Haftstrafe. Er betrachtete das Kind im Krankenbett. Nein, Gefängnis kam nicht infrage.
    »Ich könnte mir vorstellen, dass du einige Fragen hast«, sagte Mr Bright.
    »O ja.« Cass lachte grimmig. »Ich habe so viele Fragen, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. Wer zum Teufel sind Sie? Das wäre mal ein Anfang.«
    »Nimm den Jungen mit zu Freeman«, sagte Mr Bright. »Luke geht es gut – er wird ein Weilchen schlafen, aber das ist in den nächsten Tagen das Beste, wenn sich alles beruhigt. Wir sehen uns morgen.« Mr Bright musterte den Vorhang. »Ich habe noch etwas zu erledigen. Aber ich komme, das verspreche ich dir.«
    Eine Stunde nachdem Cassius

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