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Der Atem der Apokalypse (German Edition)

Der Atem der Apokalypse (German Edition)

Titel: Der Atem der Apokalypse (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Pinborough
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Herrgott dann wieder hervorkam, merkte
er
zunächst nichts von dem Aufruhr.
Ihm
fiel kaum auf, dass die Jungen erwachsen geworden waren, keine Kinder mehr, sondern Männer waren. Der Architekt hatte schon selbst ein Kind, ein sonderbares kleines Wesen mit einem ausgesprochen trüben Leuchten.
Er
sah diese Dinge schon, beschäftigte sich jedoch nicht mit ihnen.
Er
war mit
seinem
eigenen Werk ausgefüllt.
    Er
hatte neues Leben erschaffen, verkündete
er
. Es war der erste Versuch und das Ergebnis war recht plump, doch sie sollten
seine
Sklaven sein und die Felder vor dem Chaos beackern. Schwungvoll präsentierte
er
sie
seinem
Hofstaat: zwei schwächliche Körper, die weder glänzten noch leuchteten. Während der gründlichen Untersuchung durch die Zirkel wirkten sie schüchtern und verschämt.
    »Ich wollte sie nach
meinem
Abbild schaffen«, sagte
er
und stopfte sich Weintrauben in den Mund.
Er
lachte laut über diesen Witz, denn die lächerlichen Wesen hatten keine Flügel und waren winzig. Die Zirkel stimmten höflich ein, doch niemand lachte so laut wie
er
. »Sind sie nicht einfältig?«, sagte
er
. »Seht nur, diese stumpfen Blicke.«
Er
nickte beifällig. »Dumm. Genau so wollte ich sie haben.«
    Er
ließ sie im Palastgarten leben, wo
er
sie von den Fenstern des Thronsaals aus beobachten konnte, doch
er
langweilte sich rasch. Ihre Körperfunktionen waren abstoßend und sie waren nicht so gefügig, wie er gedacht hatte. Kaum konnten sie sprechen, stellten sie in einem fort Fragen. Außerdem aßen sie alles Obst, das
ihm
gehörte.
    Nach einer Weile konnte
er
sie nicht mehr sehen.
Er
konnte sie nicht zerstören – noch nicht jedenfalls –, weil
er
sich nicht als fehlbar erweisen wollte. Die Erschaffung war ein Erfolg gewesen, doch
er
würde sich in einem zweiten Versuch steigern.
Er
stellte den Forschern die Aufgabe, einen besseren Menschen zu erschaffen, wie
er sein
Experiment benannt hatte. Kurz darauf erklärte
er
alle weiblichen Zirkel zu Bürgern zweiter Klasse. Das machte ihm Spaß.
    Es kam zu Protesten.
    Sie konnten nicht länger ignoriert werden.
    Vater und Sohn zogen in den Krieg. Es war fürchterlich: Die Himmel über allen himmlischen Städten brannten, als die beiden Heere aufeinandertrafen. Der Herrgott flog selbst und obwohl
er
fett geworden war, war
er
noch sehr stark – der Stärkste – und obwohl es auf beiden Seiten zu Opfern kam, würde
er
sich nicht beherrschen lassen.
    Als der Erstgeborene merkte, dass sie verloren, wusste er, dass auch seine Freunde für seine Sünden würden büßen müssen, denn der Vater liebte
seinen
erstgeborenen Sohn, das war
seine
Schwäche.
Er
glaubte, der Erstgeborene wäre von Ehrgeiz und Ungeduld getrieben, Eigenschaften, die
er
besser verstehen konnte als den Wunsch nach Güte und Gerechtigkeit, zumal
er
sich selbst für gütig und gerecht hielt.
    Der Erstgeborene und seine Freunde kämpften noch härter, während die Gefährten fielen, doch sie waren zu jung und zu wenige. Der Herrgott zerschlug den Aufstand mit
seinem
Heer.
    Während sie der Niederlage ins Auge sahen, schmiedeten sie einen Plan: Sie wollten nicht besiegt und gedemütigt dort bleiben, sondern reisen, weit weg, um dort von vorn anzufangen. Sie wollten ihre eigene Kultur aufbauen – der Architekt sollte sie entwerfen. Viele wollten sie begleiten und warteten am Rande des Himmels, während der Erstgeborene ins Paradies zurückkehrte, um mit seinem Vater zu sprechen. Sie waren angewiesen, ohne ihn fortzugehen, falls er nicht wiederkäme. Der Herrgott war zornig.
Er
sagte seinem Sohn, er solle gehen und nie wiederkommen, denn
er
würde sich von ihm lossagen. Der Erstgeborene mache ihm nur Schande und
er
habe schließlich noch einen zweiten Sohn.
Er
brüllte so laut, dass die Palastmauern bebten.
    Als der Erstgeborene still und heimlich durch eine Seitentür verschwand, sah er die Menschen, diese Versager. Sie saßen im Garten unter ihrem geliebten Apfelbaum. Voller Mitleid rief er sie und ihre Kinder zu sich, denn wie es schien, pflanzten sich die Menschen rasch fort. Er wollte sie mitnehmen, dann konnten sie in den Augen ihres Vaters gemeinsam als Versager dastehen.
    Und so reisten sie bis zu den weitesten Ausläufern der himmlischen Sonnen. Sie schufen einen eigenen Weg, die Zirkel, die Frauen und die Menschen, durch die endlosen Acker des Chaos, der sie jenseits davon in die unergründete Hölle führte. Der Erstgeborene war sicher, dass sie dort irgendwo hinter der kalten Dunkelheit ihre

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