Der Atem der Apokalypse (German Edition)
Freund?«, fragte er. »Sie waren so
stark
!«
»Das alte Rüstzeug.« Mr Dublin wollte lächeln und zuckte vor Anstrengung zusammen. »DeVore hat mir die Spiegelungen gezeigt. Daraufhin habe ich eine Datei an alle Zirkel geschickt. Ein Aufruf zum Krieg. Sie haben sich zusammengeschlossen, um durch mich zu kämpfen.« Er seufzte und wandte den Blick von Mr Bright zur Decke. »Es tat gut, es auf die alte Art und Weise zu tun – zu
werden
. Aber noch besser war das Gefühl, dass wir wieder alle vereint waren und zusammengehalten haben.« Jetzt sah er wieder Mr Bright an und sein Lächeln war fröhlich. »Es hat uns alle daran erinnert, warum wir hier sind. Das ist ein schönes Gefühl, Mr Bright.« Als er die schmale Hand hob, nahm Mr Bright sie in seine. »Sie hätten es uns sagen sollen«, sagte Mr Dublin. »Wir hätten Sie unterstützt.«
»Es tut mir leid.« Mr Bright lächelte sanft und drückte Mr Dublins Hand. »Vielleicht hatte ich unsere gemeinsame Ehre vergessen. In letzter Zeit gab es so viel Verrat; wir haben uns verhärmt in uns selbst zurückgezogen, sind mit gefletschten Zähnen aufeinander losgegangen wie Wölfe, statt uns wie Götter zu verhalten, und sind vom rechten Weg abgekommen.
Und jetzt habe ich alle verraten, die zusammengehalten haben. Ich hatte mich so daran gewöhnt, abseits zu stehen.«
»Sie haben uns immer gut gedient, Mr Bright.
Wir
hätten
Ihnen
vertrauen sollen. Aber Ende gut, alles gut.« Er machte eine Pause, um Luft zu holen. »Ich glaube, das hier ist mein Ende. Ein gutes Ende.«
»Warum?« Mr Bright runzelte die Stirn. »Wenn Sie die Zirkel in sich tragen, wie können Sie dann so leiden? Ihre Kraft wird Sie doch gleich heilen, oder nicht?«
Mr Dublin warf einen Blick auf den Jungen. »Sie sind nicht bei mir. Sie unterdrücken den Ersten. Sie halten ihn fest, bis Sie tun, was getan werden muss.«
Cass sah über seine Schulter zum Ersten, der sich in den unsichtbaren Fesseln wand. Die Blutlache war nicht größer geworden und der Streifschuss heilte zusehends.
»Wenn ich sterbe, jage ich das Ding hier in die Luft.« Mr Dublins Stimme wurde schwächer. »Ruhmreicher Abgang, verstehen Sie?«
»Sie werden gut schlafen und die Sterne werden heller scheinen, weil Sie unter ihnen weilen.« Mr Bright beugte sich vor und zog ihm vorsichtig die Kette über den Kopf, an der zwei kleine silberne Speichersticks hingen. »Doch mein Leben«, fügte Mr Bright hinzu, »wird ein wenig düsterer, wenn Sie nicht mehr da sind.«
»Heißt das, wir gehen nicht zurück?«
Cass hatte Jarrod Pretorius beinahe vergessen. Mr Bright stand auf und stellte sich zu seinem Sohn. Er streichelte das Gesicht des jungen Mannes so sanft und zärtlich, wie Cass es ihm nicht zugetraut hatte.
»Nein, wir gehen nicht zurück – keiner von uns.
Das
ist unser Zuhause.« Er beugte sich vor und küsste Pretorius auf beide Wangen. In Mr Brights Augenwinkeln glitzerte es silbern. »Du hast mir gefehlt, mein Sohn.« Dann drehte er Pretorius so rasch den Hals um, dass Cass es erst begriff, als er das widerliche Knacken hörte und die Leiche schlaff auf den Boden sank.
»Nein!« Gabbi ließ den alten Mann liegen und brach neben Pretorius zusammen. »Neineinneinneinneinnein …«, murmelte sie. Cass merkte auf einmal, dass ihr herrliches Haar nicht mehr glänzte und das rote Feuer nicht mehr loderte. Ihre Fingernägel bluteten, sie wurde rasch schwächer.
»Warum?«, fragte Cass.
Mr Bright starrte auf seinen toten Sohn und das weinende Mädchen.
»Für das Allgemeinwohl«, sagte er leise, aber Cass hörte den Kummer in seiner Stimme. »Mein Sohn wusste, wie man die Gänge öffnet. Er hat die Schlüssel auf diese Geräte übertragen, doch er hatte es jahrhundertelang im Kopf. Er war ein
idiot savant
«, sagte er mit einem Anflug von Stolz. »Ein Genie.« Er seufzte. »Doch die Gänge müssen für immer verschlossen bleiben. Wir können es nicht riskieren, sie zu öffnen.«
Zum ersten Mal fand Cass, dass Mr Bright alt aussah. Schatten legten sich auf sein Gesicht und betonten die Furchen und Falten. Als es silbern aus seinen Augen rann, hätte Cass beinahe seinetwegen geweint. Das Gefühl war wie ein Schlag ins Gesicht. Er hasste Mr Bright nicht mehr. Der Hass war verschwunden, er hatte sich in Nichts aufgelöst, wie ein Windhauch.
Sie waren verwandt, wahrscheinlich enger als seine eigentliche Familie mit ihm verwandt gewesen war. Er hatte es in dem Ansturm des Leuchtens gemerkt, als die Zirkel durch Mr Dublin
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