Der Autor und sein Werk
Beherrschung des Ichs und sie einkleidet mit einem – zugegeben – von Tag zu Tag neu zudiktierten Fleiß.
Ein Buch schreiben, das ist nicht nur Idee und Handlung (ich rede vom Roman, etwas anderes habe ich kaum geschrieben), es ist auch das Studium der Materie. Das ist die stille Zeit vor dem Schreiben, die Zeit, in der die Nachbarn sagen: Der hat's gut. Läuft herum und verdient trotzdem genug! Es gibt Bücher, bei denen ich zwei Jahre intensiv die Problemstellung des Themas studiert habe: bei dem Roman über die Krebstherapien oder dem Roman über die Psychiatrie, dem Roman der plastischen Chirurgie, des Alkoholismus, der Herzchirurgie. Und es gibt Romane, die beschäftigen einen in der Stille über Jahre hinweg, bauen sich auf aus Erinnerung und Wunsch, Liebe zu einer Sache und Kritik an Erstaunlichem – wie die Rußland-Romane! Und es gibt die unmittelbaren Erlebnisse, die den Autor drängen, in eine literarische Form gebracht zu werden – wie der Israelkrieg oder die Entführung eines Flugzeuges. Alles, was Leben heißt, ist der ungeheure, nie versiegende Brunnen, aus dem ein Autor schöpft. Wie in der Musik alles ein Ton, ein Takt, eine Melodie wird, so wird bei einem Autor alles zu einem Wort, einem Satz, einer Aussage.
Das ist wunderbar. Spielt es eine Rolle, ob man wie in einem Rausch schreibt (das romantische Bild des alles vergessenden Künstlers) oder ob man um jedes Wort, jeden Satz ringt und Seite um Seite aus sich herausklopfen muß wie ein Bildhauer die Form aus einem Granitblock? Wichtig ist nur, was nach Wochen (oder Jahren) der Mühe auf dem Tisch liegt und hofft, dem Leser zu gefallen. Denn der Leser ist der Vertraute des Autors. Ihm offenbart er im Wort vieles, worüber er sonst nicht reden würde.
Mein neues Buch: ›Die Verdammten der Taiga‹. Ich habe darüber nichts zu sagen. Was ich sagen wollte, steht in dem Buch. Der eine versteht es, der andere nicht. Es ist wunderbar ausgedacht, wie Gott die Menschen geschaffen hat, denn wären wir alle gleich, gäbe es keine Schriftsteller mehr, die von den verschiedenen Menschen erzählen könnten.
Warum ich schreibe? Sagen wir es ganz simpel: Weil es mich glücklich macht, von Mensch zu Mensch zu sprechen.
Buchreport, 29.11.74
RUDOLF RIEDLER
Gespräch mit dem Autor: Heinz G. Konsalik
Riedler: Herr Konsalik, Ihre Bücher werden verkauft wie Markenartikel. Schon rein optisch ist diese Absicht erkennbar: Der Titel eines Buches ist fast nebensächlich, der Vorname des Autors entfällt zuweilen ganz – wichtig ist da nur noch diese Marke Konsalik, in manchmal bis zu zehn Zentimetern hohen Buchstaben auf den Buchdeckel gedruckt. Ein ganz bewußtes › marketing ‹ also und doch wohl für einen Schriftsteller ein etwas ungewöhnliches Verfahren. Wie ist es dazu gekommen?
Konsalik: Es mag dazu gekommen sein, daß der Leser den Namen Konsalik durch diese vielen Veröffentlichungen in Illustrierten und auch als Bücher und Taschenbücher im Gedächtnis behalten hat. Der Leser sagt: Ich möchte ein Buch von Konsalik haben. Und das haben die Verlage aufgenommen, und zwar nicht nur in Deutschland. Überall steht jetzt nur noch Konsalik, und das genügt.
R.: Dabei ist dieser Markenname Konsalik gar nicht der Name, der auf Ihrem Geburtsschein steht. Woher haben Sie ihn?
K.: Meine Mutter ist eine geborene Konsalik. Ich selbst heiße amtlich: Heinz Günther, Günther als Nachname. Die Günthers entstammen einem alten sächsischen Rittergeschlecht, der Reichsfreiherren von Günther zu Augustusburg. Die Augustusburg im Erzgebirge ist unser Stammsitz. Nun gibt es als Günther schon eine Reihe Schriftsteller, und da hab ich mir gesagt: Nimmst du den Mädchennamen deiner Mutter und baust ihn auf als Schriftstellername. Der Name Konsalik kommt, wenn man ihn zurück verfolgt, aus dem Bulgarischen.
R.: Sie selbst aber, Herr Konsalik, sind im Rheinland geboren …
K.: … in Köln.
R.: Vor nunmehr wieviel Jahren?
K.: Ich bin Jahrgang 21, also vor 54 Jahren.
R.: Sie sind im Rheinland geboren, sind hier aufgewachsen, zur Schule gegangen. In der Konsalik-Biographie, die von einem Ihrer Verlage verbreitet wird, lese ich: Schon mit zehn Jahren schrieb er seinen ersten Roman, in diesem Alter natürlich über einen Indianerstamm; mit Vierzehn eine Novelle, mit Siebzehn ein griechisches Drama, mit Achtzehn eine Komödie, mit Zweiundzwanzig ein tragisches Schauspiel, dessen Uraufführung der Krieg verhinderte; seinen ersten Abdruck in der Presse erlebte er mit
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