Der Autor und sein Werk
Rußland sind, ob sie noch leben, weiß keiner … Für den Russen sind das keine Kriegsgefangenen mehr, sondern verurteilte Schwerverbrecher; Schwerverbrecher wurde man in Rußland, wenn man als Soldat an irgendeiner Kreuzung stand und regelte den Verkehr zum Aufmarsch der Panzer oder zum Aufmarsch der Truppen. Dann hieß es: Er hat mitgeholfen, Rußland zu überfallen. Das galt bereits als Delikt. Man wurde zu lebenslänglich verurteilt. Und bei der Entlassungsaktion damals wurden diese Fälle nicht entlassen, sondern wurden als Verbrecher zurückgehalten.
Das hab ich in einem Buch geschrieben … Dann mein Buch ›Bluthochzeit in Prag‹, der Einmarsch der Russen in Prag, hat den Russen sehr weh getan. Ich habe Artikel liegen von der ›Prawda‹ hier, die alles andere als freundlich sind.
R.: Herr Konsalik, ob in Rom oder in Reit im Winkl, ob in Nairobi oder in Neuburg an der Donau, es gibt kaum einen Flughafenkiosk oder eine Bahnhofsbuchhandlung, wo nicht eines der Bücher, Marke Konsalik, zu finden wäre … Welche würden Sie als Ihre erfolgreichsten Titel bezeichnen?
K.: Also der erfolgreichste ist mit weitem Abstand immer noch ›Der Arzt von Stalingrad‹, der jetzt allein eine Auflage von fast zweieinhalb Millionen hat. Dann kommt ›Liebesnächte in der Taiga‹, dann ›Die russische Sinfonie‹, dann kommt eine ganze Reihe von Büchern, die sehr erfolgreich laufen. Das sind etwa ›Heiß wie der Steppenwind‹, ›Liebe am Don‹, ›Die Verdammten der Taiga‹, ›Engel der Vergessenen‹, ein Roman über eine Lepra-Kolonie in Hinterindien.
Ich sage es ungern von mir aus als Autor; aber man hat es in der Presse geschrieben oder auch sonst, daß an und für sich in den letzten 15 Jahren jeder Konsalik-Roman ein Bestseller geworden ist.
R.: Die Frage, ›Wie lebt es sich mit dem Erfolg?‹ erübrigt sich in Ihrem Fall, es lebt sich offensichtlich gut. Sie haben dieses sehr schöne Haus hier auf den Hügeln am Rhein – was heißt Haus: es sind drei Häuser … Sie haben in Spanien ein Haus …
K.: … genauer gesagt: auf Teneriffa.
R.: Und alles das mit diesen Ihren Händen erschrieben – wobei ich nicht sagen will, daß nicht der Kopf auch eine Rolle dabei spielt, und, naja, vielleicht auch das Herz?
K.: Auch, aber das Wichtigste in unserem Beruf ist ein ungeheurer Fleiß und eine noch größere Selbstdisziplin.
R.: Nun, es ist ja ganz offenkundig, Herr Konsalik, daß nicht jede schriftstellerische Arbeit, nicht die Arbeit jedes Schriftstellers solchen Ertrag, ich meine materiellen Ertrag abwirft. Es gibt Autoren, die können von ihrer Arbeit nicht leben. Und da ist ja immer wieder die Diskussion im Gange: Inwieweit ist eine Gesellschaft dazu verpflichtet, dem Schriftsteller, dem Künstler überhaupt, die Existenz zu sichern? Wie stehen Sie dazu?
K.: Ja, also das ist eine sehr diffizile Frage. Man hat festgestellt, Statistik, daß das Durchschnittseinkommen eines deutschen Schriftstellers bei monatlich 800 Mark liegt. Bei irgendeiner Diskussion, ich weiß nicht, ob es im Fernsehen war oder im Funk oder auf irgendeiner Tagung, wurde auch ein Kollege vor mir gefragt: Können Sie von Ihrer schriftstellerischen Arbeit leben?
Und der Kollege – ich nenne den Namen nicht, er hat in Deutschland einen bekannten Namen – der Kollege sagte: Nein, das kann ich nicht; wenn ich nicht rumreisen würde, Vorträge halten, aus meinen Büchern lesen und hätte auch sonst andere Arbeiten angenommen, könnte ich von meinen Büchern hier in Deutschland nicht leben. Daraufhin wurde der Kollege gefragt: Wie viele Bücher haben Sie denn geschrieben? Er sagte: In den letzten fünf Jahren zwei Bücher … Ja, da kann ich nur sagen: Wenn der Kollege in den letzten fünf Jahren zwei Bücher geschrieben hat, dann kann ich verstehen, daß er nicht davon leben kann. Dann müßte man in fünf Jahren eben mehr schreiben als zwei Bücher.
R.: Sind Sie der Meinung, Herr Konsalik, Schriftsteller sollten sich solidarisieren, organisieren in Verbänden oder gewerkschaftlich, um ihre Ziele, solche Ziele durchzusetzen? Oder sehen Sie die Sache eher individualistisch: Jeder auf eigene Rechnung und Gefahr?
K.: Also, ich bin in keinem Verband. Ich bin nicht im Deutschen Schriftstellerverband; ich bin nicht im Autorenverband, ich bin in keiner Gewerkschaft. Ich bin im wahrsten Sinne des Wortes ein freier Schriftsteller. Ich möchte fast sagen: Ich habe einen geradezu pathologischen Freiheitsdrang. Der letzte Befehl oder das letzte
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