Der Ball von Sceaux (German Edition)
feierliche Versprechen geben, in Zukunft zurückhaltender, sanfter, weniger eigensinnig und sparsamer zu sein, vor allem aber, daß sie ihm alles sagen würde. Dieser Vertrag wurde geschlossen und mit einem Kusse besiegelt, den er auf Emiliens weiße Stirn drückte; dann nahm er sie in einen Winkel des Zimmers mit sich, setzte sie auf seine Knie, nahm die Karte zwischen zwei Finger, um sie zu verdecken, enthüllte Buchstabe für Buchstabe den Namen Longueville und weigerte sich hartnäckig, sie mehr sehen zu lassen. Dieser Vorgang erhöhte noch Fräulein von Fontaines heimliches Sehnen, die einen großen Teil der Nacht in den herrlichsten Traumbildern, wie sie ihrer Einbildungskraft vorgeschwebt hatten, schwelgte. Dank diesem Vorfall, den sie so oft herbeigesehnt hatte, konnte Emilie jetzt etwas ganz anderes als eine Chimäre als Quelle all der vorgestellten Reichtümer ansehen, mit denen sie ihr künftiges Eheleben ausgeschmückt hatte. Wie alle jungen Personen, die die Gefahren der Liebe und Ehe nicht kennen, schwärmte sie für die trügerischen Äußerlichkeiten der Ehe und der Liebe. Und so keimte in ihr ein Gefühl auf, wie fast alle solche launenhaften Gefühle im jugendlichen Alter entstehen, diese süßen und doch so bitteren Irrtümer, die einen so unheilvollen Einfluß auf die Existenz junger Mädchen ausüben, die so unerfahren sind, daß sie die Sorge für ihr zukünftiges Glück allein auf sich nehmen. Am andern Morgen, während Emilie noch schlief, begab sich ihr Onkel eiligst nach Chevreuse. Hier fand er auf dem Hofe einer eleganten Villa den jungen Mann vor, den er am Abend vorher so rücksichtslos beleidigt hatte; mit der liebenswürdigen Höflichkeit der alten Herren am früheren Hofe ging er auf ihn zu.
»Mein verehrter Herr, wer hätte gedacht, daß ich im Alter von dreiundsiebzig Jahren noch in eine Affäre mit dem Sohne oder dem Enkel eines meiner besten Freunde verwickelt werden könnte! Ich bin Vizeadmiral, mein Herr. Das darf wohl heißen, daß mich ein Duell so wenig bekümmert wie das Rauchen einer Zigarre. Zu meiner Zeit konnten zwei junge Leute erst intime Freunde werden, nachdem sie die Farbe ihres Blutes gesehen hatten. Aber gestern, beim heiligen Kreuz, hatte ich etwas zu viel Rum geladen und bin an Ihnen gekentert. Merken Sie sich: ich würde mich lieber hundert Zurechtweisungen von seiten eines Longueville aussetzen, als seiner Familie den geringsten Kummer bereiten.«
Wie kühl sich auch der junge Mann gegen den Grafen Kergarouet zu benehmen suchte, lange konnte er doch nicht der freimütigen Herzlichkeit seines Gegners widerstehen und ließ sich von ihm die Hand drücken.
»Sie wollten ausreiten,« sagte der Graf, »lassen Sie sich nicht stören. Wenn Sie aber nichts anderes vorhaben, dann begleiten Sie mich, ich lade Sie heute zum Essen in die Villa Planat ein. Mein Neffe, der Graf von Fontaine, ist ein Mann, den Sie kennenlernen müssen. Potz Wetter, ich habe die Absicht, Sie zur Entschädigung für meine Grobheit fünf der hübschesten Frauen von Paris vorzustellen. Ha, ha, junger Mann, Ihre Stirn glättet sich. Ich liebe die Jugend und freue mich, wenn ich sie glücklich sehe. Das ruft mir die schönen Jahre meiner Jugend zurück, der weder Abenteuer noch Duelle gefehlt haben. Wie war man damals lustig! Heute seid ihr Klugredner geworden, man sorgt sich um alles, als ob es niemals ein fünfzehntes und sechzehntes Jahrhundert gegeben hätte.«
»Aber, verehrter Herr, haben wir nicht recht damit? Das sechzehnte Jahrhundert hat Europa die Religionsfreiheit geschenkt, das neunzehnte wird ihm die politische Frei...«
»Ach, reden wir nicht von Politik. Ich bin ein hartgesottener Reaktionär, wissen Sie. Aber ich hindere die jungen Leute nicht, Revolutionäre zu sein, wenn sie nur dem König gestatten, ihre Aufläufe zu zerstreuen.« Einige Schritte weiter, als der Graf und sein junger Begleiter mitten im Gehölz waren, sah der Seemann eine junge, ziemlich schlanke Birke, hielt sein Pferd an, zog eine seiner Pistolen heraus und schoß auf fünfzehn Schritt Entfernung eine Kugel mitten in den Baum.
»Sie sehen, mein Lieber, ich brauche ein Duell nicht zu scheuen,« sagte er mit komischer Würde und sah Herrn Longueville an.
»Ich auch nicht,« erwiderte dieser, zog schnell seine Pistole, zielte auf das Loch, das die Kugel des Grafen gemacht hatte, und plazierte die seinige dicht daneben.
»Das nenne ich einen wohlerzogenen jungen Mann,« rief der Seemann mit einer gewissen
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