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Der beschriebene Taennling

Der beschriebene Taennling

Titel: Der beschriebene Taennling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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daneben. Das Winterholz, welches aus lauter dünnen Stäben bestand, die sich die Frau im Walde gesammelt hatte, war um das Häuschen aufgeschlichtet, so daß nur die Fenster durch kleine Oeffnungen heraus schauten, und das Dach auf dem Holze aufzuliegen schien. Wenn sehr schönes Wetter herrschte, ging sie gerne mit ihrer Ziege an den Zäunen gegen den Kramwiesbach hinaus, und ließ sie die verschiedenen Blätter von den Gesträuchen des Zaunes fressen, oder sie war häufig auf dem Kreuzberge, wo sie zwischen den Steinen und den Wachholdergesträuchen die schlechten Blätter ausraufte, oder die blauen Beeren in ihre Schürze sammelte. Manchmal kniete sie auch an dem rothen Kreuze und betete, oder sie saß auf den flachen Steinen vor demselben, und die Ziege stand vor ihr.
    Diese Frau hatte ein Kind. Das Kind war ein Mädchen, und war so außerordentlich schön, daß man sich kaum etwas Schöneres auf Erden zu denken vermag. Aber wenige Menschen bekamen das Kind zu sehen; denn es war immer in dem Stübchen, und wenn die Frau auf längere Zeit fortging, sperrte sie dasselbe ein. Sie nährte es von der Milch der Ziege, von dem Mehle, das ihr der Schwarzmüller oder andere gaben, und von manchem Haupte Kohl oder Gemüse, das ihr die Leute auf Rainen oder auf Aekern auszusezen erlaubten.
    Als das Kind größer geworden war, erschien es wohl auch bei den Spielen der Kinder auf dem Plaze zu Pichlern, allein es stand nur immer da, und sah zu, entweder weil es nicht mitspielen durfte, oder weil es nicht mitspielen wollte. Gegen Abend ging es allein unter den Föhrenstämmen herum, oder es ging in das weiße Häuschen zurük.
    In Oberplan herrscht der Glaube, daß dasjenige, um was man die schmerzhafte Mutter Gottes zum guten Wasser am ersten Beichttage inbrünstig und aufrichtig bittet, in Erfüllung gehen werde. Der erste Beichttag der Kinder ist aber immer vor Ostern, dem wichtigsten Feste des ganzen Jahres. So wichtig ist das Fest, daß die Sonne an demselben nicht wie an jedem anderen Tage langsam aufgeht, sondern in drei freudenreichen Sprüngen über die Berge empor hüpft. An diesem Feste bekommen die Leute schöne Kleider, die frischen Fahnen und Kirchenbehänge werden ausgelegt, und die Natur feiert die Ankunft des Frühlings. Damit nun auch die Kinder so rein seien, wie die Kleider, die Kirchenfahnen und der Frühling, müssen diejenigen, welche zum ersten Male zur Beichte gehen, dieses vor dem Ostersonntage thun. Viele Wochen vorher werden sie schon unterrichtet, und die Vorbereiteten ausgelesen. Wenn der Tag angebrochen ist, werden die Erwählten gewaschen, schön angezogen, und von ihren Eltern zur Thür des Pfarrhofes geführt. Wenn der Pfarrer öffnet, dürfen die Kinder eintreten, und die Eltern gehen wieder nach Hause. In dem Innern des Pfarrhofes werden sie geordnet, und da stehen sie mäuschenstille, und jedes hat einen Zettel in der Hand, auf welchem Name und Alter steht. Wenn an einem die heilige Handlung vorüber ist, geht es zerknirscht und demüthig in den Hintergrund. Wenn Alle fertig sind, wird gebetet, es wird eine Anrede gehalten, und dann dürfen sie zu ihren Eltern nach Hause zurükkehren. Zum Tische des Herrn dürfen sie nach der ersten Beichte noch nicht gehen, weil dazu eine sehr große Würdigkeit gehört, die sie nur den Eltern und erwachsenen Leuten zuschreiben. Nach dem Essen gehen sie, wenn es schön ist, auf den Kreuzberg. Wie sie bei der Beichte allein waren, so dürfen nun auch schon andere Menschen mitgehen, meistens Eltern und Verwandte. Besonders gesellen sich gerne alte Mütterlein hinzu, die ebenfalls gepuzt neben den Kindern gehen, sie zur Andacht ermahnen und ihnen heilige Geschichten erzählen. Man betet in dem Kirchlein, man geht auf dem Berge herum, und gegen Abend begeben sie sich wieder nach Hause. So kann dieser Tag, der der merkwürdigste ihres Lebens ist, nach und nach ausklingen, und es können sich wieder die andern gewöhnlichen anschließen.
    Einen solchen ersten Beichttag hatte auch Hanna, das Kind des Weibes in dem weißen Häuschen. Das Mädchen war vorbereitet und würdig befunden worden. Am Morgen führte es die Mutter auf dem ebenen Wege, der von Pichlern nach Oberplan geht, hinüber. Viele andere Menschen hatten ihre Kinder auch dahin geführt. Unter der dichten gepuzten Schaar, die sich vor dem Pfarrhause versammelt hatte, stand nun auch Hanna, und aus dem groben Kleide sah das feine Angesichtchen und die blauen Aederchen heraus. Allen Mädchen waren ihre

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