Der Blutkönig: Roman (German Edition)
derartige Säuberungen erleben«, sagte Rafe vorsichtig. »Aber wir sollten uns erst anhören, was Prinz Drayke uns anzubieten gedenkt.« Rafe wandte seine Aufmerksamkeit wieder Tris zu. »Vergebt mir, wenn ich das Offensichtliche feststelle, aber Eure Sache – wie ehrenvoll sie auch immer sein mag – scheint nicht sehr aussichtsreich zu sein. Was bietet Ihr an, um das Risiko unserer Unterstützung auszugleichen, solltet Ihr versagen?«
»Wenn ich versage, dann bin ich nicht in der Lage, Euch irgendetwas anzubieten, weil ich dann Futter für den Obsidiankönig bin«, antwortete Tris prompt und ein düsteres Lächeln ließ seine Mundwinkel zucken. »Ich weiß, dass meine Herausforderung an Jared – und an Arontalas Macht – nicht gerade erfolgversprechend aussieht. Aber es gibt sonst niemanden, der ihn herausfordern kann, keinen, der rechtmäßig den Thron einnehmen könnte, und niemanden mit der Macht eines Seelenrufers, der Arontala und den Obsidiankönig fordern könnte. Ich bin die einzige Chance, die Ihr habt.« Tris hoffte, dass er so kühl und selbstsicher wirkte, wie Vahanian, wenn er um hohe Einsätze spielte und dabei bluffte.
»Ich frage nicht nach massenhafter Hilfe. Ich bitte nur darum, dass der Rat erlaubt, dass die Vayash Moru von Margolan – jeder für sich – ihren Herzen folgen dürfen. Lasst sie gegen Jared und seine Gefolgsleute antreten, ohne die Gefahr, dass sie sich vor Euch verantworten müssen. Lasst sie sich und die ihren verteidigen.«
»Ein Sterblicher bittet uns, die Rache unserer Art an Sterblichen zu vollziehen?«, fragte Rafe und sah Tris aufmerksam an. »Ist es das, was Ihr wirklich wollt? Glaubt Ihr, Ihr könnt diese Macht aufhalten, wenn sie einmal entfesselt ist?«
»Ich weiß es nicht. Aber so wie es aussieht, wird das Abkommen eines Tages sowieso zerschmettert. Die Vayash Moru werden Rache an allen Sterblichen üben, den unschuldigen und den schuldigen und das Blutvergießen wird nicht an Margolans Grenzen enden. Eine Vergeltung wird der anderen folgen. Ihr werdet sehen, dass Euer kostbarer Waffenstillstand sich auflöst und alle Hoffnung auf Frieden mit ihm. Und hinter all dem wird der Obsidiankönig stecken und feist werden vor lauter Blut, und seine Macht wird sich in einem unsterblichen Körper ausdehnen. Und niemand wird ihn aufhalten können – vielleicht für Generationen nicht.«
»Ich habe meine Wahl bereits getroffen«, sagte Gabriel und stand von seinem Stuhl auf. »Ich bin entschlossen, Martris Drayke auf dem Thron Margolans zu sehen oder bei dem Versuch zu sterben.«
Mikhail trat vor. »Ich werde das ebenso tun«, sagte er und hob das Gesicht, um den starren Blick des Rates zu erwidern. »Vor zweihundert Jahren habe ich König Hotten gedient. Jetzt brauchen mein Königreich und mein Volk meine Dienste erneut. Ich stehe Lord Gabriel und Prinz Drayke bei.«
Rafe sah die drei Männer für einen Moment schweigend an. »Erkennt Ihr, dass Ihr dem Abkommen trotzt? Und dass die Strafe dafür die Vernichtung ist?«
Gabriel erwiderte den Blick. »Wir sind in den Ratskammern, innerhalb der Grenzen meines Landes und umgeben von meiner Brut. Weder du noch der Rat können hier etwas gegen uns unternehmen. Das zu tun, würde Vergeltung auslösen, sowohl von meiner Familie als auch vom König von Fahnlehen. Wie auch immer, das Abkommen endet hier. Prinz Drayke hat die Wahrheit gesagt. Der einzige Weg, unsere Freiheit, offen unter den Sterblichen zu wandeln, zu wahren, besteht darin, Martris Drayke zu unterstützen; und der Dunklen Lady zu vertrauen, dass sie diesem Unternehmen Ihren Segen erteilt.«
Rafe stand auf. »Der Rat wird sich zurückziehen, um zu beraten. Lord Gabriel, Ihr werdet uns begleiten«, sagte er. Mikhail stellte sich neben Tris. Der Rat verließ den Raum, ihre Sekundanten blieben zurück. Tris war unglaublich dankbar für Mikhails Gesellschaft.
»Also ist es wirklich wahr, was man sagt – Ihr könnt mit den Geistern reden?«, fragte die blonde Frau, die hinter Riqua gestanden hatte. »Ich bin Elana.« Sie streckte ihm eine feinknochige und eiskalte Hand zur Begrüßung hin.
»Ja, das ist wahr«, erwiderte Tris, völlig überrascht von dem Gegensatz zwischen der formellen Ratsversammlung gerade und diesem Small-Talk.
»Ich erinnere mich an Bava K’aa«, meinte Rafes Zweiter. Er sah aus wie ein Gelehrter oder Priester, mit Augen, die von zu viel Lesen in schlechtem Licht müde waren. Tris vermutete, dass der junge Mann sogar im Leben blass von zu
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