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Der Dschunken Doktor

Der Dschunken Doktor

Titel: Der Dschunken Doktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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erwiderte kühl: »Die Täterin ist keine Dirne oder – wie man so schön sagt – keine ›Escort for all Entertaining‹. Sie ist nichts!«
    »Wie bitte?« Der Stellvertreter des Gouverneurs beugte sich vor. »Was heißt das?«
    »Sie ist unbekannt und wird unbekannt bleiben. Sie hat keinen Namen …«
    »Das gibt es nicht!«
    »… sie hat keinen Wohnsitz, kein Zimmer, keine Verwandten. Niemand vermißt sie, sie ist ein lebendes Nichts!«
    »Unmöglich.«
    »Sie werden sie gleich sehen, meine Herren. Sie wartet im Nebenraum. Noch steht sie, geht aufrecht, sieht Sie an, lächelt Ihnen zu, hört Sie … noch! Wir haben noch keine gesicherte Erkenntnis darüber, wann sich das ändert. Einmal waren es sechs Stunden, dann drei Tage, dann ein Tag, dann wieder nur drei Stunden … es gibt da kein System …«
    »Was … was wollen Sie damit sagen, Ting?!« rief der Chef der politischen Polizei erregt.
    »Der heutige Mord ist der fünfte, der genauso ablief wie die vier vor ihm. Immer waren die Mörder Frauen, unbekannt, hübsch, ein wunderschönes Nichts … Sie starben alle nach Ablauf bestimmter Zeiten – wie ich schon andeutete – an einer unbekannten, fürchterlichen Krankheit: Ihre Leber zersetzte sich, wurde ein jauchiger Klumpen! Ich habe die Sezierberichte mitgebracht und werde Ihnen später daraus vorlesen. Der Verfall beginnt mit einer Hirnparalyse … die Kranken fallen in ein Koma, bis der Tod sie erlöst. Am längsten hielt es Mörderin Nummer drei aus: Sie lag fast vier Wochen im Koma, bis sich ihre Leber aufgelöst hatte. Die Ärzte im Kwong Wah Hospital unter Leitung von Dr. Wang An-tse haben alles versucht, was nach letzten Erkenntnissen möglich war. Umsonst! Da man die Krankheit nicht kennt, hat man auch kein Gegenmittel.«
    Kommissar Ting holte tief Luft. Es war lautlos im stickigen Zimmer. In jedem der Männer kreisten schreckliche Gedanken, die sich zu apokalyptischen Vorstellungen einer alles zerstörenden Volksseuche verdichteten. »Bei der heutigen Mörderin zeigen sich die gleichen Symptome wie bei den Vorgängerinnen. Sie handelte wie ein Computer, dem man eingespeichert hat: Du mußt Mr. Reginald M. Rogers töten. Geh hin, er ißt im Juno Revolving Restaurant, Kowloon, 655 Nathan Road.«
    »Ein Mord in Hypnose … davon habe ich schon mal gelesen!« sagte der Stellvertreter des Gouverneurs mit belegter Stimme.
    »Das hier ist keine Hypnose, Sir.« Kommissar Ting hob seine Stimme. »Ich habe den furchtbaren Verdacht, daß hier durch irgendwelche Manipulationen eine neue Krankheit erzeugt wird, die einerseits willenlos macht und andererseits den Kranken mit hundertprozentiger Sicherheit vernichtet. Es gibt ja keine Heilungschancen! Diese ›erzeugte‹ Krankheit im Großeinsatz … ich überlasse die Auswirkungen Ihrer Phantasie, meine Herren. Die Wirklichkeit kann noch schlimmer sein …«
    »Das … das ist mir zu utopisch«, sagte der Chef der politischen Polizei wie mit verrosteter Stimme. »Das ist undenkbar!«
    »Undenkbar war vor lächerlichen 70 Jahren auch, daß man Atome spalten und damit die Erde vernichten kann. Mit einem Schlag. Undenkbar ist vieles, aber manches davon – das haben wir Kinder unserer Zeit gelernt – ist auch machbar. Ich kann Ihnen fünf unglaubliche, undenkbare Fälle präsentieren …«
    »Sie nehmen also an, Kommissar Ting«, meinte einer der Parlamentsabgeordneten und hüstelte dabei nervös, »daß jemand in der Lage ist, eine Krankheit künstlich zu erzeugen, die zu Verbrechen aller Art führt; und der Kranke handelt, ohne daß er sich dessen bewußt ist. Gleichzeitig bleibt er unrettbar dem Tod verfallen. Habe ich das richtig umrissen?«
    »Alles deutet darauf hin, daß es sich genauso verhält«, antwortete Ting Tse-tung vorsichtig. Er ging zu der Tür zum Nebenraum, öffnete sie und trat zur Seite.
    Langsam, wie ein wandelnder Geist, trat die unbekannte Schöne ein. Im Zimmer war es so still wie in einem Grab … die Augen der Männer, obwohl von asiatischer Schönheit längst verwöhnt, weiteten sich ein wenig bei diesem zauberhaften Anblick. Die Dame durchquerte an der Seite Tings das Zimmer von einer Wand zur anderen, stumm lächelnd, hoheitsvoll schreitend – und doch hatte man den Eindruck, hier bewege sich ein Automat über den Boden. Erst als sie das Zimmer verlassen hatte und die Tür wieder zuklappte – der Laut ließ alle im Raum zusammenfahren, als habe es eine Explosion gegeben –, hörte man das tiefe Seufzen des

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