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Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition)

Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition)

Titel: Der Duft der Pfirsichblüte: Eine Australien-Saga (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Trodler
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streng verboten war.
     
    Die anderen hatten alles mit angesehen.
    »Hat er’s dir noch besorgen können?«, fragte Carrie Farlowe und entblößte ihre hübschen Mausezähne beim Lachen. »War genug Zeit dafür? Man kann es schnell tun –«
    »Der will nicht warten, Mädchen.« Auch die alte Jenny grinste. »Das nächste Mal solltest du zugreifen –«
    »Groß genug ist es ja.« Carrie lachte. »Du musst wirklich mal richtig hingucken.«
    »Sie haben recht, Penny, wer weiß, wann wieder einer was von dir will. Schöner werden wir Mädels hier nämlich nicht.« Thelma, die einst in einer Färberei gearbeitet hatte, wählte stets offene Worte.
    Penelope schwieg. Sie wusste doch nur, wie der Ire hieß. Heiraten – wie konnte sie so einen heiraten? Waren lüsterne Blicke etwa ein Grund zum Heiraten? Seine Blicke verfolgten sie durch den Tag mit all seiner Düsternis bis zu ihrem Schlafplatz unter Deck, und dort wiegte sie sich in einen unruhigen Halbschlaf, aus dem sie immer wieder hochschreckte, seit man sie auf diesem Kahn der Hoffnungslosigkeit eingesperrt hatte. Die Gedanken an den Iren nahmen den Platz ein, den sie ihrem Vater vorbehalten hatte – jenem Mann, der nur in ihrer Vorstellung existierte …Ihre Träume wurden lebhaft, zunehmend körperlicher, morgens fand sie sich schweißgebadet unter der Decke wieder. Mary schaute ihr prüfend ins Gesicht, fasste nach ihrer Stirn.
    »Deine Tochter hat kein Fieber.« Jenny lachte. »Die hat höchstens das Fieber einer läufigen Hündin.« Carrie und Thelma hinter ihr wieherten vor Lachen. »Die wird sofort abkühlen, wenn ihr einer zwischen die Beine geht –«
    Mary ließ ihren Blick langsam von einer zur anderen wandern. Die Bemerkungen verstummten, zu sehr fürchteten sie die Macht der Hebamme. Sie kniff ihre Tochter in die Wange, bis Penelope vor Schmerzen Luft zwischen den Zähnen einsog.
    »Nimm … dich … in Acht«, knurrte sie.
     
    Gefangenentransporte in die Kolonien verließen aus Kostengründen nur zweimal im Jahr die englischen Häfen, und für manchen Gefangenen betrug die Wartezeit auf einen Transportplatz Jahre. Es gab kein Recht, ihn einzuklagen, denn vor dem englischen Gesetz waren die Verbannten tot.
    Manchmal kamen Besucher zu den Kähnen. Nicht alle Insassen waren vergessene Seelen, viele hatten ja Weib und Kind an Land, und Penelope hörte Geschichten von Ehefrauen, die alles daransetzten, mit ihren Männern nach Botany Bay deportiert zu werden. An diesem Abend wurde eine von ihnen an Bord gezogen. Sie fiel ihrem Mann vor aller Augen in die Arme und küsste seine Tränen vom Gesicht. Dann wurde er wie jeden Abend mit einem Tritt unter Deck befördert, aber er nahm einen Glücksschimmer mit in die Dunkelheit. Penelope beneidete ihn um diesen Hauch von Glück.
    »Penelope MacFadden!«, brüllte einer der Aufseher. »Besuch für dich!«
    Die Weiber glotzten, tuschelten. Sie bekamen ihr Essen nach den Männern und standen in einer langen Reihe im Regen, während der Koch herumglotzte, statt auszuteilen. Besuch! Penelope schlang die Arme um ihre schmale Hüfte und trat zögernd vor.
    »Besuch für dich«, wiederholte der Aufseher rau, dann stieß er Penelope zur Messe, wo vornehm gekleidete Herren eine Dame umringten. Penelope stockte der Atem. Unter einem einfachen schwarzen Wollcape erkannte sie Lady Roses’ rundes Gesicht. Anders als früher wurde es von weißen Tüchern eingerahmt …
    »Gütiger Himmel«, flüsterte die Lady und drängte sich zwischen den Herren durch. »Gütiger Himmel, Mädchen …«
    Ihr fassungsloser Blick wanderte über Penelopes verfilztes Haar zu den von Läusebissen zerkratzten, halbnackten Schultern und weiter an den Lumpen herab, die ihren ausgemergelten Körper bedeckten. Penelope trug immer noch das Kleid aus jener Nacht.
    »Ich … gütiger Himmel, Mädchen …« Die Lady verzog ihr hübsches Gesicht. Penelope stand nur da, ohne etwas zu sagen. Dann jedoch stiegen die Bilder jener unheilvollen Nacht in ihr Bewusstsein, scharf und unauslöschbar. Das Blut, die Schreie – und die ungerechten Vorwürfe, nachdem Rose selbst um die verbotene Handlung ersucht hatte.
    Die Lady, so fand sie, hatte kein Recht, hier zu erscheinen und Betroffenheit zu mimen. Der Gedanke gab ihr die Kraft, sich aufrecht hinzustellen und der Besucherin in die Augen zu sehen.
    »Ich hab … dir was mitgebracht, Mädchen«, stammelte die Lady verunsichert. »Aber ich weiß nicht, ob du es hier … also … ob man es hier … ob du … ob es

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