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Der Duft von Hibiskus

Der Duft von Hibiskus

Titel: Der Duft von Hibiskus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Leuze
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ihr heilt? Und den anderen Weißen davon berichten?«
    Birwain lachte. »Wenn ihr jemanden findet, der sich dafür interessiert …«
    Emma dachte an Pagel und Oskar und deren Weigerung, irgendetwas ernst zu nehmen, das von Menschen kam, die ihrer Meinung nach auf der Entwicklungsleiter kaum höher standen als Tiere. Doch dann fielen ihr die Dunnings ein und der Arzt, bei dem Birwain gelernt und dem er im Gegenzug seine Kenntnisse nahegebracht hatte. Es gab also durchaus weiße Menschen, die sich für Fremdes interessierten, ohne es von vornherein abzuwerten.
    Sie hob das Kinn. »Das werden wir, Birwain«, sagte sie fest. »Ganz sicher.«
    »Dann«, sagte Birwain gelassen, »ist ja alles geregelt. Ich zeige euch jetzt eine leere Hütte, in der ihr wohnen könnt, Carl und du.«
    Eine kurze Stille folgte seinen Worten.
    »Zusammen?«, fragte Emma.
    »Warum nicht?«, sagte Birwain und grinste.
    Einige Tage später machte Carl sich endlich auf den Weg ins Forschungslager. Er blieb viele Stunden fort, und Emma begann bereits, sich Sorgen zu machen, als er im letzten Abendlicht zurückkehrte. Er führte Orlando und Princess an den Zügeln, beide Pferde waren schwer bepackt.
    Emma lief ihm entgegen und rief: »Du bringst schon das Material mit? Ist denn mit den Männern alles geklärt?«
    Carl band die Pferde an einen Baum, dann zog er Emma an sich und küsste sie. Erst als mehrere kleine Kinder anfingen, lachend um Carl, Emma und die Pferde herumzuhüpfen, ließ er sie widerstrebend los.
    »Den Rest des Kusses gibt es, wenn wir weniger Zuschauer haben«, sagte er. »Aber bevor ich dir alles erzähle, möchte ich dir etwas zeigen. Ich habe es in deiner Hütte gefunden, als ich deine Kleidung für dich eingepackt habe. Wirklich, Emma, es ist zu schade, dass du nur noch nebenher zeichnen willst!«
    Fragend hob sie die Augenbrauen. Wenn Oskar fort war, hatte der doch bestimmt alle Zeichnungen mitgenommen! Aber Carl griff zielsicher in Princess’ Packtasche und zog ein Papier heraus. Er entfaltete es sorgfältig und betrachtete es einen Augenblick lang.
    »Ein Meisterwerk, finde ich«, sagte er und reichte es ihr.
    Emmas Gesicht überzog sich mit tiefer, heißer Röte. Oh Gott, die Zeichnung von Carl, wie er halbnackt im Wasser stand, sein muskulöser Oberkörper, die nasse Hose, die dunklen Härchen zwischen Hosenbund und Bauchnabel – alles da.
    »Das war … rein wissenschaftliches Interesse«, stammelte sie. »Anatomische Studien, gewissermaßen.«
    Er lachte. »Süß, wenn du so verlegen bist.«
    Trotz der Kinder um sie herum zog er sie wieder in seine Arme.
    Sie überspielte ihre Verlegenheit, indem sie streng fragte: »Hast du noch etwas anderes erreicht, oder hast du nur meine Sachen durchsucht und dein Bild bewundert?«
    »Ah, Madame will Ergebnisse«, neckte er sie. »Nun gut, die sollst du haben. Wo fange ich am besten an?« Er überlegte kurz. »Bei Crusius, denn das ist schnell erzählt: Er ist weg.«
    »Die beste Nachricht seit Langem«, sagte Emma aufatmend.
    Carl nickte. »Pagel sagt, Crusius habe wilde Drohungen ausgestoßen, etwas von Rache und unerhörtem Benehmen arroganter Wissenschaftler gefaselt, und dann habe er in Windeseile gepackt und sich mitsamt Pferd und einem Ochsen auf und davon gemacht. Den sind wir los.«
    »Dein Wort in Gottes Ohr«, murmelte Emma, denn ihr fielen Birwains und Yileens düstere Prophezeiungen ein.
    »Was Pagel betrifft, der hat sich für sein Verhalten entschuldigt«, fuhr Carl fort. »Ich hatte aber nicht das Gefühl, dass er wirklich Reue empfindet. Noch bevor ich etwas sagen konnte, hat er mir mitgeteilt, dass er die Expedition abbrechen und vorzeitig zurück nach Deutschland reisen wolle.«
    »Er gibt auf?«, sagte Emma überrascht. »Wieso das denn?«
    »Er sagte, er habe Spaß und Abenteuer erleben wollen, deshalb sei er nach Australien gekommen. Sich mit Wilden herumzuärgern, die tun und lassen dürften, was sie wollten, ganz im Gegensatz zu ihm selbst, sei aber keineswegs das, was er unter einem netten Abenteuer verstehe.«
    »Wenn er Yileen hätte erschießen dürfen, wäre er also geblieben?!«
    »Ganz so hat er es nicht ausgedrückt. Aber er hat es wohl so gemeint.«
    Carls Blick fiel auf die schwarzen Kinder, die sich inzwischen neben ihnen auf den Boden gesetzt hatten und mit Stöckchen und Steinen spielten. »Wir können froh sein, dass er freiwillig geht. Ich hätte nicht mehr mit ihm zusammenarbeiten mögen. Schon gar nicht hier! Wer weiß, was da noch

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