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0091 - Lucifers Bücher

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Titel: 0091 - Lucifers Bücher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Brand
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Angelo Quinto bewohnte in der Via Por San Maria in Florenz, ganz in der Nähe der Ponte Vecchio, einen von diesen phantastisch alten Palästen, an denen die bezaubernde Stadt am Arno so reich ist.
    Alle Quintos hatten in diesem Palazzo gewohnt. Nur drei waren darin nicht geboren worden, und vier hatten es vorgezogen, in Rom das Zeitliche zu segnen. In der Ewigen Stadt waren sie als Kurienkardinäle des Heiligen Vaters sanft entschlafen. Es hatte sie aber während ihres Lebens nicht daran gehindert, die Schätze der Quintos zu mehren. Ein ganz besonders großes Talent auf diesem Gebiet war Kurienkardinal Pietro Paolo Quinto gewesen, geboren 1318 und gestorben 1391, für die damalige Zeit ein unwahrscheinlich hohes Lebensalter, und der Kardinal war ein unwahrscheinlicher Büchernarr gewesen. Er mußte eine einmalige Spürnase besessen haben, seltene Schriften aufzuspüren und in seinen Besitz zu bringen. Wie er das letztere gehandhabt hatte, davon gab es im Geschlecht der Quintos nur eine Auslegung: er hatte sie heimlich mitgehen lassen, denn er war nicht nur ein Büchernarr gewesen, sondern auch ein Bücherdieb.
    Ein Mensch, der Bücher und Schriftrollen stehlen mußte!
    Wie gut er dieses Metier beherrschte, bewies die unglaublich große Bibliothek im Palazzo der Quintos, in der Schriftrollen, Erstdrucke und Inkunabeln drei saalartige Räume für sich beanspruchten. Mehr als ein Drittel dieser literarischen Kostbarkeiten hatte Seine Eminenz Kurienkardinal Pietro Paolo Quinto zusammengetragen und dem Haus seiner Väter geschenkt.
    Professor Zamorra verzieh dem Verstorbenen sein Laster und schätzte sich glücklich, in Angelo Quinto, dem siebzig Jahre alten Herrscher über diesen Palast vor der Alten Brücke, einen Freund zu besitzen, der ihn in den Bücherschätzen nach Werken magischen Inhaltes ungestört suchen ließ.
    Vor drei Tagen war er in Florenz angekommen. Mit dem Plan, die Stadt nicht früher zu verlassen, bis er im Palazzo Quinto fündig geworden war. Und es sah ganz danach aus. Drei Schriftrollen hatte er entdeckt, welche die Themen Dämonologie, Somnambulismus und Kröten-Zauberei behandelten. Über das letztere Gebiet hatte er nur einmal etwas gehört, aber das lag schon Jahre zurück, und niemand hatte ihm sagen können, was man sich darunter vorstellen sollte.
    Zamorra atmete den Staub von Jahrhunderten ein. Kein Mensch hatte sich bisher bemüht, die Schätze zu sichten und nach Sachgebieten zu ordnen, ganz zu schweigen, sie zu katalogisieren.
    Professor Zamorra stieg mit einem Armvoll Schriftrollen die fahrbare Leiter herunter und ging zum antiken Tisch aus makellosem Carrara-Marmor und legte sie darauf.
    Staub wirbelte auf und verteilte sich in dem hohen Raum mit dem wunderbaren bleiverglasten Fenster und den dunklen Bücherregalen, die berauschende Schnitzarbeiten aufwiesen. Ein Prachtstück war der ein wenig zu moderne Lüster, denn er stammte aus dem 17. Jahrhundert, während die übrige Pracht um Fünfzehnhundert herum geschaffen worden war.
    Vorsichtig rollte der Professor eine Schriftrolle nach der anderen auf. Der Text der meisten war in lateinischer Sprache abgefaßt, aber es gab auch griechische Texte, und zwei Rollen hatten die Glyphen der alten Ägypter bis in die Neuzeit herübergerettet. Leider war der Inhalt der Papyrusrollen nichtssagend.
    Zamorra stutzte. Er hielt einen Torso in der Hand. Eine uralte Schriftrolle. Einen Teil davon. Die Augen des Professors weiteten sich, denn der lateinische Text schlug ihn in Bann.
    Wenn ihn nicht alles täuschte, hielt er eine Schriftrolle aus dem 6. Jahrhundert in der Hand, also etwas aus jener dunklen Zeit, aus der solche Schätze sich kaum hatten vor Vernichtung bewahren können.
    »Pietro Paolo Quinto, als Büchernarr warst du ein Genie!« stieß der Professor aus, und seine Blicke verschlangen den lateinischen Text.
    Er hörte die Schritte hinter seinem Rücken nicht. Als ihn der Hausherr Angelo Quinto ansprach, kam er wie ein Nachtwandler aus einer anderen Zeit zurück.
    »Mein lieber Professore, darf ich Sie daran erinnern, daß wir heute eine Stunde früher zu mittag speisen, und wir haben schon fast zwölf Uhr.«
    Zamorra blickte in die gütigen, weisen Augen seines Gastgebers, der ihm nur bis an die Schultern reichte, legte die Torso-Schriftrolle vorsichtig ab und sagte: »Scusi, ich habe über diesen Schätzen mal wieder Zeit und Raum vergessen.«
    Wenig später, nachdem er sich hastig frisch gemacht und umgezogen hatte, wie es bei den

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