Der Einbruch des Meeres
hatten. Man hoffte darauf hin, daß Karl Steinx binnen einigen Wochen und unter glücklichen Verhältnissen am Tschadsee eingetroffen sein wurde.
Jetzt vergingen aber Wochen und Monate, ohne daß irgend eine Nachricht von dem kühnen belgischen Reisenden eintraf. Man schickte deshalb Sendboten bis nach Ouargla hinaus. Die französischen Militärposten unterstützten die Nachforschungen, die durch sie in verschiedenen Richtungen noch weiter ausgedehnt wurden. Alle Bemühungen blieben jedoch erfolglos, und man mußte also befürchten, daß die Karawane, sei es bei einem Überfalle durch die Nomaden des Touat oder infolge von Strapazen und Krankheiten, inmitten der grenzenlosen Einöde der Sahara ihren Untergang gefunden habe.
Die geographische Welt wußte nun nicht mehr, was sie glauben sollte, und begann schon nicht nur die Hoffnung auf eine Wiederkehr des mutigen Karl Steinx aufzugeben, sondern auch die, daß ihr jemals noch eine diesen betreffende Nachricht zugehen werde, als drei Monate später in Ouargla ein Araber eintraf, der das über der unglücklichen Expedition lagernde Geheimnis enthüllte.
Blick auf Ouargla. (S. 22.)
Der Araber, vorher selbst ein Zugehöriger des Personals der Karawane, war deren traurigem Schicksale glücklich entgangen. Durch ihn erfuhr man, daß die in den Dienst des Forschers eingetretenen Targui diesen verraten hatten. Der von ihnen auf einen falschen Weg geführte Karl Steinx sah sich plötzlich von einer Rotte Targui überfallen, die gegen ihn unter der Führung ihres Stammeshäuptlings Hadjar anstürmte, welcher sich durch die Beraubung und Niedermetzelung verschiedner Kafilas schon einen gefürchteten Namen gemacht hatte. Karl Steinx hatte sich mit den ihm treu gebliebnen Leuten mutig verteidigt und von einer verlassenen Kouba aus achtundvierzig Stunden lang die Angreifer abgewiesen. Die Minderzahl seiner kleinen Truppe machte ihm aber jeden weitern Widerstand unmöglich, so daß er schließlich den Targui in die Hände fiel und samt seinen Begleitern ermordet wurde.
Gassa. (S. 28.)
Natürlich erregte diese Nachricht einen wahren Sturm der Entrüstung, und überall ertönte nur der Ruf, den kühnen Forscher zu rächen, ihn an dem grausamen Tuareghäuptling zu rächen, dessen Name von allen Seiten verflucht wurde, zumal da man ihm noch viele andre Angriffe auf Karawanen gewiß nicht mit Unrecht zuschrieb. Die französischen Behörden beschlossen deshalb auch, eine Expedition auszurüsten, die sich seiner bemächtigen sollte, um den Verbrecher nach Gebühr zu bestrafen und seinem unheilvollen Einfluß auf die Eingebornen ein für allemal ein Ende zu machen. Es war ja bekannt, daß sich die in Frage kommenden Stämme immer mehr nach dem Osten Afrikas hinzogen und daß sie versuchten, in den südlichen Gebietsteilen von Tunis und Tripolis festen Fuß zu fassen. Das hätte aber zu einer schweren Störung, vielleicht gar zur Vernichtung des lebhaften Handelsverkehres jener Gegenden führen müssen, wenn die Targui nicht zu endgültiger Unterwerfung gezwungen wurden.
So wurde also eine Expedition gegen diese ausgesendet, und der Gouverneur von Tunis wie der General-Resident von Tripolis hatte Sorge getragen, daß sie in allen Garnisonsstädten im Gebiete der Schotts und der Sebkhas die erforderliche Unterstützung fände. Die Expedition bestand aus einer Schwadron Spahis unter Führung des Kapitäns Hardigan, der für die schwierige Aufgabe, von der man so wichtige Folgen erwartete, vom Kriegsministerium ausersehen worden war.
Der »Chanzy« beförderte also eine Abteilung von sechzig Mann nach dem Hafen von Sfax. Wenige Tage nach ihrer Ausschiffung verließ sie mit dem nötigen Proviant und ihren von Kamelen getragenen Zelten unter arabischen Führern schon die Küste und brach nach Westen hin auf. In mehreren Städten und Flecken des Binnenlandes, wie in Tozeur, Gafsa u.a., fand sie jedenfalls Gelegenheit zur Ergänzung ihrer Vorräte, denn an Oasen fehlt es im Gebiete des Djerid nicht.
Unter dem Befehle des Kapitäns standen ein Oberleutnant, zwei Leutnants und mehrere Unteroffiziere, darunter auch der Wachtmeister Nicol.
Gehörte der letztere aber zu der Expedition, so war es selbstverständlich, daß auch dessen »alter Bruder« Va d’l’avant und sein getreuer Coupe-à-Coeur dabei nicht fehlten.
Die Expedition bemaß ihre Etappen mit einer Regelmäßigkeit, die den Erfolg des Zuges sichern mußte, und marschierte so durch das ganze tunesische Sahel.
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