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Der Falsche Krieg

Titel: Der Falsche Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olivier Roy
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eine globale Problematik einzubinden - etwa in die Frage nach den Beziehungen zwischen Antizionismus und Antisemitismus und deren Auswirkungen auf den Verlauf der Debatte. 3

    Man kann die Analyse der Krisen im Mittleren Osten nicht von einer Diskussion der großen Gesellschaftskonzepte trennen, um die es heute geht: von Islamismus über Demokratie, Zivilgesellschaft, Multikulturalismus und so weiter bis Terrorismus. Das Ziel dieses Buches ist es, die Konflikte des Mittleren Ostens wieder in ihrer eigenen Logik zu situieren und dabei zu verstehen, wie sie mit den großen Auseinandersetzungen innerhalb unserer Gesellschaften zusammenhängen. Letztendlich geht es darum, die Idee zu widerlegen, es gäbe eine »Geostrategie des Islam«, die alle gegenwärtigen Konflikte von Palästina über die Pariser Vorstädte bis zu Bin Laden erklärte.
     
    Die Konflikte und Umbrüche, auf die wir im Folgenden stoßen, stützen keineswegs die vorherrschende These vom Zusammenprall der Kulturen und der Konfrontation zwischen der muslimischen Welt und dem Westen, sondern sie betreffen in erster Linie die muslimische Welt selbst und spielen sich an Konfliktlinien ab, die nur in sehr geringem Maße ideologisch definiert sind: Der alten »Ablehnungsfront«, die den Islamismus und arabischen Nationalismus in Gegnerschaft zu Israel und dem Westen vereint, steht die zunehmende Kluft zwischen Schiiten und Sunniten gegenüber. Diese Kluft reiht die konservativen arabischen Regime in dasselbe Lager wie Israel ein und könnte die politische Landschaft des Mittleren Ostens gravierend umgestalten.
    Die militärische Intervention im Irak hat zu einer tiefgreifenden geostrategischen Transformation der Region
geführt, aber nach einer Logik, die die Logik der amerikanischen Entscheidungsträger übersteigt. Üblicherweise bemüht sich eine dominierende Macht, den Status quo zu erhalten, doch die Amerikaner haben ihn zerschlagen und das strategische Gleichgewicht im Mittleren Osten erschüttert. Die unipolare Welt, die man nach dem Ende der Sowjetunion erwartete, hatte nicht lange Bestand: Gut zehn Jahre konnten die Amerikaner (auch unter Clinton) einseitig intervenieren, ohne dass sie darauf bedacht sein mussten, ihr Handeln durch eine Resolution des Sicherheitsrates zu legitimieren, und sie konnten von Fall zu Fall maßgeschneiderte, provisorische Koalitionen schmieden, in die nur ihre Verbündeten einbezogen waren. Und dann scheiterte innerhalb von vier Jahren die Großmacht nicht nur an der Umgestaltung des Mittleren Ostens, sondern auch an dem Versuch, lokale Konflikte zu regeln und ihre Gegner allein mit der Androhung von Gewalt in die Knie zu zwingen.
    Die amerikanische Glaubwürdigkeit ist angeschlagen. Dass das Land Streitkräfte besitzt, denen kein anderes Land auf dem Schlachtfeld gewachsen ist, nützt nichts. Der asymmetrische Krieg des Schwachen gegen den Starken - täglich vorgeführt durch die Bomben auf den Straßen im Irak, die bei den Amerikanern schwerste Verluste verursachen - hat auf den Bereich der Strategie übergegriffen. Man kann von einer »asymmetrischen Strategie« sprechen, der zufolge schwache Staaten (wie Syrien, Pakistan, Nordkorea und Iran) die Macht Amerikas lähmen, indem sie es in die Enge treiben
oder zu unmöglichen Entscheidungen zwingen. Die spektakulärste Taktik setzt dabei auf Erpressung mit Hilfe des eigenen Untergangs: Obwohl man weiß, dass Syrien und Pakistan terroristischen Gruppen und radikalen Bewegungen Zuflucht und Unterstützung bieten, will niemand Präsident Assad oder General Musharraf stürzen, ganz einfach deshalb, weil die Situation ohne sie noch schlimmer wäre, als sie es heute mit ihnen ist. »Greif mich an, wenn du es wagst«: Nicht weil ich dich besiegen werde, sondern weil meine Niederlage für dich verheerend wäre.
    Amerika ist in dem Augenblick gelähmt, da China und Russland bestrebt sind, erneut als Großmächte aufzutrumpfen. Beide Herausforderer wenden traditionelle Herrschaftsinstrumente an (Kontrolle über Land, Energiequellen und Transportwege), die heute vielleicht unzeitgemäß sind, aber eine multipolare Welt wiederaufscheinen lassen.
    Unterdessen breiten sich die Terroristen von Al Qaida in einem Raum aus, der mehr als je zuvor durch Entterritorialisierung und Globalisierung definiert ist, und sie entziehen sich damit allen inzwischen überholten Instrumenten der Machtausübung.

ERSTES KAPITEL
    Wer ist der Feind? Wo ist der Feind?

    Natürlich mussten die Vereinigten

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