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Der Findling

Der Findling

Titel: Der Findling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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sie sich bei großen Hoffestlichkeiten mit der Krone schmückt, so wird sie in der Hand doch schwerlich ein Scepter führen, das, wie sein Ersatzstück hier, mehr dem Dreizack Neptuns gleicht. Das einfachste bleibt es freilich, Thornpipe aufs Wort zu glauben, und das thaten kluger Weise auch die Zuschauer.
    »Zur Rechten der Königin, erläutert Thornpipe ferner, mache ich das geehrte Publicum aufmerksam auf Ihre königlichen Hoheiten den Prinzen und die Prinzessin von Wales, wie Sie die Herrschaften gelegentlich ihrer letzten Reise durch Irland gewiß selbst gesehen haben.«
    Kein Zweifel, da steht der Prinz von Wales als britischer Feldmarschall, und die Tochter des Königs von Dänemark, angethan mit kostbarem Spitzenkleide, das hier freilich kunstvoll aus Silberpapier geschnitten ist, wie solches zum Schmucke von Bonbonschachteln verwendet wird.
    Auf der andern Seite stehen der Herzog von Edinburgh, der Herzog von Connaught, der von Fife, der Prinz Battenberg mit den Prinzessinnen, ihren erlauchten Gemahlinnen, kurz die ganze königliche Familie, so angeordnet, daß sie vor dem Throne einen Halbkreis bildet. Unzweifelhaft erwecken diese bezüglich ihrer Porträttreue immer »garantierten« Puppen mit den gemalten Gesichtern und ihrer dem Leben abgelauschten Haltung eine deutliche Vorstellung von dem Hofe Englands.
    Dann folgen die Großofficiere der Krone, darunter der Großadmiral Sir Georges Hamilton. Thornpipe befleißigt sich, mit dem Ende seines Stabes alle der Bewunderung des Publicums zu empfehlen, unter der Hinzufügung, daß jeder von ihnen seinem Range entsprechend den ihm nach der Hofetiquette zukommenden Platz einnimmt.
     

    … Als Thornpipe seinen kleinen Umgang antrat. (S. 19.)
     
    Da hält sich vor dem Throne in ehrfurchtsvoller Unbeweglichkeit ein hochgewachsener Mann von ausgesprochen angelsächsischem Typus, der nur ein Minister der Königin sein kann.
    Es ist auch einer, nämlich der Chef des Cabinets von St. James, den man an dem unter der Last der Geschäfte etwas gekrümmten Rücken leicht genug erkennt.
    Thornpipe geht weiter in seinen Erklärungen.
    »Und neben dem Premierminister, zur Rechten, der ehrwürdige Herr Gladstone.«
    Wahrlich, es wäre schwierig gewesen, den berühmten »Old man« nicht zu erkennen, den schönen Greis, der sich noch immer aufrecht hält, der immer bereit ist, seine liberalen Anschauungen gegen die der conservativen Regierung zu vertheidigen. Vielleicht könnte es auffallen, daß er den Premierminister mit freundlichem Blicke betrachtet; doch was bei Wesen aus Fleisch und Bein unmöglich wäre, das hat bei Puppen aus Pappe und Holz ja nicht viel auf sich.
    Ein außergewöhnlicher Anachronismus verschuldet auch noch eine andre Nebeneinanderstellung, denn Thornpipe bläst die Backen auf und verkündet:
    »Hier, Ladies und Gentlemen, stelle ich Ihnen Ihren berühmten Landsmann O’Connell vor, dessen Name in jedem irländischen Herzen allezeit ein Echo finden wird.«
    Ja, da befand sich O’Connell am Hofe Englands und im Jahre 1875, obwohl er schon seit einem Vierteljahrhundert todt war. Auf einen dagegen erhobenen Einwand hätte Thornpipe jedenfalls geantwortet, daß der große Agitator für einen Sohn Irlands immer fortlebt. Mit ähnlicher Begründung hätte er da auch Parnell aufstellen können, obwohl dieser Politiker jener Zeit kaum bekannt war.
    Da und dort stehen noch andre Höflinge verstreut, deren Namen uns entgehen, alle mit Ordenssternen und Bändern übersäet, politische und kriegerische Berühmtheiten, darunter Se. Gnaden der Herzog von Cambridge neben dem seligen Lord Wellington, der verstorbene Lord Palmerston neben dem verstorbenen Pitt; endlich Mitglieder der Pairskammer in vertraulichem Gespräche mit solchen aus dem Hause der Gemeinen; hinter diesen eine Reihe
Horse-guards
in Parade, im Salon zwar, aber doch zu Pferde, eine Andeutung, daß es sich hier um ein Fest handelt, wie es selbst im Schlosse zu Osborne selten vorkommt.
    Das Ganze umfaßt etwa fünfzig kleine Männchen, die alle schreiend bemalt sind und mit steifer Würde alles darstellen, was an Hocharistokratie, an Auszeichnung und Rangstellung in der militärischen und politischen Welt des Vereinigten Königreichs vorhanden ist.
    Man bemerkt sogar, daß die britische Flotte nicht vergessen wurde, und wenn die königliche Yacht »Victoria and Albert« hier nicht unter Dampf ist, so sieht man wenigstens Schiffe an die Fensterscheiben gemalt, durch die man die Rhede von Spithead zu

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