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Der Fluch der Makaá

Der Fluch der Makaá

Titel: Der Fluch der Makaá Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Talbiersky
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und versperrte mir die Sicht. Ich ließ die Augen zu meinen Brüdern wandern. Robert saß direkt neben mir. Er hatte seinen Skizzenblock auf den hochgezogenen Knien und kritzelte mit einem Bleistift darauf herum. Er war so konzentriert, dass er seine Zungenspitze von einem Mundwinkel in den anderen schob.
    „Du kannst das Tischchen herunterklappen!“, riet ich ihm. Es sah irgendwie unbequem aus wie er da saß. „Ich weiß“, antwortete er, doch das Tischchen, das sich auf der Rückseite des jeweiligen Vordersitzes befand, blieb oben und wurde erst dann heruntergeklappt, als die Stewardess das Essen brachte. Von Oliver, der in einer Reihe mit meinen Eltern saß, war nichts zu sehen. Wahrscheinlich erkundet er gerade das Flugzeug , dachte ich bei mir. Mich hätte es nicht gewundert, wenn irgendwann eine Durchsage der folgenden Art gekommen wäre: Meine Damen und Herren, hier spricht Ihr Kapitän. Die Eltern des kleinen Oliver mögen sich bitte unverzüglich im Cockpit einfinden…
    Das wäre typisch für den kleinen Racker. Mit dem beruhigenden Gedanken, dass es nichts im Flugzeug gab, woran Oliver hochklettern konnte, döste ich schließlich ein.
    Als wir nach gut zehn Stunden das Flugzeug verlassen durften, waren meine Beine steif und staksig und sämtliche Glieder verlangten danach gestreckt zu werden. Augenblicklich schlug uns der heiße Atem Venezuelas ins Gesicht, eine Mischung aus sanfter Brise mit hoher Luftfeuchtigkeit und der Würze zahlreicher Flugplatzaromen. Sofort wurde die Haut feucht, obwohl wir kaum zwei Meter gegangen waren. Wir folgten den anderen Passagieren zum Kofferband, und während wir auf unser Gepäck warteten, überkam mich eine seltsame Schwere. Obwohl es gefühlt später Abend war, herrschte am Flughafen Caracas das mittägliche Treiben eines terminbeladenen Wochentages. An den Jetlag würde ich mich erst einmal gewöhnen müssen.
    Gerade noch rechtzeitig unterdrückte ich ein Gähnen, als ein junger Venezolaner mit großen Schritten zielstrebig auf uns zukam. Daniel B. las ich auf seinem Namensschild, das mit einer Sicherheitsnadel am Hemd befestigt war. Wie die meisten Menschen in den südamerikanischen Ländern war er nicht gerade hochgewachsen, doch er hatte eine schöne, bronzefarbene Haut, pechschwarze Haare, und ein wacher Blick lag in seinen dunklen Augen, die erfreut aufblitzten, als er meinem Vater die Hand reichte. „Señor Konrad Feldmann?“, vergewisserte er sich vorsichtshalber, doch da hatte er uns bereits sämtliche Koffer abgenommen. „Si!“, antwortete mein Vater mit einem breiten Lächeln. „Soy yo. Der bin ich.“ Er hatte während des Fluges versucht, ein paar spanische Redewendungen zu verinnerlichen, und er freute sich mit kindlichem Vergnügen, so schnell die Gelegenheit zu haben, sie anwenden zu dürfen. „Und das ist meine Familie – meine Frau Elisabeth und meine Kinder: Oliver, Robert und Melanie.“ Bei jedem von uns Kindern legte er, während er uns vorstellte, die flache Hand auf den Kopf. Meine Güte, wie peinlich! Ich schaffte es, ein gequältes Lächeln aufzulegen, als ich an der Reihe war, doch am liebsten wäre ich im Boden versunken. Wo waren die Erdspalten, wenn man sie brauchte?
    Der junge Mann nickte jedem von uns mit gerade so viel Interesse zu, wie es die Höflichkeit erforderte, doch selbst ein Blinder konnte erkennen, dass sein alleiniges Augenmerk meinen Eltern galt. Der Venezolaner stellte sich als Daniel Boressa vor, der persönliche Chauffeur von Señor y Señora Feldmann. Zu Ihren Diensten!
    Der Wagen, in den Daniel unsere Koffer lud, war allerdings eine Wucht! Eine richtige Limousine, so geräumig war der Innenraum! Und über dem Wagen hing noch der edle Geruch von neuen Ledersitzen. „Klasse!“, strahlten meine Brüder, und ich konnte nur zustimmen. Die Fahrt vom Flughafen zum Hotel dauerte nicht lange, aber sie reichte aus, um einen ersten Blick auf die Hauptstadt Venezuelas zu erhaschen.
    Folgendes notierte ich mithilfe der Reisebroschüre am nächsten Tag in mein Heft, das ich zu dem Zweck mitgenommen hatte Urlaubseindrücke niederzuschreiben – ursprünglich die aus Griechenland:
    Caracas:
    „Eingebettet zwischen zwei zerklüfteten Bergketten siedeln im Tal etwa sechs Millionen Menschen. Scharfe Gegensätze prägen die Stadt: Die kleinen, oft heruntergekommenen Häuschen der Vororte drücken sich gegen die Berghänge und stehen deutlich im Schatten der City, die weltmännisch mit ebenso hohen wie teuren Gebäuden

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