Der Gefundene Junge
zurück. »Doanes Idee war folgende: Statt Saatgut für die Landwirtschaft wollte er das Saatgut der Zivilisation bewahren. Er stellte ein brillantes Team zusammen, das Informationen über Kunst, Musik, Literatur, Naturwissenschaft, Architektur, Ingenieurwesen, Medizin, Philosophie und vieles mehr sammeln sollte. Wie die Pflanzensamen sollten auch diese Informationen an einem sicheren Ort verwahrt werden. Wenn etwas Schreckliches passierte, könnten die Menschen auf all die guten Dinge zurückgreifen, die schon einmal existiert hatten, und lernen, sie wiederherzustellen.
Weil ich mich in so vielen unterschiedlichen Fächern auskannte, lud Doane mich ein, das Projekt zu leiten.« Umber fuhr mit den Händen über den Tisch. »Kannst du mir bis hierher folgen?«
»Das hört sich nach einer gewaltigen Menge von Informationen an«, meinte Hap.
»Mehr, als du dir vorstellen kannst. Millionen und Abermillionen Seiten.«
»Und die ganzen Bücher kamen in einen Tresor?«
Umber lehnte sich vor. »Es waren überhaupt keine Bücher.«
»Aber ⦠dann ⦠wo wurden denn all die Informationen aufbewahrt?«
Umber erhob sich, trat zu der Wand hinter seinem Schreibtisch und zog den Wandteppich, der dort hing, beiseite. Dahinter kam eine runde Tür mit einem Schlüsselloch in der Mitte zumVorschein. Er holte einen Schlüssel aus seiner Tasche, steckte ihn ins Schloss, öffnete die Tür und griff hinein. Mit geweiteten Augen sah Hap zu, wie Umber den silbernen Kasten herausholte. Da war das Wort wieder, eingraviert in die glatt polierte Oberfläche: REBOOT. Umber lieà seine Finger über die Buchstaben gleiten.
»Ich habe dir ja schon erklärt, was das Wort bedeutet, oder?«, fragte er.
Hap nickte. »Es bedeutet neu starten .«
»Genau. Die Initiative von Doane hieà Projekt Reboot. Es sollte der Gesellschaft dabei helfen, von vorn anzufangen.«
Umber klappte den Deckel auf, und zwar so, dass Hap nicht in die Kiste hineinsehen konnte. Er hörte ein Klicken und dann ein Geräusch wie das leise Summen von Insekten. Ein kühles Licht fiel auf Umbers Gesicht. Er schaute Hap über den Deckel hinweg an. »Es ist alles hier drin, Hap. Alles.«
Hap reckte seinen Hals. » Da drin?«
Umber drehte den Kasten herum, und Hap sah, worauf er bisher nur einen flüchtigen Blick hatte erhaschen können. Der Teil, der flach auf dem Tisch stand, war mit Knöpfen bedeckt, die mit Zahlen, Buchstaben, Worten und Symbolen beschriftet waren. Die Innenseite des Deckels, die jetzt senkrecht stand, bestand aus einem Rechteck aus Licht. »Das ist der Reboot-Koffer. Es ist eine Maschine, die wir Computer genannt haben. Ãbrigens die leistungsfähigste, die je hergestellt wurde. Sie sollte ein Jahrhundert oder sogar noch länger halten. Und sie gewinnt alle Energie, die sie braucht, aus dem Sonnenlicht.«
Computer , wiederholte Hap innerlich. Er starrte das Ding an und versuchte zu begreifen. In dem Rechteck erschienen Worte:
PROJEKT REBOOT
BELIEBIGE TASTE DRÃCKEN ODER SPRECHEN
»Hap, erinnerst du dich noch an die Musik auf der Geburtstagsfeier für Prinz Galbus?«
Hap nickte.
Umber sprach in den Computer hinein: »Reboot: Zeige die Partitur von Pachelbels Kanon in D-Dur.«
Hap fuhr erschreckt zurück, als sich das Rechteck mit Notenlinien und Noten füllte.
»Reboot: Spiele diese Komposition ab.«
Plötzlich erklang Musik, so als hätte ein unsichtbares Orchester zu spielen begonnen. Hap sah sich nach ihm um, bis ihm klar wurde, dass der reine Klang aus dem silbernen Kasten kam. »Das ist doch Magie!«, flüsterte er.
»Kommt darauf an, wie man es betrachtet, würde ich sagen«, meinte Umber. »Reboot: Halte die Musik an. Zeige die Instrumente, die in dieser Komposition verwendet werden.«
Die Musik verstummte. Hap schnappte nach Luft, als kleine, glasklare Bilder von Saiteninstrumenten erschienen. Umber drückte seinen Finger auf eines davon. »Reboot: Zeige den Aufbau dieses Instruments.«
Die Instrumente verschwanden, und an ihrer Stelle erschien die Zeichnung einer Geige, die in ihre Teile zerlegt und beschriftet war: Schnecke, Wirbel, Griffbrett, Steg, Einlage â¦
»Reboot: Erkläre, wie man sie herstellt.«
Neue Worte und Diagramme erschienen. Hap las den Anfang: Anleitung zum Bau einer Geige. Teil 1: Holzauswahl. Schritt 1.1  â¦Doch
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