Der geheime Auftrag des Jona von Judaea
Gebieten geschrieben hätte. Markus wollte seine Kunde von der »Frohen Botschaft« den Menschen seines Lebensraums in aktueller Form und ohne den für sie unnützen Ballast von allzu viel jüdischer Geschichte und Brauchtum nahe bringen.
2. Das Matthäus-Evangelium
Bei dem Matthäus-Evangelium nimmt man an, dass es zwar auch für Heidenchristen, aber mehr noch als Missionsschrift für Juden gedacht war. Matthäus soll die Reden und Worte Jesu in hebräischer Sprache verfasst haben, aus der sie dann von anderen ins Griechische übersetzt wurden, was von der neueren Bibelforschung jedoch stark angezweifelt wird. Die vielen Hinweise in seinem Text, die sich auf die Erfüllung des Alten Testaments durch Christi Leben und Sterben beziehen, haben nur dann einen Sinn, wenn ihre Empfänger mit den zahlreichen Bezugnahmen auf die fünf Bücher des Mose auch etwas anfangen können. Man hält Matthäus für einen Judenchristen, der sich als christlicher »Schriftgelehrter« verstand und vermutlich aus der syrischen Provinz kam. Seine scharfe, oft pauschalisierende Kritik am Judentum weist darauf hin, dass er und seine Gemeinde trotz eines Bekenntnisses zur Toratreue den Bruch mit ihren religiösen Wurzeln schon vollzogen hatten und sich ihrer eigenen christlichen Identität bewusst waren. Da sein Evangelium mit dem Missionsbefehl Jesu endet, ist davon auszugehen, dass auch er die Zukunft des christlichen Glaubens in der Bekehrung der Heiden sah.
3. Das Lukas-Evangelium
Das Evangelium nach Lukas richtete sich vornehmlich an Heidenchristen. Im Gegensatz zu Markus und Matthäus gibt er sich weder als Augenzeuge aus, noch behauptet er wie Johannes, den Bericht eines Augenzeugen niederzuschreiben, sondern er sammelte Stoffe, die er nach den Aussagen von zuverlässigen Zeugen ordnete und zusammenstellte. Sein Werk richtete sich hauptsächlich an Leser in Italien, da er viele Orte in Palästina, die jedem Juden bestens bekannt waren, sehr ausführlich beschreibt, und es weist einen radikalen Unterschied zu einer seiner Quellen, dem Markus-Evangelium, auf. Wegen seiner starken sozialen Botschaft, die in Jesu Aufruf an die Jünger zur Armut in der Nachfolge, seiner Kritik an den Reichen und seinem Herz für Sünder zum Ausdruck kommt, bezeichnet man das Lukas-Evangelium auch als »Evangelium für die Armen«.
Bei Lukas sind Vorgeschichte, Geburt Jesu sowie die Flucht nach Ägypten mit großer Ausführlichkeit geschildert, sodass dem Leser das Leben Jesu quasi von der Empfängnis an und ohne Hast erzählt wird. Er beschreibt auch als Erster »[…] die Jesuszeit historisierend als Heilszeit, die durch die Zeit der Kirche abgelöst wurde. […] Darüber hinaus versucht Lukas in seinem Doppelwerk auf Schritt und Tritt, mit dem römischen Staat ins Gespräch zu kommen«, wie der Religionsprofessor Hubertus Halbfas schreibt 73 . Lukas stellt die christlichen Gemeinden als die legitimen Erben der biblischen Verheißungen dar und betont nachdrücklich, dass es keinen anderen Weg zum Heil gibt als die Gnade der Sündenvergebung. Diese Gnade wird jedoch niemals aufgezwungen, sondern kann allein in der freien Entscheidung zum Glauben gefunden werden.
4. Das Johannes-Evangelium
Im Gegensatz zu den drei vorgenannten Evangelien ist die Schrift des Johannes kein Werk, das für die Mission bestimmt ist, sondern es wendet sich erstrangig an die eigene Gemeinde. Ihm geht es um Glaubensvertiefung und Sicherheit der eigenen Glaubenswahrheiten im Streit mit dem traditionellen Judentum.
Der Aufbau des Johannes-Evangeliums, die geschilderten zeitlichen Abläufe von Jesu Reisen (sogar ein anderes Todesdatum wird angegeben!) und die geschliffene, literarische Sprache, die den Schreiber als einen gebildeten Mann mit zweifellos besten Kenntnissen hellenistischer Kultur ausweisen, heben sich auffallend von den anderen drei, sich doch letztlich recht ähnlichen Evangelien ab. Johannes gestaltet die Streitgespräche mit den Schriftgelehrten viel dramatischer und gibt über viele Kapitel hinweg ausführliche Reden wieder. Seine Texte sind zudem stärker von einer mystischen Sprache durchdrungen, weil er zwar das Irdische mit Menschenworten für sagbar und beschreibbar hält, aber für das Transzendente, das Göttliche nur eine »verhüllte« Sprache als einzig angemessene Annäherung empfindet und diese auch bewusst in seinem Evangelium einsetzt. Er verwendet sie quasi als geistige Krücke für die Beschreibung dessen, was per Definition unbeschreibbar ist und
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