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Der Gott seiner Vaeter

Der Gott seiner Vaeter

Titel: Der Gott seiner Vaeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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flüsterte und die Erinnerung an jene alten Tage wieder wachrief. Ganz unbewußt sah er das alles im Geiste. Gesichter umdrängten ihn, flüchtige Erinnerungen an vergessene Geschehnisse, an frohe Stunden, an Sang und klingendes Lachen.
    »Komm, David, komm! Ich habe genug für uns beide. Der Weg liegt hell und licht vor uns.« Sie sah sich in der kahlen, karg ausgestatteten Hütte um. »Ich habe genug für uns beide, die Welt liegt uns zu Füßen, und alle Freuden des Lebens sind unser. Komm! Komm!«
    Sie lag zitternd in seinen Armen, und er preßte sie an sich. Er stand auf… aber das Knurren der gefräßigen Hunde und die schrillen Rufe Winapies, die Frieden zwischen den Kämpfenden zu stiften suchte, ertönten gedämpft durch die dicken Balken herein. Und plötzlich sah er eine andere Szene vor sich. Einen Kampf im Walde – ein Grizzly-Bär mit gebrochenen Beinen, fürchterlich; das Knurren der Hunde und die schrillen Rufe Winapies, die sie zum Angriff zwang; und er sah sich selbst mitten in dem wilden Lärm, atemlos, stöhnend, wie er den roten Tod abzuwehren suchte. Hunde mit gebrochenem Rückgrat und herausgerissenen Eingeweiden, heulend in machtloser Qual und die unberührte Weiße des Schnees entheiligend, die sich rot vom Blut der Menschen und Tiere färbte; der Bär, rasend, unwiderstehlich, der sich über ihn beugte und mit Klauen und Zähnen zum Kern des Lebens in ihm zu gelangen suchte; und Winapie, die sich jetzt auch in dieses entsetzliche Chaos stürzte, mit flatternden Locken, mit blitzenden Augen, wie die verkörperte Raserei, und immer wieder das lange Jagdmesser schwang – der Schweiß brach ihm in großen Tropfen aus der Stirn. Mit einem Ruck befreite er sich von der Frau, die sich an ihn klammerte, und taumelte gegen die Wand. Und sie, die wußte, daß der Augenblick gekommen, die aber nicht imstande war, zu erraten, was sich in ihm regte, sie fühlte, wie alles, was sie gewonnen hatte, im Begriff war, ihren Händen zu entgleiten.
    »David! David!« rief sie. »Ich lasse dich nicht. Ich lasse dich nicht. Wenn du nicht mit mir gehen willst, so bleiben wir hier. Ich will bei dir bleiben. Die Welt bedeutet für mich weniger als du. Ich will deine Frau sein – wie es die Frauen hier im Nordland sind. Ich will dir dein Essen bereiten, deine Hunde füttern, die Schlittenspur für dich treten, mit dir rudern, ich kann es – glaube mir, ich bin stark.«
    Und wie er dastand und sie, mit ausgestreckten Armen von sich abhaltend, anblickte, zweifelte er nicht daran, aber sein Antlitz war streng und bleich geworden, und die warme Glut in seinen Augen war verschwunden.
    »Ich will Pierre und die andern Bootsleute bezahlen und fortschicken. Ich will hier bei dir bleiben – mit oder ohne Segen der Kirche – und dir überallhin folgen! David! David! Hör mich an! Du sagtest, ich tat dir unrecht, und das tat ich auch – laß mich dafür büßen, laß mich büßen! Habe ich früher nicht verstanden, was Liebe ist, so laß mich dir zeigen, daß ich es jetzt weiß.« Sie warf sich zu Boden und umschlang schluchzend mit ihren Armen seine Knie. »Und du liebst mich ja! Du liebst mich ja! Besinne dich! All die langen Jahre, die ich gewartet und gelitten habe! Das wirst du nie fassen können!«
    Er beugte sich zu ihr und hob sie auf.
    »Hör!« sagte er gebieterisch, indem er die Tür öffnete und sie hinaustrug. »Es ist unmöglich. Wir dürfen nicht nur an uns denken. Du mußt gehen. Ich wünsche dir eine gute Reise. Sie wird recht beschwerlich werden, wenn du in die Nähe von Sixty Mile kommst, aber du hast die besten Bootsleute der Welt und brauchst dich nicht zu fürchten. Willst du mir Lebewohl sagen?«
    Obwohl sie schnell ihre Selbstbeherrschung wiedergewonnen hatte, sah sie doch in tiefer Verzweiflung zu ihm auf.
    »Wenn – wenn – wenn Winapie – «, begann sie mit zitternder Stimme und hielt dann inne.
    Aber er erfaßte den unausgesprochenen Gedanken und antwortete: »Ja.« Dann ging ihm das Entsetzliche auf: »Du darfst nicht daran denken. Es ist unmöglich. Wir dürfen nicht daran denken.«
    »Küsse mich!« flüsterte sie, und ihr Gesicht klärte sich auf. Dann wandte sie sich um und ging.

    »Brechen Sie das Zelt ab, Pierre«, sagte sie zu dem Bootsführer, der wach gelegen und auf ihre Rückkehr gewartet hatte. »Wir müssen weiter!«
    Beim Schein des Feuers sah er mit seinem scharfen Blick, wie zerquält ihr Gesicht war, aber er nahm den ungewöhnlichen Befehl entgegen, als sei es das

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