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Der Gott seiner Vaeter

Der Gott seiner Vaeter

Titel: Der Gott seiner Vaeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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doch das Maul«, fiel Fortune la Pearle ihm ins Wort. »Sonst endet es damit, daß ich dich zu einem neuen Abel mache, und zwar aus reiner Freude an der Sache. Ja, Gott helfe mir – wenn ich es nicht tue! Tausend Mann sind hinter mir her, suchen mich, was soll ich da mit deiner Hütte? Ich will weg von hier, weg! Weg! Verfluchtes Schwein! Ich hätte Lust umzukehren, wie ein Toller auf sie loszugehen, ein paar Stück von ihnen mit mir zu nehmen, diese Schweine! Ein einziger, herrlicher Kampf und dann fertig mit der ganzen verfluchten Geschichte! Es ist ein dreckiges Spiel, das Leben, ich hab’ es satt!«
    Er hielt inne, entsetzt, gelähmt von seiner grenzenlosen Verlassenheit, und Uri Bram nahm den Augenblick wahr. Er war sonst kein Mann vieler Worte, und die Rede, die er jetzt hielt, war die längste, die er je in seinem Leben gehalten hatte, außer der, die er viel später und an einer ganz andern Stelle noch halten sollte.
    »Deshalb erzähle ich dir ja von meiner Hütte. Ich kann dich dort so verstecken, daß sie dich nie finden. Ich habe eine Unmenge Proviant. Sonst entkommst du nie. Es gibt keine Hunde, nichts, und das Meer ist zugefroren. St. Michael ist die nächste Poststation, und dort posaunen sie die Neuigkeit aus, ehe du da bist, und ebenso steht es mit dem Hafen von Anvik – nein, du hast nicht die geringste Möglichkeit! Es ist besser, du bleibst bei mir, bis der Rauch sich verzogen hat. Ehe ein Monat vergangen ist, haben sie dich schon über dem Wettrennen nach York oder Gott weiß was sonst vergessen, und du kannst direkt vor ihrer Nase losziehen, ohne daß sie sich im geringsten darum kümmern. Ich habe meine eigenen Ideen in bezug auf Gerechtigkeit. Als ich dir vom Eldorado am Flußufer entlang nachlief, geschah es nicht, um dich zu fangen und dich der Obrigkeit zu übergeben. Ich habe, wie gesagt, meine Ideen, aber ganz andere.«
    Der Mörder zog schweigend ein Gebetbuch aus der Tasche.
    Und während das Nordlicht gelb im Nordosten schimmerte, entblößten die beiden Männer im Frost ihre Häupter und faßten mit bloßen Händen das heilige Buch; Fortune la Pearle ließ Uri Bram das, was er gesagt, beschwören, ein Eid, den Uri Bram nie zu brechen gedachte und auch nie brach.
    In der Tür zur Hütte zauderte der Spieler einen Augenblick verwundert, was für ein merkwürdiger Mann ihm zu Hilfe gekommen war, und sein Gemüt wurde von Zweifel erfüllt. Als aber Licht angezündet wurde, sah er, daß es eine sehr gemütliche Hütte war, ohne andere Bewohner, und er drehte sich hastig eine Zigarette, während der andere Kaffee bereitete. Seine Muskeln erschlafften in der Wärme, er lehnte sich mit angenommener Gleichgültigkeit zurück und studierte durch die Rauchringe aufmerksam das Gesicht Uri Brams. Es war ein starkes Gesicht, aber die Stärke in ihm war von der besonderen Art, die sich selbst genügt und keine Verbindung mit etwas anderm hat. Die Furchen darin waren tief, fast wie Narben, und nicht die geringste Spur von Sympathie oder Humor milderte die harten Züge. Die Augen schimmerten kalt und grau unter den dichten, buschigen Brauen. Unter den hohen Backenknochen lagen tiefe Höhlen, die dem Gesicht etwas Abstoßendes verliehen. Kinn und Untergesicht deuteten auf ein Zielbewußtsein, das, wie die schmale Stirn bezeugte, sehr einseitig und, wenn nötig, schonungslos war. Alles war hart und barsch – die Nase, die Lippen, die Stimme, der Zug um den Mund. Dieses Gesicht zeugte davon, daß hier ein Mann war, der viel allein lebte und nicht gewohnt war, die Welt um Rat zu fragen; ein Mann, der des Nachts oft mit den Engeln kämpfte und dem neuen Tag mit zusammengebissenen Zähnen entgegenging, damit niemand von seinem Kampfe etwas ahnte. Sein Wesen war eng, aber tief, und Fortune, dessen eigenes Verhältnis zur Menschheit weit und flach war, konnte ihn nicht verstehen. Hätte Uri gesungen, wenn er froh, hätte er geseufzt, wenn er betrübt war, so würde er es verstanden haben; jetzt aber konnte er die rätselhaften Gesichtszüge nicht deuten und die Seele, die dahinter lag, nicht ermessen.
    »Hilf mir, Mann«, gebot Uri, als sie ihre Tassen geleert hatten. »Wir müssen uns auf Besuch vorbereiten.«
    Fortune half dem andern, und er tat es sehr vernünftig. Die Bettstelle nahm eine Ecke an der Rückwand der Hütte ein. Sie war sehr primitiv, ihr Boden bestand aus Brettern aus Treibholz, die mit Moos bedeckt waren. Am Fußende standen die Enden dieser Bretter in ungleicher Länge hervor. Uri

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