Der Große Krieg: Die Welt 1914 bis 1918 (German Edition)
Verkleinerung und Aufspaltung Deutschlands, eingeschlossen die politische Teilung, als gerechte Strafe für die mutwillig angezettelten Kriege akzeptieren und begreifen, dass seine Nachbarn nie wieder einen so gefährlichen Akteur in ihrer Mitte dulden würden.
Auch die Theorie des demokratischen Friedens lässt sich gegenüber ihrer Herausforderung durch den Ersten Weltkrieg nur retten, indem man das Deutsche Reich kurzerhand den autoritär bis autokratisch regierten Regimen zurechnete und die Rolle populistischer Aufwallungen bei Kriegsbeginn ignorierte. [1414] Auch wenn deren Ausmaß inzwischen relativiert worden ist, so haben diese populistischen Aufwallungen in den Hauptstädten der am Krieg beteiligten Mächte eine erhebliche Rolle gespielt und gerade in Deutschland den Handlungsspielraum der Regierung deutlich eingeschränkt. Die anfängliche Begeisterung für den Krieg zeigt, dass er nicht bloß das Ergebnis sinisterer Intrigen war, sondern zumindest in Teilen der Bevölkerung großen politischen Rückhalt fand. Es kommt hinzu, dass das Deutsche Reich von der Forschung inzwischen als wesentlich liberaler beurteilt wird, als das noch vor zwei Jahrzehnten der Fall war; es ist dadurch viel näher an die westlichen Demokratien Frankreich und Großbritannien herangerückt. Die Zeit der einseitigen Schwarzweißzeichnungen in der Ursachenforschung zum Ersten Weltkrieg ist vorbei, und die von Hegel in seiner Vorrede zur
Rechtsphilosophie
apostrophierte «Eule der Minerva» inspiziert eine Landschaft, in der die mit den Ursachen und dem Verlauf des Ersten Weltkriegs befasste Forschung inzwischen ihr Grau in Grau malt. Eindeutige Antworten sind dadurch ebenso unmöglich geworden wie eindeutige Schuldzuweisungen. Das «Lernen» aus dem Weltkrieg ist dadurch schwieriger, weil komplexer und differenzierter geworden. Aber genau das vermeidet vorschnelle und zu einfache Antworten. Der Weg in den Ersten Weltkrieg ist für die Entwicklung soziopolitisch stabiler Ordnungen nach wie vor eine politische Herausforderung, die jedoch mit Hilfe entsprechender Theorien immer wieder zurückgewiesen worden ist, um den von ihr ausgehenden Schrecken zu besänftigen. Dass sich diese Herausforderung nicht wirklich beseitigen lässt, zeigen die aufgeregten Verweise auf den Sommer 1914 , die immer dann auftauchen, wenn irgendwo auf der Welt ein zwischenstaatlicher Konflikt bedrohliche Ausmaße annimmt.
Anhang
Anmerkungen
Literaturverzeichnis
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