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Der große Ölkrieg

Der große Ölkrieg

Titel: Der große Ölkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans J. Alpers
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Scheibe versuchte ihr mit Gesten anzudeuten, daß sie es öffnen möge, aber dazu war sie keinesfalls bereit, auch wenn der sich nervös gebärdende Besucher den Eindruck erweckte, es gehe um Leben oder Tod.
    Auf einen Zettel schrieb sie WAS WOLLEN SIE? und hielt ihn gegen die Scheibe. Brunner deutete nach unten, meinte wohl ihren Vater, zeigte auf seinen Kopf, machte kreisende Bewegungen mit seinem Zeigefinger, den er dann mit Hilfe seines Daumens zu einem stilisierten Revolver machte, der zu schießen schien.
    Monica verstand. Ihr Vater war völlig durchgedreht und ließ niemanden an sich heran.
    ICH WEISS, schrieb sie. Und: ER WIRD MIR NICHTS TUN!
    Brunner schüttelte mit zusammengebissenen Zähnen den Kopf, klopfte auf seine eigene Waffe und deutete an, daß er ihren Vater erschießen müsse. Sie solle herauskommen, damit seine Leute sie in Sicherheit bringen könnten.
    Monica war eben im Begriff, eine ablehnende Antwort niederzuschreiben, als krachend ihre Zimmertür aufflog und General Josef Remmer in seiner Paradeuniform in den Raum stürmte. Er trug einen Revolver, drehte sich zum Fenster, wo eben das entsetzte Gesicht Brunners verschwand, und schoß das Glas in tausend Scherben.
    „Vater!“ schrie Monica. „Nicht!“
    Remmer spuckte Gift und Galle, verfluchte jeden, der es wagte, sich in seinen Weg zu stellen, und ballerte das Magazin seines Revolvers durch das zerstörte Fenster hinaus leer. Von unten kam lautes Geschrei, dann erklang das Füßetrappeln eines halben Dutzends bestiefelter Soldaten.
    „Sie greifen an!“ brüllte Remmer. „Sie metzeln uns nieder! Die Esso-Truppen reißen uns in Stücke!“
    Wild mit den Armen rudernd, rannte er aus Monicas Zimmer, direkt in die Arme seiner Häscher. Monica, die ihm einige Meter gefolgt war, huschte mit klopfendem Herzen zurück und schloß sich ein.
    Tycho! hämmerten ihre Gedanken. Wenn du jetzt nicht kommst, schleppen sie mich weg!
    Dröhnende Schläge erschütterten die Tür. Brunners Stimme, zwar schmerzverzerrt, aber dennoch gut in ihrer kalten Wut zu erkennen, bellte: „Was ist da los?“
    „Wir haben ihn“, rief ein anderer Mann. „Aber das Mädchen hat sich verrammelt!“
    „Attacke!“ schrie Remmer, der mit drei Männern kämpfte und die Treppe hinunterkollerte. „Haut sie in Klump! Oberst Sawitzky – wo bleiben die schweren Raketenwerfer?“
     
11
     
    Sie hatten Tycho in eine Zelle ohne Fenster gesperrt. Nur nackte, graue Wände waren um ihn herum; die winzige Öffnung eines Lüftungsschachts, eine Glühbirne an der Decke, ein Abfalleimer. Auf einer Grundfläche von zwölf Quadratmetern lagen fünf Männer auf dem rohen Zementfußboden. Einer blutete aus einer Kopfwunde. Er kehrte sein Gesicht der Wand zu.
    Tycho Brehm trat als sechster Mensch in diese Welt der Hoffnungslosigkeit. Da er die Erkennungsparolen der Widerständler nicht kannte, verdächtigte man ihn so lange als Spitzel, bis er den Namen Rüdigers erwähnte.
    Der Mann mit der Kopfwunde drehte sein Gesicht in den Raum. Seine Augen blickten traurig, aber nicht resigniert.
    „Rüdiger!“ rief Tycho.
    „Der Junge ist in Ordnung“, flüsterte Rüdiger und drehte sich wieder zur Wand.
    Tycho wollte zu ihm, über die Körper der anderen hinweg, aber einer der Männer sagte: „Laß ihn in Ruhe. Sie haben ihn gefoltert. Er braucht Ruhe. Vielleicht holen sie ihn noch einmal. Oder mich. Oder dich, irgendwann, gleich, heute, morgen, in einem Jahr. Ich weiß es nicht. Die Lampe brennt immer. Hier gibt es keine Zeit.“
    „Red’ nicht soviel, Thomas“, sagte ein anderer Mann schlaff. „Spar’ deinen Atem.“
    „Aber ich muß ihm was Wichtiges sagen“, protestierte Tycho.
    „Sag es uns“, sagte der bärtige Thomas. „Wenngleich ich mir nicht vorstellen kann, daß es für uns noch was Wichtiges gibt.“
    „Sag es ihm, Tycho“, stöhnte Rüdiger.
    „Keine Sorge“, meinte ein anderer Mann mit runzligem, wettergegerbtem Gesicht. „Wir sind denen so ausgeliefert, daß sie uns nicht mal abhören. Du kannst unbesorgt reden.“
    „Wir müssen hier raus!“ forderte Tycho impulsiv.
    „Ha, ein Witzbold“, erwiderte Thomas.
    Der Runzlige meinte: „Selbst wenn wir das könnten, mein Junge, würden sie uns überall wiederfinden. Aber noch kämpfen wir. Hier rauszukommen würde uns zu einem rascheren Tod verhelfen.“
    „Aber es gibt eine Möglichkeit, durch den Energiedom nach draußen zu gelangen“, stieß Tycho hitzig hervor.
    Die fünf Männer starrten ihn ungläubig an.

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