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Der gruene Heinrich [Erste Fassung]

Der gruene Heinrich [Erste Fassung]

Titel: Der gruene Heinrich [Erste Fassung] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gottfried Keller
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ein gelehrter Architekt auch oft nicht wußte, wohin er alle angebrachten Ideen zählen sollte und vieles der Unklarheit oder Unharmonie zeihen mußte, so gestand er doch immer, daß es Gedanken seien, und belobte, wenn er unbefangen war, den schönen Eifer dieses Mannes mitten in der geistesarmen und nüchternen Zeit des Bauwesens, wie sie wenigstens in den abgelegenen Provinzen des Kunstgebietes bestand.
    Dies tätige Leben versetzte den unermüdlichen Mann in den Mittelpunkt eines weiten Kreises von Bürgern, welche alle zu ihm in Wechselwirkung traten, und unter diesen bildete sich ein engerer Ausschuß gleichgesinnter und empfänglicher Männer, denen er sein rastloses Suchen nach dem Guten und Schönen mitteilte. Es war nun um die Mitte der zwanziger Jahre, wo in der Schweiz eine große Anzahl hochgebildeter Männer aus dem innersten Schoße der herrschenden Klassen selbst, die abgeklärten Ideen der großen Revolution wiederaufnehmend, einen frucht-und dankbaren Boden für die Julitage vorbereiteten und die edlen Güter der Bildung und Menschenwürde sorgsam pflegten. Zu diesen bildete Lee mit seinen Genossen, an seinem Orte, eine tüchtige Fortsetzung im arbeitenden Mittelstande, um so bedeutender, als viele Mitglieder in der Tiefe des Volkes auf den Landschaften umher ihre Wurzeln hatten. Während jene Vornehmen und Gelehrten die künftige Form des Staates, philosophische und Rechtswahrheiten besprachen und im allgemeinen die Fragen schönerer Menschlichkeit zu ihrem Gebiete machten, wirkten die rührigen Handwerker mehr unter sich und nach unten hin, indem sie einstweilen ganz praktisch so gut als möglich sich einzurichten suchten. Eine Menge Vereine, öfter die ersten in ihrer Art, wurden gestiftet, welche meistens irgendeine Versicherung zum Wohle der Mitglieder und ihrer Angehörigen zum Zwecke hatten. Schulen wurden gesellschaftsweise gegründet, um den Kindern des gemeinen Mannes eine bessere Erziehung zu sichern, da die damaligen, sehr gut eingerichteten Stadtschulen nur den wohlhabenden Altbürgerkindern zugänglich und die Volksschulen in einem elenden Zustande waren; kurz, eine Menge Unternehmungen dieser Art, zu jener Zeit noch neu und verdienstlich, gab den braven Leuten zu schaffen und Gelegenheit, sich daran emporzubilden. Denn in zahlreichen Zusammenkünften mußten Statuten und Verfassungen aller Art entworfen, beraten! durchgesehen und angenommen, Vorsteher gewählt und nach außen wie nach innen Rechte und Formen erklärt und gewahrt werden.
    Zu diesen verschiedenen Elementen kam und berührte sie gemeinschaftlich der griechische Freiheitskampf, welcher auch hier, wie überall, zum ersten Mal in der allgemeinen Ermattung die Geister wieder erweckte und erinnerte, daß die Sache der Freiheit diejenige der ganzen Menschheit sei. Die Teilnahme an den hellenischen Betätigungen verlieh auch den nicht philologischen Genossen zu ihrer übrigen Begeisterung einen edlen kosmopolitischen Schwung und benahm den hellgesinnten Gewerbsleuten den letzten Anflug von Spieß- und Pfahlbürgertum. Lee war überall der Erste, ein zuverlässiger, hingebender Freund für alle, seines reinen Charakters und seiner gehobenen Gesinnung wegen allgemein geachtet, ja geehrt. Er war glücklich zu nennen, um so mehr, als er von keinerlei Art Eitelkeiten befangen war, und erst jetzt fing er von neuem an zu lernen und nachzuholen, was ihm immer erreichbar war. Er trieb auch seine Freunde dazu an, und es war bald keiner derselben mehr, der nicht eine kleine Sammlung geschichtlicher und naturwissenschaftlicher Werke aufzuweisen hatte. Da fast allen in ihrer Jugend die gleiche dürftige Erziehung zuteil geworden, so ging ihnen nun besonders bei ihrem Eindringen in die Geschichte ein reiches und ergiebiges Feld auf, welches sie mit immer größerer Freude durchwandelten. Ganze Stuben voll waren sie an Sonntagsmorgen beisammen, disputierten und teilten sich die immer neuen Entdeckungen mit, wie allezeit die gleichen Ursachen die gleichen Wirkungen hervorgebracht hätten und dergleichen. Wenn sie auch Schiller auf die Höhen seiner philosophischen Arbeiten nicht zu folgen vermochten, so erbauten sie sich um so mehr an seinen geschichtlichen Werken, und von diesem Standpunkte aus ergriffen sie auch seine Dichtungen, welche sie auf diese Weise ganz praktisch nachfühlten und genossen, ohne auf die künstlerische Rechenschaft, die der große Schriftsteller sich selber gab, weiter eingehen zu können. Sie hatten die größte

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