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Der heilige Erwin und die Liebe

Der heilige Erwin und die Liebe

Titel: Der heilige Erwin und die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasna Mittler
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n den verschlossenen Toren des kleinen Sitzungssaals baumelt ein Schild: Sondersitzung Erde: Ist der Planet noch zu retten? steht darauf. Es ist die dritte Dreifaltigkeitssitzung in Folge zu diesem Thema. Drinnen herrscht dicke Luft.
    Â»Wie wir es auch drehen und wenden«, schnaubt Gott gerade, »müssen wir uns doch eingestehen, dass wir mit der Erde noch immer nicht weitergekommen sind!« Er blickt seine Mitstreiter, Jesus und den Heiligen Geist, scharf an.
    Immerhin schließt er sein eigenes Scheitern diesmal nicht aus, denkt Jesus, der das »wir« in der Rede seines Vaters mit Genugtuung registriert hat. Ein irdisches Jahr ist vergangen, seitdem sich Gott höchstpersönlich auf den Planeten begeben hat, um dort nach dem Rechten zu sehen. Er hatte sich dazu den Körper eines Menschen ausgeliehen und war in der Gestalt des Obdachlosen Erwin auf der Erde umhergestreift. Das ganze Unterfangen war ziemlich chaotisch verlaufen, da Gott sich mit den irdischen Gegebenheiten praktisch nicht auskannte. Er gab sich wortkarg, als Er von seinen Erlebnissen berichten sollte. Aber so viel konnte Jesus seinem Vater doch aus der Nase ziehen: Das Leben auf der Erde war anstrengender, als Er sich das vorgestellt hatte.
    Â»Ich habe euch doch damals von meinem Menschen Erwin erzählt«, fährt Gott nun in ruhigerem Ton fort. »Eine ganze Weile habe ich in seinem Körper zugebracht, und das war kein Zuckerschlecken, das sag ich euch!«
    Jesus verdreht die Augen. Auf den menschlichen Körper reduziert zu sein, mit all seinen Bedürfnissen und Wehwehchen, hatte Gott auf seiner Reise ziemlich in Schach gehalten. Immerhin war es ihm dennoch gelungen, einen Bericht über die Lage der Menschheit und den Zustand des Planeten zu verfassen – und dieser war ausgesprochen trübe gewesen.
    Â»Schließlich habe ich ihn mit dieser netten Frau zusammengebracht, Rita.« Hier macht Er eine versonnene Pause.
    Jesus scheint es, als gehe ein leicht rosafarbenes Leuchten von seinem Vater aus. »Und, worauf willst du hinaus?«, fragt er, bevor Gott sich ganz in seinen Erinnerungen verliert.
    Der seufzt. »Selbst bei den beiden scheint es nicht mehr zu funktionieren. Dabei habe ich sie extra mit einer großen Portion Liebe versorgt, bevor ich sie verlassen habe. Wie um alles in der Welt soll denn das Zusammenleben der Menschen funktionieren, wenn sie sich nicht einmal in der kleinsten Einheit zusammenraufen können?!«
    Jesus nickt, er kann die Verzweiflung seines Vaters verstehen. Seit dessen Rückkehr von der Erde arbeitet die Dreifaltigkeit daran, den Planeten wieder auf Vordermann zu bringen – vergeblich. Zwar hat Jesus eine Reihe von neuen Verhaltensregeln für die Menschheit aufgestellt, die in der Theorie gut funktionieren und sicherlich zu einer Besserung der Situation führen würden. Doch als sich der Heilige Geist in seiner Funktion als Außenminister daranmachte, der Menschheit die neuen Pläne zu vermitteln, fingen die Probleme erst richtig an. Es hat einfach niemand zugehört.
    Â»Ich für meinen Teil habe die Schnauze jedenfalls gestrichen voll!«, braust der Heilige Geist nun auf. »Ich habe schließlich auch noch anderes zu tun, als den Erdlingen hinterherzulaufen.« Er blickt Vater und Sohn an. »Man muss sich auch eingestehen können, wenn ein Projekt gescheitert ist«, fügt er eindringlich hinzu. »Wir haben getan, was wir konnten. Lasst uns das Ganze abbrechen und uns wieder den aussichtsreicheren Schöpfungen zuwenden!«
    Bei diesen Worten zuckt Jesus zusammen. Schließ lich ist er selbst einmal dort unten gewesen, und irgend­w ie hat er sich in die Menschen vernarrt, so dumm sie auch sein mögen. Fragend sieht er zu Gott auf, der mächtig hinter seinem Schreibtisch thront.
    Â»Hmmm«, macht dieser nachdenklich. »Wir sollen den Planeten also einstampfen, nach all der Arbeit, die wir investiert haben?«
    Â»Genug ist genug«, poltert der Heilige Geist. »Die Krosspisianer haben angedeutet, dass sie sich von uns mittlerweile vernachlässigt fühlen, und die Lage auf Planet 04 ist alles andere als rosig. Ganz zu schweigen von dem, was sich derzeit zwischen Xyphüs und Tkos zusammenbraut. Wenn ich das Projekt Erde nicht bald vom Tisch habe, werden wir hier demnächst ganz andere Probleme bekommen, von einem Ausmaß, das ich mir noch gar nicht vorstellen mag!« Er schüttelt sich, als müsse er

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