Der Hexer - NR29 - Necron - Legende des Bösen
und sich über mich beugte, um mich abermals zu küssen. Mühsam bekam ich eine Hand frei und wollte sie erneut umarmen, aber wieder wich sie mir aus, zwar noch immer lachend, aber auf eine Art und Weise, die mir ziemlich eindeutig sagte, daß diese Ablehnung endgültig war.
Ich setzte mich auf, rutschte in eine halbwegs bequeme Lage und sah sie an. »Du erstaunst mich immer wieder, Pri«, sagte ich.
»Wieso? Ich habe niemals behauptet, eine Nonne zu sein, oder? Und schließlich habe ich länger als ein Jahr auf dich gewartet.«
»Es hat sich gelohnt, oder?«
Priscylla kicherte. »Was willst du hören, mein Held? Daß ich dich für den Größten halte?«
»Wieso halte?« entgegnete ich beleidigt. »Ich bin es, oder etwa nicht?«
Diesmal lachte Priscylla nicht, und mit einem Male spürte ich, daß sie nicht nur hierhergekommen war, um mit mir zu schlafen. »Was hast du?« fragte ich. Ich setzte mich auf, schlüpfte in meine Beinkleider und rutschte auf der Bettkante zu Priscylla hinüber. Sie zitterte, als ich die Hand um ihre Schulter legte.
»Du bist in Gefahr, Robert«, sagte sie, mit einem Male sehr leise und sehr ernst. »Und nicht nur du. Auch der Indianer, der dich begleitet, und diese... wie hast du sie genannt?«
»El-o-hym.«
»El-o-hym...« Priscylla wiederholte den Namen auf sonderbare Weise. »Weißt du eigentlich, was das bedeutet?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Dann schau in der Bibel nach«, sagte Priscylla.
»Warum sagst du es mir nicht?«
Priscylla schüttelte den Kopf und löste sich aus meiner Umarmung, wich aber nicht von mir fort, sondern schmiegte sich weiter an meine Seite. Es war ein unbeschreiblich wohltuendes Gefühl, eine Wärme und Geborgenheit, die sich mit Worten nicht beschreiben ließ. Für einen Moment schoß mir ein vollkommen verrückter Gedanke durch den Kopf: Ganz gleich, was jetzt geschah – selbst wenn ich in der nächsten Minute sterben sollte: es hatte sich gelohnt.
»Du würdest es mir ja doch nicht glauben«, fuhr Priscylla fort, meine Frage mit einiger Verspätung beantwortend. »Und ich bin auch nicht hier, um über Shadow zu sprechen. Ich glaube, du kannst ihr vertrauen. Es geht um Necron. Du... du darfst ihm nicht glauben, Robert. Ganz gleich, was er dir bietet, glaube ihm nicht.«
Ich antwortete nicht. Alles in mir schrie danach, Priscyllas Warnung zuzustimmen, und doch... Er hatte uns Gastfreundschaft und Sicherheit versprochen, wenn auch nur für eine Nacht, und wir hatten sie bekommen. Er hatte mir Priscylla versprochen, und ich hielt sie in den Armen...
»Und wenn er recht hat?« fragte ich, einer direkten Antwort ausweichend. »Du hast gehört, was er über Hastur gesagt hat. Und ich habe mit eigenen Augen gesehen, was geschehen ist.«
»Du kennst Necron nicht!« widersprach Priscylla heftig.
»Kennst du ihn denn?«
Priscylla zögerte einen ganz kurzen Moment, dann nickte sie. »Besser als du«, behauptete sie. »Vergiß nicht, daß ich länger als ein Jahr seine Gefangene war.« Ihre Stimme zitterte bei diesen Worten so heftig, daß ich sie instinktiv fester an mich preßte. Was mochte sie erlitten haben in diesem einen Jahr? Welche unvorstellbaren Qualen mußte sie ausgestanden haben, eingekerkert in ihren eigenen Körper, nichts als ein Geist, abgeschnitten von allen äußeren Eindrücken?
Ich versuchte mir vorzustellen, wie es sein mußte: blind, taub, gelähmt, unfähig, irgend etwas zu empfinden oder zu fühlen; eine Ewigkeit lang. Der Gedanke war so entsetzlich, daß sich etwas in mir dagegen sträubte, ihn auch nur zu denken.
Aber ich fragte Priscylla nicht danach, und nach einer Weile redete sie von sich aus weiter.
»Er hat mich in diesen magischen Schlaf versetzt«, begann sie. »Aber ich habe nicht immer geschlafen. Necron hat... ich weiß nicht genau, was, aber er hat wohl versucht, so etwas wie einen geistigen Kontakt mit mir herzustellen. Vielleicht, um mehr über dich zu erfahren. Aber dabei habe ich auch eine Menge über ihn in Erfahrung gebracht, Robert. Ich... ich weiß, wer er wirklich ist.«
»Wer er wirklich ist?« wiederholte ich verwirrt. »Willst du damit sagen, daß Necron nicht Necron ist?«
»Natürlich«, antwortete Priscylla. »Er ist ein Magier, ein uralter, unglaublich mächtiger Magier, und die Gestalt, in der du ihn kennst, ist nicht seine einzige. Er... er wechselt seinen Körper wie du dein Hemd. Er ist alt, Robert, uralt.«
»Ich weiß«, antwortete ich. Ich begriff noch immer nicht wirklich, worauf
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