Der Himmel über Garmisch (German Edition)
Lepper.«
Schwemmer spitzte die Lippen und dachte nach.
»Frau Fuchs«, sagte er dann. »Jetzt beruhigen wir uns erst mal wieder.«
SIEBEN
Hardy legte die Langhantel in den Haltern ab, als Carlo in den Fitnessraum kam. »Du bist früh auf heute«, sagte er.
»Ich hab um acht den Termin in Murnau.« Carlo war noch im Morgenmantel. In der Hand hielt er einen Kaffeebecher.
»Setz dich her, ich will eh rudern.«
Carlo ließ sich auf der Bank nieder. Hardy stieg auf das Rudergerät und machte seine Füße in den Rasten fest. Er sah Carlo an. Sie hatten noch lange geredet, nachdem Ula und er zurückgekommen waren. Es gab eine Menge zu entscheiden, und das war momentan nicht Carlos Stärke. Dass er Boris fünfhunderttausend zugesagt hatte für Reagans amateurhaften Versuch, ins Drogengeschäft einzusteigen, war ein echtes Alarmsignal. Die fünfhundert waren aufzutreiben. Carlo hatte sie nicht gerade im Safe liegen, aber darum ging es nicht. Es ging darum, dass er sich hatte überrollen lassen.
»Ich mache mir Sorgen um Reagan«, sagte Carlo. »Hoffentlich legt er sich nicht mit den falschen Leuten an.«
»Das hat er schon«, sagte Hardy. Er begann zu rudern, und der Lüfter gab ein kräftiges Rauschen von sich.
Carlo starrte in seinen Kaffee. »Vielleicht kommt er ja auch von selber auf die Idee, sich für eine Weile unsichtbar zu machen.«
»Möglich«, sagte Hardy.
»Gunther hat übrigens gestern Abend angerufen.«
»Aha. Was gibt’s?«
»Ich bin nicht drangegangen.«
Hardy hielt in der Bewegung inne. »Carlo, das geht nicht«, sagte er.
»Dreck. Das weiß ich auch.«
»Soll ich ihn zurückrufen?«
»Nein … ich mach das, wenn ich wieder da bin. Wird ja nicht ewig dauern, der Termin.«
»Passt.« Hardy begann wieder zu rudern. »Um diese Zeit kannst du ihn eh noch nicht anrufen. Der ist nicht vor halb fünf aus dem Club gekommen.«
Carlo sah auf die Uhr. »Ich muss mich langsam mal in Schale werfen. Die Dame soll ja keinen falschen Eindruck von mir bekommen.«
»Kann sein, dass die Schale gerade den falschen Eindruck macht«, sagte Hardy.
Carlo sah ihn müde an. »Ich werde jedenfalls nicht im Morgenmantel hingehen.«
»Ist schon in Ordnung«, sagte Hardy. »Die legst du eh nicht rein.«
***
Burgl Schwemmer sah mit professionell freundlichem Interesse zu, wie der Herr im Sessel gegenüber konzentriert und zügig den Standardfragebogen der Psychiatrisch-psychologischen Gemeinschaftspraxis Schurig und Schwemmer ausfüllte. Sie schätzte den massigen Mann auf Anfang, Mitte sechzig. Sein Haar war noch voll, schien aber dunkel getönt zu sein. Er trug eine schmale goldene Lesebrille, die er etwas umständlich aus der Innentasche seines ziemlich teuer wirkenden Anzugs genestelt hatte, und schrieb mit einem edlen grüngoldenen Kugelschreiber.
Dem Auftreten nach war er es gewohnt, Anordnungen zu geben, die befolgt wurden. Aber in seinem Blick war ein paarmal ein Flackern zu entdecken gewesen, das diesen Eindruck störte.
Der Mann überflog das Geschriebene noch einmal, dann reichte er ihr das Klemmbrett mit dem ausgefüllten Fragebogen.
»Ich möchte mich bedanken, dass Sie so kurzfristig Zeit für mich hatten«, sagte er.
»Das war Zufall. Ein Klient ist ausgefallen, von der Warteliste hatte niemand Zeit … Üblicherweise hätte es ein paar Wochen gedauert.«
Sie warf einen Blick auf den Fragebogen und hob die Brauen. Die Blätter waren komplett ausgefüllt. Alle Fragen nach Vorerkrankungen, Medikamenten, Selbsteinschätzung und so weiter waren beantwortet. Nur die Felder für Namen und Anschrift waren leer, ebenso wie die Rubrik »Krankenkasse«.
»Ich möchte von Anfang an so offen wie möglich sein, Frau Schwemmer: Mein Name und meine Anschrift tun nichts zur Sache.«
»Ja, mei …«, sagte Burgl mit einem skeptischen Lächeln. »Und wie soll ich Sie nennen?«
»Belassen wir es bei Müller. Von mir aus auch Schweinsteiger, wenn Ihnen das lieber ist.«
Burgl lachte. »Nein, Müller passt schon. Aber wo dürfen wir die Rechnung hinschicken?«
»Nach meiner Information beträgt Ihr Stundensatz einhundertzwanzig Euro. Ist das korrekt?«
»Für Privatpatienten ist das unser Satz. Allerdings dauert eine Sitzung in der Regel etwa fünfzig Minuten.«
»Verstehe …« Müller oder wie immer er heißen mochte, zog seine Brieftasche. Er nahm drei Zweihundert-Euro-Scheine heraus und hielt sie Burgl hin. Sie sahen neu aus.
»Als Anzahlung. Damit Sie sehen, dass ich es ernst meine.«
Burgl
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