Der Idiot
Petersburg und zu Hause zu veranstalten? Dem Fürsten war es durchaus klar, worauf alle diese Befürchtungen hinzielten; aber er antwortete kurz und schlicht, dies sei Nastasja Filippownas dringender Wunsch.
Am nächsten Tag erschien bei dem Fürsten auch Keller, der benachrichtigt worden war, daß er Hochzeitsmarschall sein solle. Bevor er eintrat, blieb er in der Tür stehen, hob, sobald er den Fürsten erblickte, die rechte Hand mit ausgestrecktem Zeigefinger in die Höhe und rief, wie wenn er einen Eid leistete:
»Ich werde nicht trinken!«
Dann trat er an den Fürsten heran, schloß ihn kräftig in die Arme, schüttelte ihm beide Hände und erklärte, er habe allerdings zu Anfang, als er von der Sache gehört habe, eine feindliche Stellung dagegen eingenommen und das auch beim Billard ausgesprochen, und zwar aus keinem andern Grund, als weil er dem Fürsten keine andere als eine Prinzessin de Rohan oder mindestens de Chabot zugedacht und mit der Ungeduld eines Freundes täglich auf die Verwirklichung dieses Planes gewartet habe; aber jetzt sehe er selbst, daß der Fürst eine mindestens zwölfmal so edle Gesinnung habe als sie »alle zusammen«! Denn er strebe nicht nach Glanz, nicht nach Reichtum, nicht einmal nach äußerer Ehre, sondern nur nach der Wahrheit! Die Herzensneigungen hochgestellter Persönlichkeiten würden eben durchschaut, und der Fürst stehe durch seine Bildung zu hoch, als daß man ihn nicht zu den hochgestellten Persönlichkeiten, allgemein gesagt, rechnen müßte! »Aber der Pöbel und dieses ganze Gesindel urteilen anders; in der Stadt, in den Häusern, in den Gesellschaften, in den Villen, beim Konzert, in den Trinkstuben und beim Billard hört man über nichts anderes reden und spektakeln als über das bevorstehende Ereignis. Ich habe gehört, daß man Ihnen sogar unter den Fenstern eine Katzenmusik bringen will, und zwar in der Hochzeitsnacht! Wenn Sie, Fürst, die Pistole eines ehrenhaften Mannes nötig haben, so bin ich erbötig, ein halbes Dutzend Schüsse mit diesem Volk zu wechseln, bevor Sie sich am andern Morgen vom Hochzeitslager erheben.« Er riet auch, um dem großen Andrang Neugieriger entgegenzuwirken, bei der Rückkehr von der Kirche auf dem Hof eine Feuerspritze bereitzuhalten; aber Lebedjew protestierte dagegen: »Die Feuerspritze würde die Ursache werden, daß sie mir das ganze Haus demolierten.«
»Dieser Lebedjew intrigiert gegen Sie, Fürst, bei Gott! Man will Sie unter Kuratel stellen, können Sie sich das denken? Sie mit allem, was drum und dran ist, mit Ihrem freien Willen und mit Ihrem Geld, das heißt mit den beiden Dingen, durch die sich ein jeder von uns von einem Vierfüßler unterscheidet! Ich habe es gehört, aus zuverlässiger Quelle gehört! Es ist die reine Wahrheit!«
Der Fürst erinnerte sich, selbst schon etwas Derartiges gehört, aber selbstverständlich nicht weiter beachtet zu haben. Er lachte auch jetzt nur darüber und vergaß es sofort wieder. Lebedjew war wirklich eine Zeitlang in dieser Richtung tätig gewesen; die Spekulationen dieses Menschen gingen immer sozusagen aus einer plötzlichen Eingebung hervor; infolge seines Übereifers komplizierten sie sich dann, verzweigten sich und entfernten sich von dem ursprünglichen Ausgangspunkt nach allen Seiten; das war der Grund, weshalb ihm in seinem Leben nur weniges gelang. Als er dann, erst kurz vor dem Hochzeitstag, zum Fürsten beichten kam (er hatte die feststehende Gewohnheit, immer demjenigen zu beichten, gegen den er intrigierte, namentlich wenn seine Intrige nicht glückte), da erklärte er ihm, er sei ein geborener Talleyrand, und es sei unbegreiflich, weshalb er nur ein Lebedjew geblieben sei. Dann deckte er ihm sein ganzes Spiel auf, wodurch er das lebhafte Interesse des Fürsten erweckte. Nach seiner Mitteilung hatte er mit dem Versuch begonnen, sich die Protektion hochstehender Persönlichkeiten zu verschaffen, um sich im Notfall auf dieselben zu stützen, und war zum General Iwan Fjodorowitsch gegangen. General Iwan Fjodorowitsch war erstaunt; er wünsche, sagte er, dem jungen Mann alles Gute; aber trotz seines lebhaften Wunsches, ihn zu retten, sei es doch für ihn nicht passend, hierbei mitzuwirken. Lisaweta Prokofjewna wollte ihn weder sehen noch hören; Jewgeni Pawlowitsch und Fürst Schtsch. beschränkten sich auf abweisende Handbewegungen. Aber Lebedjew verlor nicht den Mut, sondern befragte einen klugen Juristen, einen achtungswerten alten Mann, der mit ihm befreundet
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