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Der Insulaner

Der Insulaner

Titel: Der Insulaner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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Völker überlebten, selbst wenn sie einander nicht mochten oder verstanden. Und er ging davon aus, dass die Fischer die Kaggas der Shasinn in ihre Gebete einschlossen, wenn sie früh am Morgen die Sonne anflehten.
    Obwohl er jung und stark war, fühlte er Dankbarkeit in sich aufsteigen, als die Nachtwache erschien, um ihn abzulösen. Er lächelte den Bruder an, der eilig den Felsen erklomm.
    »Geh hinunter und wärme dich an den Feuern, du Glücklicher, während ich hier oben die Nacht verbringe!« Es war Danats, der sich eine warme, aus Kaggahaar gewebte Decke zum Schutz gegen die Kälte mitgebracht hatte. Außerdem trug er ein kleines Bündel mit Proviant bei sich, als fürchte er, bis zum Morgengrauen verhungern zu müssen. Danats liebte gutes Essen, wie andere ihre Frauen oder die Geister liebten.
    »Mir blutet das Herz«, erklärte Hael, »wenn ich daran denke, dass du hier unter freiem Himmel wachen musst, bis die Sonne aufgeht und ich dich ablösen werde.«
    Danats wickelte sich in die Decke, obwohl es noch nicht allzu kühl war. »Wenn die Wolken nicht lügen, wird es heute Nacht regnen. Ich sehe nur wenige Sterne, Bruder.«
    »Ohne Regen wächst kein Gras, und wovon sollten sich die Kaggas sonst ernähren?« Hael machte sich keine Sorgen wegen Danats. Eine Decke aus Kaggahaar ließ das Wasser ebenso gut abperlen wie das Gefieder der Schwimmvögel. Die Shasinn hießen den Regen willkommen, wenn er nicht von einem Sturmwind begleitet wurde.
    Hael leistete Danats noch eine Weile Gesellschaft. Die beiden verband eine besondere Zuneigung. Alle jungen Krieger nannten einander Fastan, was ›Bruder‹ bedeutete. Aber Danats und Hael waren Chabas-Fastan. Am letzten Abend der Aufnahmezeremonie hatten sie sich gegenseitig beschnitten – recht ungeschickt und mit stumpfen Messern. Der Ausdruck bedeutete soviel wie ›Vorhaut-Brüder‹ und schweißte zwei junge Männer fürs ganze Leben zusammen. Von nun an unterlagen sie dem Gefährten gegenüber gewissen Pflichten. Einer wachte am Tage, der andere in der Nacht. Bei Krankheiten oder Verwundungen pflegten sie einander. Während einer Schlacht kämpften sie Seite an Seite. Schickte man einen von ihnen mit einem Auftrag fort, blieb der andere bei der Herde. Dieser Bund vereinte die beiden das ganze Leben hindurch. Als ältere Krieger oder Stammesälteste beschützten sie die Kinder des Gefährten und nahmen seinen Platz ein, wenn er starb. Bei den Shasinn galt es als furchtbares Unglück, wenn ein Mann noch in der Jugend den Chabas-Fastan verlor, denn kein anderer konnte den Platz des Verstorbenen einnehmen. Es war schlimmer als der Tod beider Eltern. Da Hael bereits ein Waisenknabe war, konnte er nicht ertragen, auch nur an den möglichen Verlust Danats zu denken.
    »Hast du denn genug zu essen dabei?« fragte er spöttisch und stieß mit dem Fuß nach dem schweren Proviantbündel. »Nicht, dass ich morgen früh nur noch ein Skelett vorfinde, an dem die weniger anspruchsvollen Aasfresser nagen.«
    »Verschwinde endlich, du Faulpelz! Überlass es den richtigen Männern, bei Nacht zu wachen. Iß nur gemütlich zu Abend und laufe den Frauen nach, während ich hier meine Pflicht erfülle.«
    »Vielen Dank für den Vorschlag«, erwiderte Hael trocken. »Schließlich ziehen sich die Frauen schon bald für vier lange Nächte der Besinnung zurück, ehe sie das Kälberfest feiern, und danach haben wir viel zu viel zu tun, um ihnen noch länger den Hof machen zu können.«
    Danats seufzte. »Stimmt leider. Nun ja, wie sagt man doch? Ein Mann kann seinen Speer auch selbst polieren, nicht wahr? Geh schon Kind, so lange es noch hell genug ist, damit du nicht hinfällst. Wenn du dir ein Bein brichst, müsste ich dir den Speer durch den Hals stoßen, wie bei einem verkrüppelten Kagga.«
    Hael lachte und kletterte den steilen Abhang hinunter. Danats Bemerkung entbehrte nicht jeder Wahrheit, denn ein Fehltritt wäre ihm schlecht bekommen. Wenige Minuten später hatte er das Lager erreicht.
    Innerhalb des Hüttenkreises brannten etliche kleine Feuer, und der Geruch von geröstetem Fleisch lag in der Luft. Da keine Feierlichkeit bevorstand, musste ein Kagga durch einen Unfall umgekommen sein. Die Feuer wurden mit Dornholz und getrocknetem Kaggadung genährt. Frauen und Kinder sammelten die Brennmaterialien ein und brachten sie in die Lager der Krieger. Als Gegenleistung halfen ihnen die jungen Männer, die schweren Wasserkrüge vom Fluss ins Dorf zu tragen. Zwar beschwerten sie sich

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