Der Kandidat [microform] : Komödie in vier Aufzügen nach Flaubert
denken.
SieStreift Achim einen Strang Wolle zum Abwickeln über / die Hände:
Wollen Sie die Wolle halten, Graf? Die Arme immer auseinander. Im übrigen vergißt uns Ihr Vater aber ganz.
ACHIM gedämpft zu ihr:
Er hat im Gegenteil fiir heute eine Unterredung mit Herrn Russek erbeten.
FRAU RUSSEK:
Wirklich?
SEIDENSCHNUR zu Grübel: Hören Sie?
LUISE: O Gott!
ACHIM:
Es betnflft eine Angelegenheit.
SEIDENSCHNUR zu Grübel: Man kann sich schon denken.
GRÜBEL: Teufel! Wenn jetzt nicht gleich Blattgold kommt . . .
\
VIERTER AUFTRITT
Tritt auf von rechts Russek,
LUISE: Papa!
RUSSEK:
Sich ihn dir nur an, Mädel. Du kannst stolz auf ihn sein!
Zu Frau Russek: Guten Tag, Liebste.
FRAU RUSSEK:
Was gibts? Deine strahlende Miene . . .
RUSSEK:
Sie hier, Grübel? Mein guter Seidenschnur! Ihr wolltet die ersten sein. Ja, meine Lieben, ich bin gerührt. Meine Mitbürger . . .
GRÜBEL: Wir wissen von nichts.
SEIDENSCHNUR: Ahnungslos.
. ACHIM: Aha!
RUSSEK:
Sie sind im Haus. Eine konservative Abordnung schlägt mich zum Kandidaten des Wahlkreises vor.
GRÜBEL: Konservativ? Verflucht, man ist mir zuvorgekommen!
LUISE: Papa!
ACHIM: Bravo!
FRAU RUSSEK: Welch Glück!
SEIDENSCHNUR :
Und Sic wollen annehmen?
RUSSEK: Warum nicht? Ich bin doch konservativ.
FRAU RUSSEK: Was hast du geantwortet?
RUSSEK: Noch nichts. Ich wollte deine Meinung hören.
FRAU RUSSEK: Laß dich wählen!
LUISE: Aber natürlich!
EVELYN: Splendid.
RUSSEK: Ihr habt nichts dagegen?
FRAU RUSSEK, LUISE, EVELYN, ACHIM:
Im Gegenteil!
RUSSEK:
So kann ich sagen, man hat mich auch von Seiten meiner Familie gezwungen.
Er mll gehen,
GRUBEL leise zu ihm: Langsam! Vorsicht!
RUSSEK: Was denn?
GRÜBEL:
Ein solches Anerbieten ist nicht ernst zu nehmen.
RUSSEK; "^as heißt das?
FÜNFTER AUFTRITT
Tritt auf Heppner von rechts. HEPPNER;
r
Diener, meine Herrschaften! Die Versammlung drin hat mich beauftragt, Herrn Russek zu holen. Er soll seine Zustimmung geben.
RUSSEK: NatürUch.
DETTMICHEL tritt von rechts auf:
Aber, aber! Schnell, Lieber, man wird ungeduldig!
SEIDENSCHNUR: Auch so ein Heuchler, dieser Dettmichel.
DETTMICHEL zu Achim: Ihr Herr Vater wünscht Sie zu sprechen.
FRAU RUSSEK zu Russek: Voran!
GRÜß EL zu Luise:
Sein Vater ist da!
Zu Russek: Suchen Sie einen Vorwand!
Zu Heppner: Sagen Sie, Herr Russek sei unpäßlich; würde sich im Lauf des Tages entscheiden.
HEPPNER exit.
RUSSEK: Das ist stark!
FRAU RUSSEK: Unerhört!
DETTMICHEL: Aber, aber!
GRÜBEL:
Man nimmt eine Kandidatur nicht ohne weiteres an.
RUSSEK ; Seit zwei Jahren denke ich nichts anderes.
GRÜBEL:
Eben darum. Fragen Sie den Notar, ob er Ihre Wahl verbürgt!
SEIDENSCHNUR: Kaum.
DETTMICHEL:
Verbürgen? Nein. Doch glaube ich an die Möglich-keit. Freilich, die Gegenpartei . . .
SEIDENSCHNUR. Ist stark.
GRÜBEL zu Dettmtchel:
Sie werden unsern Freund entschuldigen. Er muß sich besinnen.
Zu Russek: Wollen Sie aber gleich aUes aufs Spiel setzen . . .
RUSSEK:
Vielleicht hat er recht.
Zu Dettmtchel: Ersuchen Sie also die Herren . . .
DETTMICHEL:
Bitte, Graf Achim!
Exit,
GRÜBEL zu Achim: Sic müssen Papa gehorchen.
ACHIM exlt, GRÜBEL 'wiü gleichfalls gehen,
RUSSEK: Warum gehen Sie auch?
GRÜBEL:
Mein Geheimnis. Gleich werden Sie sehen und staunen!
Exit,
LUISE/«r sich: Was hat er vor?
FRAU RUSSEK:
Wieder eine Extravaganz.
SEIDENSCHNUR: Ein merkwürdiger Jüngling.
Zu Russek: Ich möchte Ihnen einen andern vorstellen.
RUSSEK: Bringen Sie ihn nur.
SEIDENSCHNUR: Er könnte Ihrem Geschmack nicht entsprechen . . . Herr Bach?
FRAU RUSSEK zu sich: Bach! O Gott! ^
RUSSEK:
Der? Ausgeschlossen!
Er reißt Luise eine Zeitung^ in der sie liest, aus der Hand.
Dieses Blatt habe ich in meinem Hause verboten.
FRAU RUSSEK : Aber . . .
RUSSEK zu Sei den schnür:
Da! Wieder Verse! ^
SEIDENSCHNUR:
Da er Dichter ist.
RUSSEK :
Dichter sind mir widerlich.
Zu Luise: Jetzt weniger als je, meine Tochter!
LUISE: Aber ich verteidige ihn nicht.
EVELYN:
Ich sprach einmal mit ihm. Er ist sehr reizend, Herr Russck.
RUSSEK: Bitte, Miß Evelyn.
Zu Frau Russek:
Nimm Luise mit. Ich möchte mit Herrn Seidenschnur sprechen.
FRAU RUSSEK, LUISE, EVELYN exeunt.
SECHSTER AUFTRITT
RUSSEK liest aus der Zeitung: Hören Sie: Überschrift: ,,Wicder an Sic."
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Selbst die Sphinx, leblos in Steinen, würde meinen Schmerz beweinen.'*
Du kannst mich mit deiner Sphinx ... Es ist die Fort-setzung der Korrespondenz. Dienstag vor acht
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