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Der kleine Lord

Titel: Der kleine Lord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Hodgson Burnett
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nicht lachen müßte über unsern Jungen, wenn
er so altklug schwatzt. In der Nacht, wo der neue Präsident
ernannt worden ist, kommt der Jung' zu mir in die Küch',
stellt sich vors Feuer, die Händchen in den kleinen Taschen,
wie ein Bild, sag' ich Ihnen, und mit so einer feierlichen Mien' wie
ein Richter im Talar, Und dann sagt er zu mir:
›Mary,‹ sagt er, ›die Wahl 'tressiert
miß sehr,‹ sagt er. ›Iß bin
'Publikaner und Herzlieb auch. Bist du auch 'Publikaner,
Mary?‹ ›Thut mir leid,‹ sag' ich,
›aber ich bin just ein wenig von der andern
Partei.‹ Da sieht er mich an, daß es einem ganz
durch Mark und Bein geht, und sagt: ›Mary,‹ sagt
er, ›die rißten ja das Land zu Grund.‹ Und
seither ist kein Tag vergangen, wo er mir nicht zugeredet hat, zur
andern Partei zu gehen.«
    Mary war sehr entzückt von »unserm
Jungen« und sehr stolz auf ihn; sie war schon im Hause
gewesen, als er zur Welt kam, und seit seines Vaters Tode war sie
Köchin, Hausmädchen und Kinderfrau in einer Person.
Sie war stolz auf den kräftigen, beweglichen, kleinen Kerl und
sein nettes Benehmen, ganz besonders aber auf sein schimmerndes Haar,
das in die Stirn hereingeschnitten war und in leichten Pagenlocken auf
seine Schulter fiel. Um seine kleinen Anzüge machen zu helfen,
war ihr früh und spät keine Mühe zu viel.
    »'Ristokratisch, hm?« pflegte sie zu sagen.
»Du lieber Gott, den Jungen auf der Fifth Avenue
möcht' ich sehen, der so dreinschaut, seine Beine so setzt!
Jeder Mensch, Mann und Weib und Kind, alles schaut ihm nach, wenn er
den schwarzen Samtanzug anhat, den wir ihm aus meiner Frau ihrem alten
Kleide zurecht gemacht haben, wenn er den Kopf so aufwirft und sein
Lockenhaar fliegt! Accurat wie ein junger Lord sieht er aus.«
    Cedrik hatte keine Ahnung davon, daß er wie ein
junger Lord aussah, er wußte auch durchaus nicht, was ein Lord
war. Der vornehmste unter seinen Freunden war der
Spezereihändler an der Ecke – der grobe Mann, der
gegen ihn nie grob war. Er nannte sich Mr. Hobbs und war in Cedriks
Augen sehr reich und eine höchst bedeutende
Persönlichkeit, die er über die Maßen
bewunderte; er hatte ja so viele Dinge in seinem Laden –
Pflaumen und Feigen und Apfelsinen und Biskuits – und er
hatte ein Pferd und einen Wagen. Cedrik mochte auch den Milchmann, den
Bäcker und die Apfelfrau wohl leiden, aber Mr. Hobbs war doch
obenan in seinem Herzen, und er stand auf so vertrautem Fuße
mit ihm, daß er ihn jeden Tag besuchte und oft lange bei ihm
saß, um die Tagesereignisse zu besprechen. Es war ganz
merkwürdig, wieviel die beiden immer zu schwatzen hatten,
über alles Mögliche. Der 4. Juli namentlich war ein
Thema, über welches ihnen das Gespräch nie ausging.
Mr. Hobbs hatte eine sehr geringe Meinung von den Engländern
und er erzählte ihm die ganze Geschichte der
Losreißung, wobei die Schändlichkeit des Feindes und
die Tapferkeit der Aufständischen durch schlagende Beispiele
beleuchtet wurden, schließlich trug er ihm noch einzelne Teile
der Unabhängigkeitserklärung wörtlich vor.
Cedrik war dann so aufgeregt, daß seine Augen leuchteten,
seine Wangen glühten und all seine Locken eine wirre Masse
waren; zu Hause konnte er die Mahlzeit kaum erwarten, um seiner Mama
alles Gehörte wiederzugeben, und so war es entschieden Mr.
Hobbs, dem er sein erstes Interesse für Politik zu danken
hatte. Mr. Hobbs war auch ein eifriger Zeitungsleser, und daher erfuhr
Cedrik so ziemlich alles, was in Washington vor sich ging, und
wußte immer, ob der Präsident seine Schuldigkeit that
oder nicht. Und bei der letzten Präsidentenwahl waren beide
sehr erregt gewesen und ohne Mr. Hobbs und Cedrik wäre das
Land womöglich aus den Fugen gegangen. Cedrik wurde dann auch
zu einem Fackelzug mitgenommen, und mancher Fackelträger
erinnerte sich nachher noch des untersetzten Mannes an dem
Laternenpfahl mit dem blonden Knaben auf der Schulter, der so energisch
sein Mützchen geschwungen und sein Hurra gerufen hatte.
    Nicht lange nach dieser Wahl war es – Cedrik war nun
zwischen sieben und acht Jahren alt – daß das
seltsame Ereignis eintrat, welches sein Leben so ganz und gar
umgestaltete. Merkwürdig war, daß er gerade an dem
Tage mit seinem Freunde über England und die Königin
gesprochen hatte, wobei Mr. Hobbs sich sehr hart über die
Aristokratie geäußert und namentlich mit den
britischen Grafen und Marquis streng ins

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