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Der kleine Lord

Titel: Der kleine Lord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Hodgson Burnett
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verliehen sei, der alle Menschen zu ihm zog und an ihn fesselte. Bei
seinen älteren Brüdern war dem nicht so; der eine wie
der andre war weder hübsch noch begabt, noch gutherzig. Als
Knaben in der Schule zu Eton machten sie sich sehr unbeliebt; auf der
Universität betrieben sie keinerlei Studien, vergeudeten Zeit
und Geld und gewannen wenig Freunde. Was der Vater an ihnen erlebte,
waren Enttäuschungen und Demütigungen; der Erbe
seines edlen Namens machte demselben keine Ehre und versprach, nichts
zu werden, als ein selbstischer, verschwenderischer unbedeutender
Mensch ohne jegliche ritterliche Tugend. Es war sehr bitter
für den alten Herrn, daß der Sohn, welcher die
unbedeutende Stellung des Jüngsten einnahm und nur ein sehr
mäßiges Vermögen erhalten konnte, alles
besaß, was an Talent, Liebenswürdigkeit, Kraft und
äußerer Erscheinung in seiner Familie zu entdecken
war.
    Zuweilen haßte er den frischen jungen Gesellen
beinahe, der sich unterfing, all' die guten Dinge zu besitzen, die doch
mit Fug und Recht zu dem großen Titel und dem herrlichen
Besitztum gehört hätten, und doch hing sein stolzes,
eigenwilliges altes Herz insgeheim unendlich an seinem
Jüngsten. In einem derartigen Anfall von Gereiztheit war's,
daß er ihn auf eine Reise nach Amerika geschickt hatte; Cedrik
sollte ihm eine Zeitlang aus den Augen kommen, damit er nicht durch den
immerwährenden Vergleich sich über das Treiben der
beiden Aeltesten, die ihm gerade damals wieder viel zu schaffen
machten, noch mehr aufzuregen brauchte.
    Aber kaum war der Sohn ein halbes Jahr fort, als der alte Herr
Sehnsucht nach ihm empfand und ihm den Befehl zur Heimkehr sandte.
Dieser Brief kreuzte sich mit einem des jungen Mannes, in dem dieser
dem Vater von seiner Liebe zu der hübschen Amerikanerin und
seiner Absicht, dieselbe zu heiraten, sprach, was den Grafen in
fürchterliche Wut versetzte. Wie entsetzlich seine
Zornesausbrüche auch sein lebenlang, gewesen waren, so
schrankenlos hatte er noch nie getobt, wie nach dem Empfang von
Kapitän Cedriks Brief, und sein Kammerdiener, der eben im
Zimmer war, machte sich auf einen Schlaganfall gefaßt. Eine
Stunde lang raste er wie ein wildes Tier, dann setzte er sich hin und
schrieb an seinen Sohn. Er verbot ihm, je wieder den Fuß in
die Nähe seiner alten Heimat zu setzen oder an Vater und
Brüder ein Wort zu schreiben; er könne leben, wie es
ihm behage, und sterben, wo es ihm gefällig sei, von seiner
Familie sei er für alle Zeiten geschieden und Hilfe oder
Unterstützung habe er von seiten seines Vaters nie und nimmer
zu gewärtigen.
    Der Kapitän war tief betrübt über
diesen Brief. Er hing an England und er liebte das schöne
Heim, in dem er geboren war; er hatte sogar den
übellaunischen, despotischen Vater lieb und hatte dessen
Kümmernisse im stillen immer mitempfunden, aber er war sich
vollkommen klar, daß er von nun an nichts mehr von ihm zu
erwarten hatte. Erst wußte er kaum, was anfangen, denn er war
ja nicht zur Arbeit erzogen und hatte keine Ahnung von
Geschäften, dafür aber Mut und Entschlossenheit; er
gab seine Stellung in der englischen Armee auf, fand, nach mancher
Mühsal, Beschäftigung in New York und heiratete. Der
Unterschied zwischen seinem einstigen und jetzigen Leben war
groß, allein er war jung und glücklich und hoffte,
bei harter Arbeit eine Zukunft zu haben. Er bewohnte ein kleines
Häuschen in einer ruhigen abgelegenen Straße, und
dort kam sein Junge zur Welt und alles war einfach und bescheiden, aber
fröhlich und freundlich, so daß er es nie einen
Moment bereute, die hübsche Gesellschafterin der reichen alten
Dame geheiratet zu haben, einzig, weil sie ein süßes
Geschöpf war und ihn lieb hatte und er sie. Sie war aber auch
wirklich und wahrhaftig ein süßes Geschöpf,
und ihr kleiner Junge glich Mutter und Vater, und wenn er auch in einem
armseligen, weltentlegenen Häuschen geboren war, schien es
doch nie ein glücklicheres Kind auf der Welt gegeben zu haben.
In erster Linie war er allezeit gesund und munter, machte also
keinerlei Sorge und Mühe, dann hatte er so ein liebes, reines
Gemüt und war so ein herziger kleiner Mensch, daß
jedermann Freude an ihm haben mußte, und zu dem allen war er
so schön, daß man ihn immerfort anstaunen
mußte wie ein wunderbares Bild. Statt als ein
kahlköpfiges Baby auf der Bildfläche zu erscheinen,
hielt er seinen Einzug als Weltbürger mit

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