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Der Koch

Der Koch

Titel: Der Koch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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Spind in einem Mottensack mit Reißverschluss auf, und wann immer möglich benutzte er die Dusche in der Personalgarderobe.
    Es gab schon Küchendüfte, nach denen ein Mensch riechen durfte, doch nach diesen roch es nicht in den Küchen dieses Landes. Aber in der von Nangay.
    Wenn Nangay neun Curryblättchen, die Maravan ihr vom Bäumchen vor der Küche gepflückt hatte, ins heiße Kokosöl warf, dann erfüllte ein Duft die kleine Küche, den er so lange wie möglich an sich behalten wollte.
    Genau wie den Duft nach Zimt. »Verwende immer etwas mehr Zimt als nötig«, pflegte Nangay zu sagen, »er riecht und schmeckt angenehm, desinfiziert und regt die Verdauung an und ist überall für wenig Geld zu haben.«
    Für Maravan war Nangay eine uralte Frau gewesen, dabei war sie zu dieser Zeit erst Mitte fünfzig. Sie war die Schwester seiner Großmutter. Er und seine Geschwister waren mit den beiden Frauen nach Jaffna geflüchtet, nachdem seine Eltern bei den Pogromen 1983 in der Nähe von Colombo in ihrem Auto verbrannt waren. Maravan, das jüngste der vier Kinder, verbrachte danach seine Tage in der Küche von Nangay und half ihr, die Gerichte zuzubereiten, die seine Geschwister auf dem Markt von Jaffna verkauften. Was er an Schulwissen brauchte, brachte ihm Nangay in der Küche bei.
    In Colombo hatte sie in einem großen Haus als Herrschaftsköchin gearbeitet. Jetzt betrieb sie auf dem Markt eine Garküche, deren guter Ruf sich rasch verbreitete und ihnen ein bescheidenes, aber regelmäßiges Einkommen sicherte.
    Neben den einfachen Speisen für den Markt bereitete Nangay aber auch geheimnisvolle Spezialgerichte zu für eine wachsende, auf Diskretion bedachte Kundschaft, in der Regel Ehepaare mit großem Altersunterschied.
    Noch heute, wenn Maravan frische Curryblätter fritierte oder wenn auf seinem Herd ein Curry bei leisem Feuer köchelte, sah er die kleine magere Frau vor sich, deren Haare und Saris immer nach Curryblättern und Zimt dufteten.
    Das Tram hielt, ein paar Fahrgäste stiegen ein, niemand stieg aus. Als sich die Türen wieder schlossen, schreckte der Mann vor ihm aus dem Schlaf und stürzte zur Tür. Aber sie fuhren schon wieder. Der Dicke drückte wütend auf den Türöffnungsknopf, fluchte laut und stierte Maravan vorwurfsvoll an.
    Er wandte den Blick ab und sah zum Fenster hinaus. Es regnete noch immer. In den Tropfen, die ihre schrägen Bahnen über das Fenster zogen, glänzten die Lichter der nächtlichen Stadt. Vor einem Club stand ein junger Mann mit ausgebreiteten Armen und hielt sein Gesicht in den Regen. Im Schutz eines Fassadenvorsprungs standen ein paar junge Leute, rauchten und lachten über den Mann im Regen.
    An der nächsten Haltestelle stieg das Partyvolk aus. Gefolgt vom Dicken, der nach Küche roch. Maravan sah, wie er auf der anderen Seite des Wagens wieder auftauchte und sich missmutig ins Tramhäuschen der Gegenrichtung setzte.
    Es befanden sich nur noch wenige Passagiere im Wagen, den meisten sah man an, dass sie aus anderen Ländern stammten. Sie dösten oder hingen ihren Gedanken nach, nur eine junge Senegalesin plauderte munter in ihr Handy, in der Gewissheit, dass niemand ein Wort ihres Gesprächs verstand. Jetzt stieg auch sie aus. Maravan sah ihr nach, wie sie immer noch lachend und schwatzend auf eine Seitenstraße zuging.
    Im Tram war es still geworden, nur die Ankündigungen der Haltestellen vom Band. An der zweitletzten stieg auch Maravan aus, spannte seinen Schirm auf und ging in Fahrtrichtung weiter. Die Zwölf fuhr an ihm vorbei, die erleuchteten Fenster entfernten sich, bis sie nur noch ein weiterer Lichtfleck auf der regennassen Straße waren.
    Es war kalt. Maravan band seinen Schal fester und bog in die Theodorstraße ein. Graue Häuserzeilen beidseits, geparkte Autos, die nass im weißen Licht der Straßenbeleuchtung glänzten, hie und da ein Laden, asiatische Spezialitäten, Reisebüro, Secondhand, Bargeldtransfer.
    Vor einem braunen Mietshaus aus den fünfziger Jahren fischte Maravan den Schlüsselbund aus der Tasche und ging durch eine vollgesprayte Durchfahrt an zwei überfüllten Müllcontainern vorbei zu einer Eingangstür.
    Im Hausflur blieb er vor der Wand voller Brief- und Milchkästen stehen und öffnete den, auf dem Maravan Vilasam stand.
    Im Briefkasten lagen ein Brief aus Sri Lanka, adressiert in der Handschrift seiner ältesten Schwester, ein Flugblatt einer Firma, die Putzfrauen vermittelte, Wahlwerbung für eine ausländerfeindliche Partei und der

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