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Der König muß sterben

Der König muß sterben

Titel: Der König muß sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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aufmerksam zurücksicherte, um seine Feinde rechtzeitig zu erkennen, spürte er auf seiner Brust das Siegel des Templerordens, seines Ordens der Armen Männer Christi und des Tempels Salomonis, so schwer und so mahnend, als würde es glühen. Es war eine goldene Münze, die er an einer Kette um den Hals trug. Er hatte sie angelegt, seit er wieder in Frankreich war. Im Morgenland hatte er die Münze seines dankbaren Gefährten Uthman getragen, dessen Vater er in Akkon das Leben gerettet hatte. Die Templermünze zeigte auf der Vorderseite den Tempel von Jerusalem mit einer Kuppel und dem krönenden Templerkreuz und auf der Rückseite ein Schlachtpferd, auf dem zwei bewaffnete Ritter saßen. Adeo pauperes erant ut unum tantum equuni communem, musste er denken. Wir waren so arm, dass wir gemeinsam nur ein Reittier besaßen. Die Ankläger haben es nicht zu unseren Gunsten gelten lassen. Wir waren vom ritterlichen Ideal beseelt, den Schwachen beizustehen, treu zum christlichen Glauben zu halten und den Geist unseres Grals zu hüten. Und doch warfen sie uns in ihren Folterkellern eitlen Hochmut, Verblendung und Häresie vor.
    Und jetzt sind sie dabei, die letzten noch lebenden Brüder zu vernichten.
    Henri de Roslin schüttelte die unguten Gedanken ab, die ihn immer wieder überfielen. Er hatte ein klares Ziel vor Augen und verfolgte es. Er würde immer ein Tempelritter bleiben, auch wenn man es ihm jetzt nicht mehr ansah, denn er hatte das weiße Ornat mit dem blutroten, achteckigen Tatzenkreuz auf Brust und Rücken gegen den unauffälligen Tasselmantel eines Kaufmannes getauscht, darunter trug er ein schwarzes Oberkleid mit tiefem Halsausschnitt. Seinen Kopf mit den kurz geschnittenen, dunklen Haaren schmückte eine Bundhaube mit Haarbändern aus Stoff. Im Mantelsack führte er harmlose Dinge mit sich – einen Sommermantel, ein Laken, Unterzeug, Beinschienen und ein dickes Basttuch als Schlafunterlage. Nur das kurze, scharf geschliffene Schwert und der dünne Panzersteckdolch im Gürtel verrieten seine Wehrhaftigkeit.
    Wenig später passierte er den Fluss. Er suchte eine flache Stelle und lenkte sein Ross durch die Strömung. Der Untergrund bestand aus erstaunlich weichem Sand und glatten Kieseln, aber das Pferd rutschte nicht aus. Am anderen Ufer warf es stolz seinen Kopf, und Henri unterließ es nicht, seine Kruppe zu streicheln. Während er weiterritt, überfielen ihn allmählich Hunger und Durst, denn es waren bereits sieben Stunden vergangen, seit er in der morgendlichen Dunkelheit aufgebrochen war. Aber er bezähmte sich. Zuerst musste er das Versteck finden. Und er würde die neu geprägten Bourgeoises und alten Goldmünzen mit dem Bild Philipps des Schönen darauf durch seine Finger laufen lassen, als könne die Glut seines Hasses sie einschmelzen.
    Henri zog eine handgezeichnete Landkarte aus der Seitentasche und warf einen Blick darauf. Noch drei Meilen.
    Die Templerkirche lag in der alten Commanderie des Ordens, er glaubte, sie stellte ein gutes Versteck dar. Denn würde man einen so bedeutenden Schatz ausgerechnet dort suchen, im Wehrturm dieser schlichten, mit einem löchrigen Strohdach bedeckten, jetzt stillgelegten Ordenskapelle? Henri hoffte, er täuschte sich nicht.
    Er passierte endlos scheinende Wälder, dann kam Gironde in Sicht, die Türme des Städtchens in der Senke leuchteten in der Mittagssonne. Henri fiel jetzt trotz der Entfernung ein süßlicher Geruch auf. Er bemerkte einen Schwarm pechschwarzer Kolkraben, die sich auf etwas niederließen. Als er vorsichtig näher ritt, sah er, dass die Vögel auf schweren Wagenrädern hockten, die auf einer Stange in den Ackerboden gerammt waren. Und auf den mehrsprossigen Rädern befanden sich die Überreste von Hingerichteten. Rädern war die Strafe für Unbotmäßige. Was mochten die Unglückseligen getan haben? Henri wusste, dass in diesen gesetzlosen Tagen schon ein vager Verdacht ausreichte, um hingerichtet zu werden. Jedes Anschwärzen eines neidischen Nachbarn konnte Menschen und ihre Familien in einen Abgrund von Verhaftung, Folter und Tod reißen.
    Voller Abscheu ließ er den Ort rechter Hand liegen und beschleunigte den trägen Trab seines Pferdes.
    Kurz darauf kam der Kirchturm von La Reole in Sicht. Sein Herz begann schneller zu schlagen. Sichernd beobachtete Henri de Roslin die Umgebung. Ringsherum Felder und Hügel, Waldstücke im Sonnenlicht, auf der Weide schon Ochsen und Schafe, den hohen, fast durchsichtigen Himmel durchmaßen fliegende

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