Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der König von Sibirien (German Edition)

Der König von Sibirien (German Edition)

Titel: Der König von Sibirien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edwin Klein
Vom Netzwerk:
sich alles Leid der Vergangenheit und der aufgestaute Hass.
    »Lass mich los«, schrie er, Speichel lief ihm aus dem Mund. »Ich bringe ihn um.«
    Er wollte sich erneut dem bewusstlosen Jannings zuwenden, aber die Hände waren stärker. Erstaunt über die Kraft des anderen, drehte sich Alexander um und hob die Faust. Er sah in ein fremdes Gesicht, und das Gesicht irritierte ihn. »Bitte tu es nicht ... Vater.«
    Alexanders Faust verharrte in der Luft, seine Augen weiteten sich, die Worte drangen tiefer.
    »Was haben Sie gesagt?« Seine Stimme kam ihm fremd vor.
    »Tu es nicht, Vater.«
    »Vater? Er ist Ihr Vater!« Alexander deutete hinter sich auf Jannings.
    Das Gesicht verneinte. »Du bist mein Vater.«
    »Ich ... ich bin dein ... dein Vater?«
    Der junge Mann ließ Alexander los, sah ihn an und nickte. Alexanders Faust sackte nach unten und entkrampfte sich. Regungslos stand er mitten im Raum, den Mund halb geöffnet, die Augen auf den jungen Mann gerichtet, der ihn um einige Zentimeter überragte. Dunkel waren seine Haare, braune Augen hatte er, die von Hellen. Und ein Kinn, durchsetzungsstark und markant mit einem Grübchen.
    »Ich soll dein Vater ...«
    Hellen trat näher. Sie umfasste Alexanders Arm, zog ihn zu einem Sessel und setzte sich auf die Lehne.
    Der junge Mann bückte sich und hob Jannings Kopf an. »Er muss ins Krankenhaus.«
    Jannings erwachte aus seiner Bewusstlosigkeit. »Nein«, sagte er mit schwacher Stimme. »Nicht ins Krankenhaus. Nicht jetzt. Gib mir einen Cognac.«
    Mit Hilfe des jungen Mannes rappelte sich Jannings hoch. Schaute unsicher auf Alexander, der den Kopf gesenkt hatte. Gierig kippte Jannings den Cognac hinunter.
    Es war wie ein langsames Erwachen. Zögernd sah Alexander Hellen an. Sie lächelte. »Es ist unser Sohn, Alex. Verstehst du?«
    Alexander betrachtete den jungen Mann. Er stand neben Jannings. Eine Hand hatte er auf die Schulter des Älteren gelegt, als wollte er ihn beschützen.
    »Unser Sohn?«
    Der junge Mann nickte. Aber in seinem Gesicht war keine Freude.
    »Und sein Vater ... sein Stiefvater hat mich ins ...«
    Mit stockender Stimme hörte er Jannings sprechen: »Ich war eifersüchtig auf Sie ich liebte Hellen. Sie bedeutete mir alles. Und ich habe alles getan, um sie für mich zu gewinnen ... Ja, ich habe Ihnen das Geld zugesteckt und den KGB informiert. Ich brauchte nicht weit zu gehen, sie waren im Hotel ... Und ich war froh, Sie damals losgeworden zu sein ... Es war wie ein Sieg. Mein Sieg. Es war so lange mein Sieg, bis Hellen mir sagte, sie sei schwanger. Schon vorher hat sie sich von mir zurückgezogen und war sehr reserviert.«
    Als Jannings eine Pause machte, hörte Alexander Hellen sagen: »Ich habe mich Ingo anvertraut und ihm gesagt, dass ich ein Kind von dir erwartete. Zuerst war es für ihn wie ein Schock, er hat mich längere Zeit ignoriert, aber dann machte er mir einen Heiratsantrag. Das Kind müsse einen Vater haben.«
    Der junge Mann ging hinaus und kam mit einem nassen Handtuch zurück. Er reinigte Jannings Gesicht. »Ich weiß es seit sieben oder acht Jahren. Und ich hatte von dir keine Vorstellung. Mutter hat mir alles erzählt. Auch, was dir widerfahren ist. Als aber von dir keine Nachrichten mehr kamen, da warst du für mich tot. Und wie du heute meinen Vater ... meinen Stiefvater behandelt hast, werde ich nie vergessen.«
    »Schon gut«, beruhigte Jannings ihn. »Es zuzugeben tut verdammt weh, aber ich kann ihn verstehen. Und er hat ein Recht, mich zu strafen. Ich habe mich wirklich wie ein Schwein benommen. Ich war blind und heimtückisch und nur auf meinen Vorteil aus. Ich wollte Hellen haben, aber er stand mir im Weg. Also musste er weg. Und er hat verdammt viel gelitten. Ich glaube nicht, dass das einer von uns nachvollziehen kann. Verdammt viel. Aber ich«, Jannings erhob sich mühsam und kam gekrümmt auf Alexander zu, »ich habe auch gelitten. Mehr als zwei Jahrzehnte war ich mit einer Frau verheiratet, die mich mochte und einen anderen liebte. Die im Traum immer wieder >Alex< murmelte, sich hin und her warf und dann, wenn sie erwachte, mich mit Entsetzen anstarrte, als sei ich ein Aussätziger. Ich habe auch gelitten. Nicht körperlich, aber hier drinnen.« Jannings schlug die Faust gegen die Brust. »Das arbeitet und arbeitet und frisst dich auf. Langsam, jeden Tag etwas mehr. Stück für Stück. Du liebst eine Frau, bist mit ihr verheiratet, und sie ...«
    Jannings wandte sich ab, stellte sich ans Fenster und starrte hinaus auf

Weitere Kostenlose Bücher